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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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nie gewesen. Mit aufeinanderschlagenden Zähnen
wartete er auf die nächste Welle der Übelkeit, die ihn
schon bald wieder würgen ließ. Zu schwach, um sich
aufzurichten, schob er sich mit letzter Kraft in die Nähe der
Bettkante, aber anders als zuvor, gelang es ihm nicht, den Nachttopf
zu treffen. Da sein Magen seit Stunden leer war, war es nicht viel,
das die Laken tränkte, doch dieses Mal war das Erbrochene rot
von Blut. Wäre er nicht vollkommen erschöpft gewesen, hätte
ihm diese Tatsache einen Schrecken eingejagt, so allerdings schloss
er lediglich die Augen und ließ sich von der Mattigkeit
überwältigen. Stunden später drang eine Stimme an sein
Ohr: »Es ist das Gleiche, an dem Brida leidet. Lauf und hol den
Bader.« Er spürte eine Hand auf seiner Stirn. »Er
glüht. Bring mir kalte Tücher.« Er wusste nicht, wie
viel Zeit vergangen war, als sich etwas Klammes um seine Waden legte,
und der Raum sich mit Stimmen füllte. Jemand schlug die Decke
zurück, zerrte an seinem Untergewand und betastete seinen Bauch.
Da selbst der leiseste Druck ihm unvorstellbare Qualen bereitete,
versuchte er, seinen Peiniger zu erkennen, aber alles um ihn herum
schwamm in einem See aus milchigem Nebel. »Er ist vergiftet
worden«, verkündete ein Bass. »Ich hoffe, ihr habt
nicht zu lange damit gewartet, mich zu holen.« »Brida ist
auch krank. Bei ihr ist es noch nicht so schlimm.« Die Antwort
darauf war ein unverständliches Gemurmel, aber kurz darauf
verloren sich die Stimmen in der Ferne. Irgendwann setzte ihm jemand
einen Becher an den Mund und zwang ihn, eine ekelhafte Flüssigkeit
zu trinken. Doch schon kurz darauf versank er wieder in Dunkelheit.
        Die
Hand mit dem Becher kam und ging, fasste an seinen Bauch, ließ
ihn zur Ader und maß seinen Puls. Im Laufe der Zeit kehrte das
Bewusstsein immer öfter zurück, und eines Tages erwachte
Lutz mit klarem Kopf. Marthe, die Köchin, war auf einem Schemel
neben seinem Lager zusammengesackt und schlief im Sitzen. »Marthe?«,
fragte er mit rauer Stimme und sah sich nach Wasser um. Der Durst war
beinahe schlimmer als die Übelkeit, die zu einem Schatten der
Erinnerung verblasst war. Als er bei seiner Suche eine Schale zu
Boden wischte, fuhr die Köchin erschrocken aus dem Schlaf auf
und stieß einen leisen Schrei aus. Einen Augenblick blinzelte
sie verwundert, doch dann begriff sie und kam hurtig auf die Beine.
»Dem Herrgott sei Dank, du lebst!« Ihr rundliches Gesicht
strahlte, als Lutz sich auf die Ellenbogen stemmte und sie um Wasser
bat. Sie reichte ihm ein Gefäß, das er gierig leerte,
bevor er sich in die Höhe schob und sich an den Kopf fasste.
»Wir dachten schon, du stirbst«, versetzte Marthe mit
einem sorgenvollen Stirnrunzeln. »Brida, das dumme Ding, wird
für ihre Einfalt bezahlen.« Lutz räusperte sich und
schüttelte den Schwindel ab, der ihn immer noch schwächte.
» Wofür wird
sie bezahlen?«, wollte er wissen. »Dafür, dass sie
sich selbst und dich aus lauter Leichtgläubigkeit vergiftet
hat.« Marthes Wangen röteten sich vor Empörung, als
sie berichtete, was geschehen war. »Anscheinend hat sie einer
Frau auf dem Markt Kräuter abgekauft, mit denen Wünsche in
Erfüllung gehen.« Sie schnaubte verächtlich. »Diese
Gans hat geglaubt, wenn sie dir und sich das Zeug ins Essen mischt,
würde das Falk zurückbringen.« Lutz schob die Brauen
zusammen. »Wer hat ihr denn diesen Blödsinn erzählt?«,
fragte er, während Ärger in ihm aufkeimte. »Das kann
sie dir selber sagen«, spuckte die Köchin aus und machte
Anstalten, den Raum zu verlassen. »Sobald du stark genug bist,
solltest du ihr eine Tracht Prügel verabreichen, die sie so
schnell nicht vergessen wird. Ich bin mir sicher, sie wird dir alles
sagen, was du wissen willst.« Oh, ja, das wird sie!, dachte
Lutz und ballte die Hände zu Fäusten.
        Eine
halbe Woche später war sein Zorn verraucht. Zwar hatte Marthe
ihm immer wieder ans Herz gelegt, dass er Brida nicht mit Milde
begegnen durfte, aber das schluchzende Häufchen Elend vor ihm
ließ ihn weich werden. Yak, der Knecht, hatte die heulende Magd
in den Hof gezerrt, wo Lutz sich eine Rute von einem Haselstrauch
geschnitten hatte. Unentschlossen wog er diese in der Hand, während
alle Augen auf ihn und das weinende Mädchen gerichtet waren.
»Was hast du dir dabei gedacht?«, herrschte er die junge
Frau an, deren Augen rot und verquollen waren. »Ich wollte
nichts Böses«, heulte sie und schlug die Hände vors
Gesicht, als Lutz

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