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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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er
erneut einen Schritt auf sie zu und packte sie hart an den Oberarmen.
»Ich bin heute nicht zu deinen Spielchen aufgelegt«,
grollte er und sah dabei zu wie Furcht den Hochmut ablöste. Dann
wandte er ihr abrupt den Rücken, streifte Kaftan, Shalvar und Gömlek ab und rollte die Schultern.
Warum musste das Liebesspiel mit ihr immer in einen Kampf ausarten?,
fragte er sich und starrte missfällig auf seine Männlichkeit,
die offenbar anders darüber dachte als er. Das Klimpern ihrer
Armreifen warnte ihn vor, sodass er kaum zusammenzuckte, als sich
ihre Hände von hinten um ihn legten. »Verzeih mir,
Gebieter«, flüsterte sie und bedeckte seinen Rücken
mit sanften Küssen. »Ich hatte nur befürchtet, du
seiest meiner überdrüssig.« Entgegen aller eisernen
Entschlossenheit wurde er weich und drehte sich zu ihr um. »So
viele Nächte habe ich mich nach dir verzehrt«, murmelte
sie, »aber der Krieg hat dich gleichgültig gemacht.«
Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ganz gleich wie sehr sie ihn
manchmal reizte – ein Blick in ihre schwimmenden Augen genügte,
um ihn niederzuwerfen und zu Wachs in ihren Händen zu machen. Er
schluckte trocken und erschauerte, als sie ihren Bauch gegen seine
Erregung presste und mit den Fingernägeln über seinen
Rücken fuhr. »Überdrüssig«, keuchte er und
beugte sich zu ihr hinab, um der Einladung ihrer geöffneten
Lippen zu folgen. »Um wie vieles klüger ich dann wäre!«
Seine Zunge fand die ihre. Kaum schmeckte er die Süße von
Pfefferminz, umhüllte ihn das berauschende Gefühl der
Leidenschaft, mit dem sie ihn immer und immer wieder einfing, als
wäre er nichts weiter als ein gezähmtes Schoßtier.

Kapitel 48
     
    Burg
Katzenstein, Hochsommer 1400
     
    Es schien,
als wolle der Horizont schmelzen. Schwitzend hob Otto von Katzenstein
die Hand an die Augen und ließ den Blick über seine
Ländereien schweifen. Blaue Punkte verrieten ihm, dass
wenigstens ein Teil seiner Hörigen bei der Arbeit war, auch wenn
mehr als zwei Drittel des Dorfes verwaist waren. Der schwere Duft von
frisch gemähtem Gras hing in der Luft und vermischte sich mit
dem eigentümlichen Geruch heißen Steines und warmer Erde.
Eine Schar Schwalben jagte über den wolkenlosen Himmel, der in
seinem strahlenden Wasserblau beinahe unnatürlich wirkte. Von
seinem Standpunkt auf den Zinnen des Bergfriedes aus konnte Otto bis
zu den Wäldern sehen, deren Wipfel ebenso in der Hitze
flimmerten wie der See, die Straße und die nur zum Teil
abgeernteten Felder. Bereits vor Stunden hatte er den viel zu warmen
Wappenrock abgelegt, sodass ihn nur die Schnabelschuhe von einem der
hemdsärmeligen Knechte unterschieden. Diese Fußbekleidung
– die einzige modische Spielerei, die er sich erlaubte –
war allerdings staubbedeckt, abgetreten und an manchen Stellen
durchgewetzt. Wenn er Ulm nicht Hals über Kopf verlassen hätte,
hätte er sicherlich bei einem Schuster und einem Gewandschneider
haltgemacht und sich neu ausgerüstet. So allerdings würde
eine standesgemäßere Ausstattung noch eine Weile warten
müssen. Er stemmte die Hände auf die Zinnen, während
sein Blick den Waldrand suchte. Ob er sie aus dieser Entfernung
erkennen würde, wenn sie den Schutz der Bäume verließ?,
fragte er sich und verschränkte ärgerlich die Arme. Seit er
von dem Dorfschmied erfahren hatte, wer die rothaarige Göttin
war, die ihn sprachlos gemacht hatte wie einen liebestollen Knaben,
hoffte er beinahe täglich, sie wiederzusehen.
        »Das
war Helwig, das Kräuterweib«, hatte der rußbefleckte
Hüne ihn wissen lassen und unbeirrt weiter auf ein Stück
glühendes Eisen eingedroschen. »Sie kam kurz nach Eurer
Abreise ins Dorf und hat uns ihre Dienste angeboten«, hatte er
schwer atmend hinzugefügt und das Werkstück in einem Eimer
Wasser abgekühlt. »Offenbar haust sie in der alten Kate im
Wald.« Die Dampfschwaden hatten Otto blinzeln lassen. »Sie
tauscht ihre Tränke gegen Essen und Stoff ein«, hatte der
Schmied ergänzt, und irgendetwas an seinem Ton war Otto
merkwürdig vorgekommen. Da er den Mann allerdings nur als
Schemen wahrnahm, blieb sein schmutziges Gesicht ein undeutliches
Oval. »Mein Sohn hatte hohes Fieber, aber jetzt geht es ihm
wieder besser«, hatte der Schmied erklärt und das
Werkstück zur Seite gelegt, um seinen Herrn ins Freie zu führen.
Danach war alles Interesse an Helwig erstorben, als Otto erfahren
hatte, wie viele seiner Bauern sich aus dem Staub gemacht hatten.
Bevor ihn erneut

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