Die Heilerin des Kaisers
einlösen würde. Ich freute mich bereits darauf, eine neue Schülerin zu erhalten – jetzt, da mein bisheriger Schützling, der ehemalige Baiernherzog, mir endgültig entwachsen war…
Der alte Dom zu Aachen, errichtet von Kaiser Karl dem Großen, war zu diesem bedeutenden Ereignis prächtig geschmückt mit Blumen, Kerzen und Kränzen. Die Teilnehmer an diesem bewegenden Geschehen waren in ihre wertvollsten Gewänder gehüllt.
Eine Königskrönung war eine seltene und heilige Handlung und wer dazu geladen war, erschien mit frohem Herzen und hatte sein prächtigstes Geschmeide angelegt, um den neuen König zu ehren.
Der Erzbischof hielt eine Rede, die allen ans Herz griff und dem neuen Herrscher noch einmal die Bedeutung seines schweren Amtes klarmachte. Hernach wurde Heinrich, der seine Oberbekleidung mit Hilfe der Edlen des Reiches abgelegt hatte, mit heiligem Öl gesalbt an Brust, Rücken, Schultern und Stirne, um ihn zu wappnen für seine Aufgabe.
Die Brust symbolisierte das Herz, dass es dem König nie an Mut fehlen möge, das Notwendige zu unternehmen, um Schaden vom deutschen Reich abzuwenden; Rücken und Schultern sollten gestärkt werden, um als tapferer Krieger die Feinde des Reiches zu schlagen; und die Stirne schließlich stand für Geist und Verstand, die den Herrscher stets bei seinen Entscheidungen leiten sollten.
Begleitet wurden diese Zeremonien von Gebeten und frommen Gesängen. Viele der Anwesenden vergossen Tränen, weil die Krönungsmesse ihr Gemüt erschütterte.
Als Heinrich die Salbung der Stärke für Körper, Geist und Seele empfangen hatte, erhielt er die Insignien seiner königlichen Gewalt. Als Erstes war es das Reichsschwert, das ihm der Erzbischof reichte, als Zeichen seiner Macht, ferner die Armspangen als Symbole seiner Stärke.
Nachdem Heinrich seinen Oberkörper wieder bekleidet hatte, wurde ihm anschließend der herrliche Krönungsmantel mit dem Kragen und den Ärmelstulpen aus Hermelin um die Schultern gelegt. Dann bekam er feierlich den Ring mit dem Reichssiegel, das königliche Zepter und den Stab überreicht.
Die heilige Lanze jedoch, die vor Kurzem noch für ungeheure Aufregung gesorgt hatte, war seitlich vom Altar in einem Behältnis aus Edelholz und Glas aufgestellt worden, so dass alle im Aachener Dom diese wunderbare, Heil bringende Reliquie verehren konnten.
Das Wichtigste aber kam zuletzt: Erzbischof Willigis setzte dem Gesalbten noch die reich mit Juwelen besetzte Königskrone aufs Haupt. Alsdann wurde der neue König in seiner Würde zum marmornen Stuhl Kaiser Karls des Großen geleitet. Indem Herr Heinrich diesen einnahm, war die Inthronisation endgültig vollzogen.
Griseldis seufzte. »Oh, wie gerne wäre ich doch dabei gewesen«, sagte sie. »Ich beneide jeden, der dieses Privileg genossen hat. Das muss ein unvergesslicher Tag für alle gewesen sein, die ihn miterleben durften.«
»Ja, meine Tochter, so ist es«, bestätigte Vater Berchtold. »Und ich habe wie versprochen diesen denkwürdigen Tag fein säuberlich auf Pergament für die Nachwelt festgehalten:
›Am siebten Juni 1002, einem strahlenden Sonntag, wahrlich einem Tag des Herrn, wurde Herzog Heinrich IV. von Baiern, der Sohn Herzog Heinrichs III. des Zänkers, und seiner Gemahlin Gisela von Burgund, in Mainz zum deutschen König gewählt. Später erfolgte im Dom zu Aachen die feierliche Salbung und Krönung.‹«
KAPITEL 31
M EISTER K ONRAD HATTE nahe der königlichen Hofhaltung in Bamberg ein hübsches Haus gebaut und seiner ehelichen Verbindung mit Griseldis stand nichts mehr im Wege.
Die junge Frau hätte einfach bei ihm einziehen und so ihren Wunsch nach einem Zusammenleben mit Konrad bekunden können. Es war durchaus nicht üblich, dass man die Ehe als Sakrament auffasste, obwohl die Geistlichen dies seit vielen Jahren anstrebten. Auch Griseldis’ Eltern hatten – trotz Froweins Frömmigkeit – ohne das Zutun eines Priesters zusammengelebt.
Griseldis aber und auch ihr zukünftiger Mann wollten den diesbezüglichen Willen der Kirche respektieren und Vater Berchtold erklärte sich gerne dazu bereit, dem jungen Paar GOTTES Segen für ihren Ehebund zu spenden.
Die Königin hatte sich sehr großzügig gezeigt und die Medica ihres Gemahls anlässlich deren Hochzeit reich beschenkt: ein kostbares Gewand aus grüner Seide, das ausgezeichnet zu den honigblonden Haaren, die im Sonnenschein rötlich schimmerten, und dem hellen Teint der Braut passte. Dazu ließ Kunigunde am
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