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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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seine Autorität denn auf einmal hernehme, begehrte Herr Heinrich zu wissen. Und wie solle ein Mann für Sittenstrenge und Frömmigkeit sorgen, den seine Mitbrüder als Hurer, Säufer und sittenlosen Verschwender kennengelernt haben?, setzte er nach.
    Abt Walho blieb abgesetzt. An seiner statt ernannte der König ohne Befragung des Konvents den Mönch Trotmar von Lorsch zum Abt. Der König selbst führte Herrn Trotmar in Corvey ein, gab dem Kloster eine Reihe neuer, strenger Satzungen, ließ ein Güterverzeichnis anfertigen und veränderte einige Privilegien.«
     
    Vater Berchtold verstand sehr wohl, was Griseldis mit der letzten, eleganten Umschreibung hatte ausdrücken wollen: Es bedeutete, dass der König erhebliche Eingriffe in den Besitzstand des Klosters gemacht hatte.
     
    »Die Klöster sind vielfach zu Versorgungsstätten überzähliger Söhne und Töchter von Adelsfamilien verkommen; in ihnen lässt es sich bequem leben und die Klosterregeln spielen nur eine untergeordnete Rolle.« Vater Berchtold saß plaudernd mit Griseldis nach ihrer Heimkehr aus Corvey in der Vorhalle der Bamberger Pfalz. »Dank König Heinrich wird sich das in Kürze ändern.«
    Der Benediktiner schmunzelte, ehe er fortfuhr: »Der gemaßregelte Abt eines anderen Klosters, der sich besonders schlau dünkte, hat sich mit seiner Beschwerde gar an die Königin gewandt. Er dachte, die fromme Gemahlin unseres Herrschers hätte mehr Verständnis für seine Klagen als der als sehr unnachsichtig geltende Heinrich.
    Aber der Mann hat die kluge Mitregentin Herrn Heinrichs offenbar unterschätzt. Was sie ihm als Antwort zugedacht hatte, zeigte sie mir und Vater Odo, ehe sie es mit reitendem Boten an das betreffende Kloster überbringen ließ.
    In ihrem Antwortschreiben machte Kunigunde dem Abt unmissverständlich klar, dass ihr Gemahl mit seinem Vorgehen mehrere Ziele verfolgt habe.
    ›Indem der König die Klöster reformiert, stärkt er die Krone, denn die Vasallen der Bischöfe und Äbte bilden den größten Teil des Reichsheeres. Zu dessen Ausstattung müssen jene Einkünfte verwendet werden, die nicht zum Lebensunterhalt der Mönche nötig sind. Je bescheidener diese also leben, desto größere Überschüsse werden erwirtschaftet und diese sind somit für die militärischen Bedürfnisse des Reiches verfügbar.
    Und wenn das Reichsheer gut ausgerüstet ist‹, hat Frau Kunigunde gleichsam mit erhobenem Zeigefinger hinzugefügt, ›dient dies ohne Zweifel dem ganzen Volk, um dessen Wohl der König besorgt ist.‹«
    Griseldis war beeindruckt.
    »Es ist wunderbar, dass unsere beiden Könige in den wichtigen Fragen des Reiches an einem Strang ziehen. Falls der Klage führende Abt gehofft hatte, einen Keil zwischen Herrn Heinrich und seine Gemahlin treiben zu können, hat er sich gründlich verrechnet.«
    »Unser König weiß, dass ihn die einen ›Vater der Mönche‹ nennen, während ihn andere ›Kirchenräuber‹ titulieren«, sagte der Benediktiner kichernd. »Aber Herr Heinrich sieht das mit Gelassenheit – verschlingt doch der Unterhalt unseres Reichsheeres gewaltige Summen. Woher sonst sollte er die Mittel dafür nehmen?«
    »Man könnte ja beinahe annehmen, Pater, dass Ihr für Eure verweltlichten Ordensbrüder, denen der König so empfindlich auf die Finger klopft, so gar kein Mitleid empfindet«, frotzelte die junge Frau.
    Beide lachten ein wenig. Nach einer kleinen Pause begann der Mönch von Neuem:
    »Während Eurer Abwesenheit, meine Tochter, habe ich von einer hübschen Legende gehört, die sich um unsere Königin gebildet hat. Und wie bei allen Legenden steckt auch in dieser ein wahrer Kern.«
    »Oh, wirklich? Lasst hören, Vater Berchtold. Solche Geschichten liebe ich über alles«, rief Griseldis aus und richtete erwartungsvoll ihre schönen Augen auf den alten Mann.
    »Wie Euch nicht unbekannt sein dürfte, besucht auch Frau Kunigunde häufig die Dombaustelle, um sich von den Fortschritten zu überzeugen. Sämtliche Arbeiter dort verehren die hohe Frau und freuen sich über ihre Anteilnahme. Sobald einer der Männer der Anwesenheit der Königin gewahr wird, verbreitet sich die Kunde mit Windeseile über die gesamte Baustelle und jeder geht seinem Tagwerk noch eifriger nach als zuvor.
    Einmal in der Woche ist Zahltag und jedermann erhält vom Zahlmeister der Bauhütte seinen ihm zustehenden Lohn – je nachdem, ob er Steinmetz, Maurer, Zimmermann oder einfache Hilfskraft ist.
    Jetzt erzählen sich die Menschen, dass, als der

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