Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
entgangen, aber ich lernte schnell, und er hatte mich gut unterrichtet. »Wir haben vereinbart, dass ich den Gegenwert dessen, was ich heile, in Pynvium erhalte. Ich habe nicht mehr genommen, als ich verdiene.«
    »Wir haben von drei Dutzend Stücken gesprochen.«
    »Dann bist du ja billig weggekommen.« Ich riss meinen Arm los und knallte die Tür hinter mir zu.
 
    Es gelang mir, noch ein paar Stunden zu schlafen, aber meine Finger zitterten, als ich in Aylins Zimmer Danellos Adresse auf einem Stück Papier notierte. Die Sonne ging gerade auf. Wenn Kione sein Versprechen hielt, dann würde er bald eintreffen, um Lanelle zum Frühstück abzuholen.
    Ich reichte Aylin die Adresse. »Wenn ich nicht im Lauf des Vormittags zurück bin, ruf einen Löser von einem der Schmerzhändler für ihn und die Zwillinge. Ich hab jetzt das Pynvium dafür, also können sie uns diesmal nicht abweisen. Nimm einen von denen an den Docks, keinen von den etablierten, zu denen die Aristokraten gehen, und auf keinen Fall den neuen in der Nähe des Marktes!«
    Aylin schüttelte den Kopf, sie war auf einmal ganz blass. »Nicht die Schmerzhändler, Nya. Denen ist nicht zu trauen.«
    »Im Augenblick könnten wir der Gilde nicht trauen. Die Händler sind Danellos einzige Hoffnung.«
    »Sie werden ihn und seine Brüder umbringen.«
    Der Zorn und die Furcht in ihrer Stimme ließen mich aufhorchen. Aylin wurde nur selten ärgerlich, umso weniger zornig. »Es geht schon in Ordnung, glaub mir.«
    »Nein!« Aylin biss sich auf die Lippe und musterte die Hand voll Pynviumklumpen, die ich ihr gegeben hatte. Der kleinste war so groß wie eine Walnuss, der größte so groß wie eine Mandarine. »Was, wenn sie sie nicht heilen?«
    »Sie müssen ihnen nur den Schmerz nehmen. Jeder Löser kann das.«
    Sie sah mich voller Entsetzen an. »Und es ist dir egal, wenn die Verletzung nicht geheilt wird?«
    »Aylin«, ächzte ich verzweifelt. Ich hatte keine Zeit für lange Erklärungen. »Sie sind nicht wirklich verletzt. Der Schmerz, den sie in sich tragen, stammt von ihrem Vater.«
    »Das ist unmöglich.«
    »Es ist möglich«, sagte ich.
    »Was meinst du?« Aylin starrte mich an, und obwohl ich mein ganzes Leben lang verheimlicht hatte, was ich tun konnte, wusste ich nun doch auch mit absoluter Sicherheit, dass es das Ende unserer Freundschaft wäre, würde ich sie jetzt belügen.
    »Ich ... äh... hab ihn geschiftet.«
    »Du hast was?«
    Ich erzählte ihr die ganze Geschichte. Der Hühnerfarmer, die Fähre, die verzweifelte Bitte in einer mondbeschienenen Gasse. Aylins Augen wurden größer und größer, und ihr Zorn wuchs mit jedem Wort, das ich sagte.
    »Hast du ihren Vater geheilt oder nicht?« So, wie sie mich ansah, hätte sie mir im letzteren Fall vermutlich einen Stuhl über den Kopf gezogen.
    »Natürlich habe ich das. Aylin, was ist so schlimm?«
    »Die Schmerzhändler haben meine Mutter umgebracht«, sagte sie leise und umklammerte das Pynvium. »Sie war auf dem Markt und hat auf diese Lebensmittelzuteilungen gewartet, nach denen die Baseeris uns haben anstehen lassen. Ein paar Männer haben sie verprügelt, weil sie ihren Platz in der Schlange nicht aufgeben wollte. Wir hatten nicht genug Geld, um zur Gilde zu gehen, also habe ich sie zu einem Schmerzhändler gebracht. Er hat gesagt, er hätte sie geheilt und es ginge ihr besser, aber er hat gelogen.« Sie schloss die Augen. Tränen rannen über ihre Wangen. »Er hat ihr den Schmerz genommen, aber er hat die Verletzungen dagelassen. Sie hat es nicht einmal gewusst. Sie wurde nur schwächer und schwächer, und dann war sie tot.«
    »Das tut mir leid, Aylin.« Ich setzte mich neben sie und nahm sie in die Arme. Ich fühlte mich schuldig, aber ich konnte nicht bleiben, um sie zu trösten. »Ich muss jetzt wirklich gehen. Wirst du sie zu einem Schmerzhändler bringen, wenn Tali es nicht bis hier schafft?«
    Sie nickte schniefend. »Brauchst du die nicht für Tali?«
    »Ich habe genug, die sie füllen kann.« Bitte, lass mich wirklich genug haben. Ich stand auf und packte den nun etwas leichteren Beutel so, dass er aussah wie ein Bündel frischer Wäsche aus der Wäscherei. Er war immer noch ziemlich unhandlich, aber so ließ er sich wenigstens etwas leichter in das Gildegebäude schmuggeln.
    »Wo hast du so viel davon herbekommen?«
    »Gekauft.«
    »Nicht für neun Oppa, ganz bestimmt nicht.« Sie drehte die Klumpen in ihren Händen. »Das muss ein Vermögen wert sein.«
    »Es ist drei Leben wert, Aylin.

Weitere Kostenlose Bücher