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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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durchnässte Jagdgesellschaft, sich auf den Bänken rund um den Tisch niederzulassen, den ein paar Knechte mittels Holzböcken und langen Brettern zusammengestellt hatten. Selbstverständlich bot er dem König den Hochsitz des Hausherrn an – jene erhöhte Sitzbank, eingepasst zwischen zwei mit zierlichen Schnitzereien versehenen Pfosten.
    Eine junge Magd brachte Trinkkrüge und Becher herbei, zwei Burschen Met, den süffigen gegorenen Honigsaft, sowie Birnenmost und frisches Quellwasser. Herr Germund ließ es sich nicht nehmen, den Herrscher eigenhändig mit Brot, Schmalz und Salz zu versorgen, während zwei Mägde die übrigen Herren und ein paar Damen, darunter Griseldis, bedienten.
    Die Heilerin dankte GOTT, dass das königliche »Jagdvergnügen« ausgefallen war; da nahm sie es sogar gerne in Kauf, nichts Trockenes mehr am Leib zu tragen.
    »Wie geht es voran mit deiner Herrin?«, erkundigte sich der König bei der jungen Dienstmagd.
    »Ich glaube ganz gut, Herr Heinrich.« Vor Verlegenheit und Stolz, weil der höchste Herr im Reich sie einer Anrede gewürdigt hatte, lief das Mädchen rot an.
    »Es ist schon ihr zweites, Herr«, erklärte Herr Gerold.
    »Dieses Mal hoffen wir auf einen Sohn. Das erste Kind war leider nur ein Mädchen«, fügte der Großvater hinzu und ermunterte den König zum Zugreifen. Dieser hatte sich inzwischen wie seine Gefährten die Nässe aus den Haaren gerieben und das Gesicht mit einem der bereit gelegten angewärmten, weichen Tücher getrocknet.
    Alle waren guter Laune, keiner haderte mehr mit der unliebsamen Unterbrechung der Jagd – auch die Pferde wurden bereits im Stall des Edelmannes gut versorgt.
    Heinrich hob den Metbecher und prostete dem bald zweifachen Vater zu:
    »Auf eine glückliche Geburt! Wenn es ein Knabe wird und Ihr ihn ›Heinrich‹ taufen lasst, will ich Pate des Kindes sein.«
    Der Hausherr und sein Vater waren ob dieser Auszeichnung außer sich vor Freude.
    »Alle freuen sich maßlos über die Geburt eines Sohnes, obwohl kleine Mädchen doch viel niedlicher sind. Ich habe mich mit meinen Brüdern meistens gestritten und geprügelt, während ich meine Schwestern geradezu vergöttert habe. – Ich weiß, ich weiß«, wehrte Herr Heinrich umgehend mögliche Einwände ab, »Ihr sprecht von einem Erben. Da geht es dem Bauern wie dem König: Ohne männlichen Nachfolger stirbt sein Geschlecht aus.«
    Der höfischen Gesellschaft und den Gastgebern war sofort klar, worauf Heinrich anspielte: Sie alle wussten, dass er seit Jahren vergeblich auf einen Sohn wartete.
    »Wir werden für Euch und Eure edle Gemahlin Kunigunde beten, Herr Heinrich«, versprach Germund treuherzig und Heinrich dankte dem alten Mann.
     
     

KAPITEL 33
     
    D ER HINTERE B EREICH des großen Hauses war durch eine dünne Wand abgetrennt von der Wohnhalle, in der sich das alltägliche Leben abspielte. Dort befand sich offensichtlich das Schlafgemach Herrn Gerolds und seiner Frau Hiltrude, wie Griseldis zu Recht vermutete.
    Mägde und Frauen verschiedenen Alters, vermutlich Nachbarinnen und Freundinnen aus dem Dorf, gingen ein und aus, schleppten Decken, Kohlenpfannen, Krüge und Becken mit heißem Wasser, saubere Leinentücher und Tiegel und Gefäße mit geheimnisvollem Inhalt in das Zimmer der Gebärenden.
    Zu übertriebener Aufgeregtheit bestand zum Glück kein Anlass. Sooft die Tür aufging, konnte man nur das leise Stöhnen Hiltrudes hören, aber keine lauten Schmerzenschreie, obwohl die Presswehen offensichtlich in vollem Gange zu sein schienen. Nach den Worten einer Magd konnte jeden Augenblick mit der Geburt des Kindes gerechnet werden.
    Griseldis hatte erst höflich anfragen lassen, ob man ihre Anwesenheit bei der Entbindung dulden wolle. Das Interesse der Medica des Königs war natürlich wohlwollend aufgenommen und positiv beschieden worden.
    »Frau Hiltrude sieht Euren Beistand als eine ganz besondere Ehre an«, richtete die junge Magd von vorhin aus und knickste vor der Heilerin.
    Die Wehmutter, Frau Gerlinde, eine stämmige Matrone fortgeschrittenen Alters, war eine höchst kompetente Hebamme, die energisch die Arbeiten unter den Helferinnen zu verteilen pflegte. Sie duldete keinen Widerspruch und »albernes, abergläubisches Zeug sowie dumme Sprüche« verbat sie sich strengstens.
    Ihr herrischer Ton war bekannt und wer ihren Unwillen erregte, flog aus dem Gebärzimmer, »selbst wenn es die eigene Mutter der Kreißenden ist«. So hatte es die Dienstmagd der jungen Heilerin noch

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