Die Heilerin des Kaisers
Gemüt durch Eure Kunstfertigkeit, aus Stein ein Wunderwerk zu Ehren GOTTES, des Allmächtigen, zu schaffen. Und Eurer Frau, meiner Medica, verdanke ich, dass mein Leiden sich gebessert hat. Wenn trotzdem Anfälle kommen, verschafft sie mir Linderung und Abhilfe.«
Die Euphorie des Herrschers sollte nicht mehr lange andauern. In seinem Gemach angekommen, warf ihn eine Kolik von unsäglicher Heftigkeit aufs Krankenlager, so dass Frau Kunigunde zutiefst erschrocken einen Diener aussandte, um Griseldis aus ihrem Haus an den Hof zu holen.
Kaum in der Residenz angekommen, wurde sie von Vater Berchtold in Empfang genommen.
»Herr Heinrich wird heute so stark von seinen Schmerzen gepeinigt, dass er ausgerufen hat, er wäre am liebsten tot«, flüsterte dieser der Heilerin zu, ehe sie gemeinsam das königliche Schlafgemach betraten.
An Heinrichs Bett hatten sich bereits Frau Kunigunde, ihre Base Irmintraut, die ratlosen Leibärzte sowie der fromme Vater Odo eingefunden. Frau Irmintraut war es gewesen, die vor Griseldis Ankunft im Gemach des Königs einen unnützen Streit mit Vater Berchtold vom Zaun gebrochen hatte.
»Ich empfehle ihm einen Tee aus Eisenkraut«, hatte der ältliche Mönch der Königin geraten, nachdem die Arzneien der beiden Leibmedici wie üblich nichts bewirken konnten und der König sich immer noch stöhnend und wie von Sinnen auf seinem schweißfeuchten Lager gewälzt hatte.
»Eisenkraut regt die Körpersäfte an und wirkt dadurch auch harntreibend. Man kann es bei Nieren-und Blasenleiden verwenden, auch um schließlich den Harngrieß abfließen zu lassen. Dazu sollte man Wacholderbeeren geben, aber nur in geringer Dosierung; Wacholder wirkt so stark entwässernd, dass er bei längerer Anwendung oder in hohen Dosen wiederum für die Nieren schädlich ist.«
»Was für ein Ammenmärchen«, hatte daraufhin Frau Irmintraut spöttisch ausgerufen. »Ich selbst trinke täglich Tee aus den heilkräftigen Beeren des Wacholderstrauchs; er entgiftet den Körper und hält ihn schlank.«
»Das bleibt Euch unbenommen, Dame Irmintraut«, hatte der Mönch gemeint. »Aber unser König ist nicht beleibt und bedarf keines Schlankheitsmittels. Wacholder in größeren Mengen ist gefährlich. Ich würde ihn beispielsweise niemals einer Frau in gesegneten Umständen verabreichen, weil er zum Abgang der Leibesfrucht führen kann.«
»Was Ihr für einen Unsinn redet, Pater«, höhnte daraufhin die Base der Königin. »Mein Vetter ist nicht schwanger, sondern soll seine Blasensteine loswerden! Überdies empfehle ich das Kraut von Färberginster, vermischt mit etwas Ruprechtskraut. Beide beseitigen nachweislich Blasen-und Nierensteine.«
»Wenn schon, dann würde ich aber die Rinde von jungen Eschenzweigen vorziehen. Die daraus gewonnene Droge erleichtert die Austreibung von Steinen«, ereiferte sich Vater Berchtold. »Auch Hirtentäschel eignet sich vortrefflich gegen diese Art von Beschwerden.«
König Heinrich stöhnte vernehmlich und die Königin war schier am Verzweifeln.
»Ich wünsche mir nur, dass Heinrich endlich etwas gegen seine Schmerzen erhält. Der König liegt von Krämpfen gepeinigt danieder; ich könnte mir vorstellen, dass sein Inneres genauso verkrampft ist. Wie sollen die Steine bei dieser Verspannung abgehen?«, mischte sich Frau Kunigunde in den ›Expertenstreit‹ ein und trocknete ihrem Gemahl die Stirn ab.
Die beiden Leibärzte des Herrschers hatten sich inzwischen in eine Ecke des königlichen Gemachs verzogen und hielten mit ernsten Mienen wieder einmal ein Kolloquium ab.
So ungehalten die studierten Doctores im Allgemeinen auf jegliche Einmischung reagierten, dieses Mal atmeten sie vor Erleichterung auf, als sie die Heilerin am Lager des Königs ankommen sahen.
Griseldis hatte mittlerweile so viel an Selbstbewusstsein gewonnen, dass sie umgehend sämtliche Anwesenden bat – mit Ausnahme der Königin und der beiden Benediktiner –, das Krankenzimmer zu verlassen.
Inzwischen war noch der Hofapotheker dazugekommen, um seine Ideen darzulegen, wie dem König am besten zu helfen sei. Frau Irmintraut wollte lautstark gegen Griseldis’ eigenmächtiges Verhalten protestieren, aber die Königin nahm ihre Verwandte schweigend am Arm und schob sie kurzerhand aus dem Schlafraum ihres Gemahls. Die Hofärzte waren sichtlich froh, für dieses Mal der Verantwortung enthoben zu sein, und traten von sich aus den Rückzug an.
Griseldis setzte sich neben den König auf das Bett und legte dem vor
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