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Die Heilerin des Kaisers

Die Heilerin des Kaisers

Titel: Die Heilerin des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Zahlmeister krank gewesen sei, Frau Kunigunde an seiner statt das Lohnverteilen übernommen habe. Da die Königin sich mit den verschiedenen Lohngruppen nicht auskannte, schüttete sie kurzerhand alle Lohngelder in eine einzige große Schüssel, nahm diese in ihre beiden Hände und stellte sich am westlichen, halbfertigen Portal des Domes auf. Jeder Arbeiter, der an diesem Abend an ihr vorüberging, durfte hineingreifen, um sich seinen gerechten Anteil herauszunehmen.
    Viele hatten die Befürchtung geäußert, dass damit dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wäre, weil die Menschen nun einmal so geartet seien, ohne Kontrolle leicht über die Stränge zu schlagen.
    Aber, siehe da! Jeder konnte nur so viele Münzen in der Hand halten, wie es seiner tatsächlichen Arbeitsleistung entsprach. Keiner nahm sich mehr als ihm zustand – das Geld reichte bis auf den letzten Pfennig für alle.
    Nun sprechen bereits viele davon, unsere fromme Königin sei jetzt schon eine Heilige«, endete Vater Berchtold.
    »Was für eine wunderbare Geschichte!« Griseldis seufzte. »Und viel, viel schöner als jene zurzeit immer wiederkehrende und vom König so verabscheute Sage von der angeblich nur reinen Geschwisterliebe zwischen Kunigunde und ihm.«
     
     

KAPITEL 41
     
    W ÄHREND SEINES A UFENTHALTS in Corvey war der König entgegen seinen Befürchtungen von Koliken verschont geblieben. Kaum war er wieder daheim in seinem geliebten Bamberg, fühlte er sich tagelang zwar recht elend, nahm sich aber nicht die Zeit, sich von Griseldis die Hände auflegen zu lassen. Er hoffte, der mittlerweile diffuse, unangenehme Dauerschmerz würde von selbst wieder vergehen.
    Doch an dem betreffenden Tag spürte er zu seiner großen Sorge bereits seit den frühen Morgenstunden das Ziehen in den Lenden und die leichte Übelkeit, die sich im schlimmsten Fall bis zum Erbrechen steigern konnte.
    Trotz der Bitten Frau Kunigundes, er möge sich endlich ein wenig schonen, ließ Heinrich es sich nicht nehmen, zusammen mit Meister Konrad auf der lauten, geschäftigen Kirchenbaustelle über Leitern und Gerüste zu klettern. Mit gespannter Aufmerksamkeit lauschte er den Erklärungen seines Baumeisters und genoss nebenbei den herrlichen Rundblick von der Anhöhe aus.
    Die alten Gebäudereste und Fundamente der ehemaligen Kapelle der Babenburg sowie die Überreste des Friedhofs waren entfernt und eingeebnet worden. Auf dieser so entstandenen Plattform sollte der neue Dom errichtet werden, dessen Ausmaße bereits vermessen und auf dem Boden markiert waren.
    »Wie Ihr bereits wisst, Herr, hatte der kleine Vorgängerbau Eures Doms keine exakte Ost-West-Ausrichtung. Und da sich die späteren Kirchenbauten immer an Vorangegangenem ausrichten, wurde die Achse von Nordost nach Südwest auch beim neuen Kirchenbau beibehalten. Das wird die Besonderheit dieses Domes ausmachen, Herr! Und da sich der Bau auch dem verfügbaren Gelände anpassen muss, wird er mit fünfundsiebzig Metern im Vergleich zum Speyerer Dom ein wenig bescheidener ausfallen, aber das tut dem Ganzen an Großartigkeit keinen Abbruch.
    Auch kommen wir mit zwei Türmen aus. Seht Ihr, Herr Heinrich, dort drüben sollen sie den Ostchor des Domes flankieren. Bei einem doppelt so langen Kirchenschiff müssten wir vier Türme haben, um den Bau ausgewogener zu gestalten.«
    Meister Konrad deutete auf die beiden Turmstümpfe, die erst wenige Meter in die Höhe ragten. Der Ostchor hingegen war bereits weit gediehen.
    »Man kann gut erkennen, dass es eine dreischiffige Basilika mit Querhaus und Hauptchor geben wird«, sagte der König, »und den Abschluss bildet eine halbrunde Apsis.«
    »Ja, Herr. Und alle Decken werden flach und aus Holz sein, gestützt auf mächtige Säulen, die das Dach halten.«
    Obwohl er sich der ziehenden Schmerzen wegen kaum noch aufrecht zu halten vermochte, war Heinrich so begeistert von den Baufortschritten, dass er zum Schluss der Inspektion den Ehemann seiner Medica herzlich umarmte.
    »Ich bin sehr beeindruckt. Was Ihr in einigen Monaten geschafft habt, Meister Konrad, grenzt an ein Wunder. Möge GOTT, unser aller HERR, Euch weiterhin beistehen bei diesem gottgefälligen Werk.
    Ihr sowie Eure kluge und verschwiegene Frau Griseldis gehört zu meinen teuersten Untertanen. Ohne Menschen, wie Ihr beide es seid, wäre mein Leben als Herrscher um vieles ärmer und öder.
    Mein lieber Konrad«, fügte er hinzu und legte ihm erneut den Arm um die Schulter, »Ihr erfreut mein Herz und mein

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