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Die Heilanstalt (German Edition)

Die Heilanstalt (German Edition)

Titel: Die Heilanstalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Geraedts
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kontrollierte Schritte und stand beim Abwurf fast seitlich zur Bahn, indes er das rechte Bein angewinkelt hinter das linke hob. Patrick setzte die Kugel äußerst rechts auf, gab ihr jedoch einen markanten Linksdrall, sodass sie sich auf ihrem Weg zu den Kegeln gezielt in die Gasse drehte und letztlich genau in die Kluft neben dem vordersten Kegel und der zweiten Reihe einschlug. Mit einem gewaltigen Scheppern explodierte die Dreiecksformation in alle Richtungen; ein einzelner Pin ganz rechts blieb zunächst noch wackelnd stehen, aber fiel am Ende ebenso wie alle anderen. Patrick hatte gleich bei seinem ersten Versuch einen Strike geworfen, und alle, die seine Wurftechnik beobachtet hatten, ahnten, dass der Volltreffer kein Zufall gewesen war. Applaus ertönte im Hintergrund, manche pfiffen und jubelten. Patrick drehte sich um, riss triumphierend die Arme in die Höhe und ließ sich lachend feiern.
    Nachdem die Maschine die Kegel wieder aufgerichtet hatte und Melanies Name auf dem Bildschirm aufblinkte, wollte sie zuerst gar nicht aufstehen und wünschte, sie wäre vor Patrick an der Reihe gewesen. Sie sah ihn schüchtern an und schüttelte verzichtend den Kopf. Doch Patrick duldete keine Widerrede, ergriff ihre Hände und zog sie vom Stuhl hoch. Melanie sträubte sich zunächst, doch sie wurde von den Zuschauern durch anfeuernde Rufe regelrecht zu ihrem Einsatz gezwungen. Sie biss sich verlegen auf die Unterlippe und nahm eine leichte Kugel vom Band. Nachdem sie herausgefunden hatte, welche Finger in welches Loch gehören, lief Melanie ungeschickt an, machte eine linkische Ausholbewegung und warf die Kugel dann in einem hohen Bogen auf die Bahn. Sie schlug mit einem so lauten Knall auf, dass zu befürchten war, die Bahn hätte Schaden genommen, und rollte dann so schief vorwärts, dass sie unvermeidlich auf halber Strecke in der Rille landete. Ein mitleidiges Oooh ging durch die Reihen, manche klatschten spöttisch, und Patrick kicherte schadenfroh. Melanie streckte ihm die Zunge heraus und wollte sich wieder setzen, worauf Patrick ihr erklärte, dass sie noch einen weiteren Versuch habe.
    Sie machte ein verwundertes Gesicht und glaubte, Patrick wolle sie auf den Arm nehmen. »Du hast doch auch nur einmal geworfen!«
    Patrick verdrehte lachend die Augen, nahm eine mittelschwere Kugel vom Band und übergab sie ihr. Melanie stöhnte und war überzeugt, dass sie viel zu schwer für sie sei. Patrick zwinkerte ihr zu und schob Melanie zur Bahn. Dort stellte er sich hinter sie und schmiegte sich eng an ihren Rücken. Aus dem Hintergrund ertönten Pfiffe, Gelächter und Applaus.
    »Benehmt euch!«, riefen einige.
    Patrick spürte förmlich, wie Melanies Körper sich vor Scham erhitzte. Ihm selbst war gar nichts peinlich, im Gegenteil hatte er einen Riesenspaß und konnte nicht aufhören zu grinsen. Patrick hielt die Kugel mit Melanie gemeinsam, führte ihren Arm ganz langsam zurück und stieß ihn daraufhin schwungvoll wieder nach vorn. Bei voller Streckung des Arms ließ Melanie los, worauf die Kugel mit beachtlicher Rasanz schnurgerade die Bahn hinab rollte.
    »Ui, ui, ui!«, ertönte es in allgemeiner Überraschung.
    Die Kugel schlug etwas zu weit rechts in das Kegeldreieck ein, aber brachte immerhin sieben von zehn zu Fall. Für Melanie war es ein ungeahnter Erfolg, sodass sie einen freudigen Luftsprung vollführte und Patrick einen Kuss auf die Wange gab. Nun war er es, den eine gewisse Beschämung ergriff, und er konnte nicht verhindern, dass sein Gesicht errötete. Den Zuschauern entging es natürlich nicht, sodass sie alle herzhaft lachten.
    Im weiteren Verlauf des Spiels glänzte Patrick ein ums andere Mal mit seiner herausragenden Technik, mancher Strike gelang ihm noch, und zumeist schaffte er einen Spare. Während der ersten Durchgänge war er Melanie wie zu Anfang behilflich und übte mit ihr einige Male in Trockenübungen die Aushol- und Schwungbewegung. Schließlich wagte sie, allein zu werfen, hatte zuerst mäßigen und bald darauf zufriedenstellenden Erfolg, bis sie jede weitere Unterstützung selbstbewusst ablehnte. Nur selten manövrierte sie die Kugel ins Seitenaus – tat sie es, rief Patrick frech: »Ratte!« –, mehrmals räumte sie alle Pins innerhalb von zwei Würfen ab, und ein einziges Mal glückte ihr sogar ein Strike, woraufhin scheinbar der ganze Saal zu toben begann, Melanie zuerst fassungslos jubelte und anschließend Patrick eine lange Nase machte. Während des gesamten Spiels hatten die

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