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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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drohend den Arm hob. »Ich wollte nur, dass
der Herr zu uns zurückkehrt.« Ihr Weinen verstärkte
sich und Lutz gab mit einem Seufzen auf. Er schleuderte die Rute in
einen der Kräutergärten und fuhr sich mit den Fingern durch
die grauen Locken. »Das will ich auch«, sagte er rau,
»aber mit Hokuspokus lassen sich keine Wünsche erfüllen.«
Er setzte eine strenge Miene auf und befahl Brida, ihn anzusehen.
»Kannst du dich an die Frau erinnern, die dir das Gift verkauft
hat?« Die groben Umrisse der Geschichte hatte Marthe ihm
bereits erzählt. Scheinbar war Brida eines Tages eine schöne
junge Frau auf dem Markt begegnet, die dem Mädchen ein
Wunderkraut verkauft hatte, mit dem angeblich Wünsche in
Erfüllung gehen sollten. »Sie hat mich ausgefragt«,
wimmerte die blonde Magd und wischte sich mit dem Ärmel die Nase
ab. »Und ich habe ihr gesagt, dass wir uns den Herrn
zurückwünschen.« Ein Schluckauf ließ sie
stocken. Dieses einfältige Ding!, dachte Lutz bitter. »Wie
sah die Frau aus?«, wiederholte er ungeduldig. Als Brida das
Kräuterweib beschrieben hatte, schüttelte er ratlos den
Kopf. Diese Frau hatte er noch niemals zuvor gesehen. Sein Mund
verhärtete sich, als eine böse Vermutung in ihm aufkeimte.
Hatte Otto von Katzenstein die Hexe womöglich dafür
bezahlt, ihn zu vergiften, um endlich an das Erbe zu kommen, das er
sich erschleichen wollte? Ein zweiter Verdacht hob das hässliche
Haupt. Oder aber Hans Kun steckte dahinter. Er erinnerte sich an
seinen Vorsatz, die Aasfresser zurückzuschlagen und Falks Besitz
wenn nötig mit seinem Leben zu verteidigen. Ein freudloses
Lächeln teilte seine Lippen, als ihm klar wurde, wie nahe er
davor gestanden hatte, dieses Versprechen einzulösen.

Kapitel 75
     
    Burg
Katzenstein, Sommer 1401
     
    »Warum
ist er immer noch am Leben?«, erboste sich Otto von Katzenstein
und baute sich drohend vor Helwig auf. Allmählich glaubte er
nicht mehr an die Macht, die sie ihm vorgaukelte, was bewirkte, dass
er sich auch nicht mehr vor ihr fürchtete. Er presste die
Fingerspitzen gegen die Nasenwurzel und verzog das Gesicht.
Wenngleich es im Inneren der Burg halbwegs erträglich war,
sorgte die Hitze des Sommers dafür, dass er sich matt und
schwach fühlte. Seit Tagen hatte er schon nicht mehr richtig
geschlafen, und in seinen Schläfen hämmerte ein furchtbarer
Kopfschmerz, den die Aufregung noch verstärkte. Dementsprechend
gereizt hatte er reagiert, als der Bote aus Ulm ihm berichtet hatte,
dass Lutz Metzler putzmunter und vollkommen gesund durch die Stadt
spazierte. Kaum hatte der Mann die Halle verlassen, packte er seine
Gemahlin hart am Oberarm und beförderte sie die Treppen hinauf
in die Kemenate. »Hattest du mir nicht versprochen, dass mir
Falks Zucht spätestens diesen Sommer gehören würde?!«,
zischte er und starrte in das bleiche Gesicht, das seit einigen
Wochen aufgedunsen und schwammig wirkte. Die Schwangerschaft
hinterließ Spuren, die Otto überhaupt nicht gefielen. Der
riesige Bauch seiner Gemahlin verriet, dass es nicht mehr weit sein
konnte, bis zu ihrer Niederkunft. Aber das war ihm im Moment
vollkommen egal. Ihre grünen Augen verengten sich und sie reckte
trotzig das Kinn. »Es ist nicht meine Schuld, dass das Mädchen
offensichtlich nicht getan hat, was ich ihm gesagt habe«,
verteidigte sie sich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Diese Geste erboste Otto fast noch mehr als all das Warten, all die
leeren Versprechungen und Misserfolge der vergangenen Monate. Seine
Hand zuckte, aber etwas in Helwigs Blick hielt ihn davon ab, sie zu
schlagen. Eine Weile starrte sie ihn kampfeslustig an, doch dann
seufzte sie und sagte versöhnlich: »Sobald das Kind da
ist, werde ich es ein weiteres Mal versuchen. Und dann mische ich ihm
das Gift persönlich ins Essen!«
        Otto
schnaubte. »Wie lange soll ich noch warten?«, fragte er –
nörgelnd wie ein Kind. Helwig zuckte die Achseln. »Nicht
mehr lange«, versprach sie, aber dieses Mal überzeugten
ihre Worte ihn nicht. »Vielleicht ist dein Herr doch nicht so
mächtig, wie du behauptet hast«, stieß er hervor.
Dieser Gedanke machte ihm Angst. Mehr Angst als alles, was Helwig
bisher behauptet oder getan hatte. Denn wenn der Teufel Gott
unterlegen war, dann war Ottos Schicksal besiegelt. Das
Schreckgespenst, das der Venezianer gemalt hatte, drängte sich
wieder an die Oberfläche seines Verstandes, und er sah Bilder
der Marter, Qual und unsagbaren Pein vor sich. Schaudernd fügte
er hinzu:

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