Die Heidehexe - Historischer Roman
Er verließ gemeinsam mit Elisabeths Bruder Christian, König von Dänemark, abrupt die Schlacht gegen den mächtigen Wallenstein. Sie noch lebend anzutreffen war beiden wichtiger als der Krieg. Dennoch kamen sie zu spät. Am 19. Juni standen die Rosen in voller Blüte und Isabella musste den gesamten Tag das Fenster geöffnet lassen. Einer Verdurstenden gleich, trank die Herzogin den lieblichen Duft, pumpte ihren Leib damit satt. Dann blickte sie ihre um sich versammelte Kinderschar an, fragte: „Wo bleibt Christian?“
„Er wird gleich eintreffen“, sagte Ulrich,
„Wie immer versäumt er den wichtigsten Akt. Grüßt ihn von mir. Ich kann diesmal nicht länger auf ihn warten.“ Sie hob den Kopf ein wenig und rief: „Rubina, jetzt bin ich bereit.“ Ihr schmächtiger Leib sank in sich zusammen. Ein tiefer Seufzer ebnete der Seele den Weg für die Reise in eine andere Welt. Elisabeths Atem setzte aus. Vorbei.
Sie war noch warm, als die ihr Sohn Christian und ihr Bruder, Dänenkönig Christian, hereinstürmten und sich über sie warfen. Einer weinte mehr als der andere. Um die geliebte Mutter. Um die geliebte Schwester.
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Als die Beerdigung vorbei war und der Zug der Trauernden in Richtung Friedhofstor strömte, sprach Alwin Isabella an: „Grüß dich, Isabella. Welch trauriger Anlass für ein Wiedersehen.“
„Ja, sehr traurig.“ Hastig drehte sie sich um, wollte enteilen.
„Halt, warte. Eigentlich möchte ich dich wegen einer wichtigen Angelegenheit sprechen“, rief ihr Alwin nach.
Isabella hielt in der Bewegung inne, zog eine Augenbraue hoch, runzelte die Stirn. „Was gibt’s denn noch?“, fragte sie unwirsch.
„Du weißt, dass der schwarze Tod im Braunschweiger Land umgeht. Tausende hat er in seinem unersättlichen Maul verschlungen. Und es werden immer mehr.“
„Keiner ist gegen diese Geißel der Menschheit gefeit, Alwin.“ Isabellas Stimme bekam einen freundlicheren Klang.
„Das ist es, was mir Sorge macht. Es ist schwierig, Ärzte und Kräuterweiber zu finden, die Erkrankte im Pesthaus behandeln oder ihnen zumindest das Sterben erträglicher machen. Sie fürchten die Ansteckung.“
„Verständlich.“
„Verständlich? Nein, sie sind zu verachten. Überlassen die Aussätzigen ihren unbeschreiblichen Schmerzen und den Siechknechten, die oft sogar noch Lebende auf ihre Karren laden und im Schutz der Dunkelheit mit den Verstorbenen zusammen außerhalb der Stadt in die
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