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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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fauchte
sie und warf den Kopf in den Nacken, so dass Sapphira das Funkeln in
ihren stark geschminkten Augen sehen konnte. »Hättest du
deinen Sohn früher von den Prinzessinnen getrennt, wäre er
nicht so verweichlicht!« Die so beleidigte Frau machte einen
Schritt auf die andere zu, doch diese starrte sie lediglich mit
gekräuselten Lippen an. »Sieh dich vor!«, drohte die
Jüngere und fuhr die Krallen aus, als wolle sie ihrem Gegenüber
das Gesicht zerkratzen. »Einem Jungen kann schnell etwas
zustoßen, wenn er mit Waffen spielt.« Sapphira hatte
genug gesehen. Ohne Zweifel handelte es sich bei den beiden Frauen um
Devlet Hatun, die Mutter des Prinzen Mehmet, und eine der anderen
Konkubinen, die einen Sohn von Bayezid empfangen hatten. Und
offensichtlich waren die Gerüchte, welche über die
Feindschaft zwischen den Damen im Umlauf waren, keineswegs so
übertrieben, wie Sapphira angenommen hatte. Sie zog
unwillkürlich den Kopf ein, als sie sich ausmalte, wie es wäre,
selbst in diesen Kampf verwickelt zu werden. Bevor sich ihre Gedanken
jedoch – wie so häufig – in dem Tagtraum verstricken
konnten, in dem der mächtige Bayezid sie zu sich befahl,
gemahnte sie der gegen ihr Bein drückende Salbentiegel daran,
dass es höchste Zeit war zu verschwinden. Um eine weitere
Ausrede für ihre Anwesenheit im Flügel der Valide zu haben, griff sie sich zwei
dicke Baumwolltücher und verließ leise die Wäschekammer.
Darauf gefasst, angesprochen oder aufgehalten zu werden, gelangte sie
nach scheinbar endlosen Sekunden zum Ausgang, wo die Wächter ihr
nicht die geringste Beachtung zollten. Kaum hatte sie die Sicherheit
des mit bunten Kieseln aufgeschütteten Weges erreicht,
beschleunigte sie die Schritte und rannte wie von Furien gehetzt
zurück zum Darüssifa.

Kapitel 16
     
    Zwischen
Ulm und Augsburg, Frühsommer 1400
     
    »Meine
Güte, ist das eine Hitze!« Prustend wischte Falk sich mit
dem Handrücken den Schweiß aus den Augen und benetzte die
trockenen Lippen. Bereits kurz nach ihrem Aufbruch aus Ulm hatte er
die obersten Knöpfe seiner Schecke geöffnet und den viel zu
warmen Filzhut in den Gürtel gesteckt. Seit Stunden rann ihm der
Schweiß in wahren Bächen den Rücken hinab, und er
dankte seiner Köchin Marthe ihm Stillen, dass diese ihn dazu
genötigt hatte, zusätzlich zu all dem Proviant noch zwei
Reiseflaschen an seinem Sattel zu befestigen. Durstig vom Staub der
Straße griff er nach dem vom Knauf baumelnden Kolben und
stürzte den mit Wasser verdünnten Rotwein so gierig hinab,
dass ihm ein Teil des kostbaren Trunkes in den Kragen lief. »Wenn
du jetzt schon alles austrinkst, wirst du es später bereuen«,
warnte sein Onkel ihn. Otto, der Falk am Vorabend die vertrautere
Anrede angeboten hatte, ritt auf gleiche Höhe mit seinem Neffen
und warf ihm einen besorgten Blick zu. Genau wie sein Neffe, führte
auch er ein Packpferd am langen Zügel und trug einen Reisesack
mit dem nötigsten Gepäck auf dem Rücken. Da sie keine
Waren mit sich führten, hatten die beiden darauf verzichtet,
sich einem der vielen Kaufmannszüge anzuschließen, denen
sie alle paar Meilen begegneten. »Aber wir können doch
jederzeit an einer Herberge anhalten«, gab Falk zurück und
tat einen weiteren langen Zug. »Das können wir«,
stimmte Otto ihm zu, »aber dann werden wir ganz sicher die
Abfahrt der Mude verpassen.« Erschrocken setzte Falk die
kürbisförmige Flasche ab und stopfte den Korken zurück
in die Öffnung. »Du weißt, dass die Zeit drängt«,
fügte Otto hinzu und lenkte sein Reittier nach links, um einem
abgebrochenen Ast auszuweichen. »Wir müssen in spätestens
30 Tagen in Venedig sein, sonst sticht der Geleitzug ohne uns in
See.« »Dann sollten wir aber etwas schneller reiten«,
bemerkte Falk und machte Anstalten, seinem Apfelschimmelhengst die
Sporen zu geben. Doch Otto hielt ihn mit einem Griff an den Arm
zurück.
        »Wenn
wir die Tiere zu sehr antreiben, schaffen sie den beschwerlichen Weg
über die Alpen nicht«, warnte er. »Je mehr Kräfte
sie auf diesem Teil der Strecke sparen, desto weniger Schwierigkeiten
bekommen wir später.« Falk nickte. Daran hatte er nicht
gedacht. Mit einem Schnaufen schob er sich den dunklen Schopf aus der
Stirn und kniff die Augen zusammen. Die Wasseroberfläche der
Donau, deren Lauf sie noch einige Zeit lang folgen würden,
funkelte wie zerbrochenes Glas. Hie und da teilten Schwäne oder
Enten die Fluten, tauchten nach Algen oder glitten einfach nur
friedlich in

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