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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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zurück. Sie überlassen es ihren Leuten, sich mit dem gefährlichen Viehzeug herumzuschlagen.«
    Weil der König immer noch stumm blieb, wagte sich Griseldis noch weiter vor.
    »Mein Bruder Dietwulf hat mir von Fällen erzählt, in denen eine Hungersnot die Dörfler so zur Verzweiflung getrieben hat, dass sie sogar den Aufruhr gegen ihre Grundherrschaft wagten. Aber da schlug dann die herrschaftliche Gerichtsbarkeit prompt und mit unbarmherziger Härte zu. Mit aufständischen Bauern – und wären sie auch halb tot vor Hunger und Entbehrung – gibt es keine Nachsicht: Sie landen alle am Galgen.«
    Herr Heinrich war sehr nachdenklich geworden. Längst hatte er sein Reittempo verlangsamt, um den Reitkünsten seiner Medica gerecht zu werden. Solche Wahrheiten, wie er sie eben vernommen, wagte nicht einmal sein Kanzler vorzubringen. Nur Vater Berchtold und die Edle von Tannhofen waren so frei.
    ›Wahrscheinlich weiß Herr Eberhard über diese Dinge, welche die kleinen Leute anbetreffen, auch gar nicht Bescheid‹, dachte Heinrich, ehe er seinem Lieblingshengst wieder leicht die Sporen gab. Es war spät geworden und es wartete eine Menge an unerledigter Arbeit in der Kanzlei auf ihn.
     
     

KAPITEL 66
     
    »W AS MACHEN DIE Bauern eigentlich, wenn sie krank werden oder sich verletzt haben?«
    Griseldis war verblüfft über diese Frage des Königs und erfreut zugleich. Bewies sie doch, dass der hohe Herr sich auch seine Gedanken über das einfache Volk machte.
    »Das ist in der Tat kein geringes Problem, Herr. Früher haben sich ausschließlich begabte Laien, so wie ich, mit Krankheit und Unfallfolgen befasst. Heute ist die Disciplina medicinae eine Wissenschaft – Dank dem Einfluss der Araber, wie mir Vater Berchtold verraten hat.
    Die Klosterbibliothek der Abtei des heiligen Benedikt auf dem Monte Cassino in Italien hat umfangreiches medizinisches Wissen gesammelt und aufgezeichnet. Die Mönche dort widmen sich hauptsächlich medizinischen Studien.«
    König Heinrich horchte auf. Vor Jahren hatte er Griseldis die Erlaubnis gegeben, sich medizinisch fortzubilden, falls sie das wünschte. Noch hatte sie keinen Gebrauch von diesem Zugeständnis gemacht, aber vielleicht änderte sich das ja. Er war sich jedenfalls sicher, in nicht allzu ferner Zeit erneut nach Italien zu reisen. Dann könnte er auf dem Rückweg seine Medica wieder mit nach Hause nehmen – angefüllt mit dem medizinischen Wissen der besten Gelehrten. Vielleicht war es möglich, dass Griseldis etwas erlernte, was ihn für immer von seinem Leiden befreien konnte.
    »Ich habe außerdem gehört«, vernahm er seine Heilerin, »dass seit Anfang dieses Jahrhunderts im süditalischen Salerno eine richtige Medizinschule existiert, die diesen Namen auch verdient. Jeder, der diese Schule absolviert hat, darf sich zu Recht ›Medicus‹ nennen, ist sehr angesehen und kann jedem seine Dienste anbieten, der ihrer bedarf – und der sie auch bezahlen kann.
    Und da sind wir wieder bei den Schwierigkeiten der Bauern: Einen Medicus kann sich keiner leisten, nicht einmal die Bäuerin in Kindsnöten. Da helfen die Dorfwehmutter und alle anderen Weiber, die schon einmal geboren haben. Ansonsten weiß jede Hausfrau Bescheid über die wichtigsten Heilpflanzen, die man im Alltag braucht.
    Soll es etwas Besonderes sein, besucht man die am Dorfrand wohnende Kräuterfrau – manche nennen sie auch ›Hexe‹. Und ist ein Kloster in der Nähe, befragen die Leute die kräuterkundigen Mönche oder Nonnen; vor allem wenn es um das Einrichten von Brüchen, um offene Beine, Schlangenbisse oder eklige Geschwüre geht.«
    Während Griseldis noch sprach, hatte der König für sich beschlossen, dass er seine Heilerin bald erneut beurlauben würde – diesmal allerdings für längere Zeit. Sie sollte in diesem Benediktinerkloster auf dem Monte Cassino alles erlernen, was es für einen Medicus zu wissen gab.
    Mit einer Schar von schwer bewaffneten Reitern zu ihrem Schutz sowie ihrer Leibmagd als persönliche Bedienung und Vater Odo als geistlichen Beistand – Berchtold war leider zu alt für dieses Unterfangen – müsste es eigentlich möglich sein, dass auch eine Frau eine so weite Reise unternahm. Noch heute würde er ein Schreiben aufsetzen lassen an den Abt des Klosters und ihn um Aufnahme der »Heilerin mit den Wunderhänden« bitten.
     
    Im Deutschen Reich herrschte augenblicklich Frieden und der Handel blühte. In Sachsen waren längst Silberminen erschlossen worden und der

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