Die Heilerin des Kaisers
tatsächlich eine Neuigkeit zu vermelden!
»Niemand hat mehr nach so langer Zeit damit gerechnet, dieser unwürdigen Person habhaft zu werden, Herr«, berichtete aufgeregt der Vogt der Pfalz, ein Mann mittleren Alters. Ihm war dabei eine gewisse Selbstgefälligkeit anzumerken. In der Tat: Wer hätte gedacht, dass der seit über zehn Jahren ungesühnte Mord an Markgraf Ekkard von Meißen, der damals ebenfalls König hatte werden wollen und hinterhältig umgebracht worden war, jemals zu einem befriedigenden Abschluss käme?
Der Graf von Nordheim, der sich nach der schändlichen Tat der Gerechtigkeit durch Flucht nach dem Osten entzogen hatte, war jetzt in der Nähe Goslars von einigen Männern des Vogts ziemlich unspektakulär im Wald gefangen genommen worden.
Sie hatten den geächteten Grafen beim Wildern überrascht. Nur ein einziger Knecht war bei ihm gewesen, der sich umgehend in die Büsche geschlagen hatte, als man seinen Herrn in Fesseln legte.
Noch hatten die Goslarer Pfalzknechte nicht gewusst, wer ihnen da ins Netz gegangen war. Erst Herr Iwein, der Vogt, hatte den Nordheimer erkannt – trotz dessen verwildertem Aussehen.
»Seine Flucht sei damit zu Ende, habe ich zu ihm gesagt«, berichtete der Verwalter Iwein stolz dem König. Die Heilerin Griseldis warf dem neben ihr sitzenden Kanzler und Bischof Eberhard einen Blick zu. Beide dachten offenbar dasselbe.
Heinrichs Anhänger hatten sich jahrelang vehement gegen den hässlichen Verdacht zur Wehr gesetzt, der nach dem Mord im Jahr 1002 in diesem Zusammenhang aufgekommen war: Er, der Baiernherzog Heinrich, sollte den Thüringer Markgrafen getötet oder zumindest die Attentäter bezahlt haben, um einen gefährlichen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen…
Nun musste Heinrich als König den wahren Täter auf dem nächsten Gerichtstag in Goslar aburteilen. Griseldis fröstelte, als ihr Folgendes klar wurde: Erneut würde Blut fließen, wenn auch dieses Mal zu Recht, wie sie fand – als verspätete Sühne für eine ruchlose Tat, begangen aus gemeiner Raubgier.
KAPITEL 67
D ER N ORDHEIMER MACHTE nicht einmal den Versuch zu leugnen, als er vor König Heinrich, seinem irdischen Richter, stand, mit auf dem Rücken gefesselten Händen und offensichtlich von den Schergen des Vogts im Gesicht schwer misshandelt.
Er machte beinahe den Eindruck, froh darüber zu sein, dass sein Leben auf der Flucht endlich vorbei war. Bis nach Polen und Russland hinein hatte ihn sein Irrweg geführt, ehe er nach Jahren des ziellosen Umherwanderns und unzähliger Überfälle schließlich wieder ins Deutsche Reich zurückgekehrt war – gerade so, als hätte er es darauf angelegt, endlich gefasst zu werden.
Es schien, als hätte die ständige Angst vor Entdeckung den Grafen im Laufe der über zehn Jahre währenden Flucht zermürbt. Der gesetzlose Räuber, über den seit seinem Mord an Ekkard von Meißen die Reichsacht verhängt gewesen war, verfügte zuletzt nur noch über eine Handvoll ebenfalls vogelfreier Anhänger. Er war müde geworden und bereit, für seine Tat zu sühnen.
Nur eine einzige Bitte hatte der Graf geäußert, nachdem man ihn gefangen genommen hatte. Als der König davon erfuhr, ließ er seine Heilerin kommen und selbst entscheiden, ob sie willens war, den Wunsch des Nordheimers zu erfüllen.
»Natürlich, Herr«, antwortete Griseldis. »Sofort werde ich mich auf den Weg machen. Warum sollte die Frau für seine Verbrechen leiden? Ihr einziges Vergehen ist wohl ihre Liebe zu dem Ausgestoßenen; das soll mich nicht daran hindern, ihr zu helfen, so ich denn kann.«
Griseldis war auf diese Weise die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung erspart geblieben. Umgehend hatte sie ihren Kuhfellbeutel, der ihr noch immer gute Dienste leistete, geschultert und war in den nahe gelegenen Wald geritten, in jene Richtung, die ihr ein Knecht gewiesen hatte.
Da die Gegend um Goslar als friedlich galt – besonders, da der Strauchdieb Nordheim nun gefangen war – und sie es nur mit einer Kranken zu tun hätte, verzichtete die Heilerin auf jegliche Begleitung. Eine Tatsache, worüber sich Vater Odo, der dieses Mal an Stelle seines Glaubensbruders Berchtold den König begleitet hatte, zu Recht aufregte.
»Welch ein Unverstand! Wie oft habe ich Frau Griseldis gewarnt«, rief er ärgerlich aus, als er davon erfuhr. »Es genügte ja schon, wenn sie von ihrem Pferd abgeworfen würde und hilflos mit gebrochenem Bein auf der Erde läge.«
Nach etwa einer Stunde Ritt
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