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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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fing bereits an, sich zu erholen.
    Als die Milch eingeschossen war und Taleke alles aufs beste geordnet sah, drückte ihr Meister Hilge ein gefülltes Beutelchen in die Hände, und sie durfte sich verabschieden.
     
    Wenige Tage später wurde Taleke in den Hafen gerufen, wieder einmal so drängend, dass sie gar nicht erfuhr, worum es ging, vielleicht wusste es der verwirrte Schiffsjunge, der sie holte, selbst nicht. Sie lud ihm kurzerhand den mit Umsicht gepackten Sack auf die Schultern, der alles enthielt, was eine Heilerin für Frau, Mann oder Kind bereithalten konnte.
    »Seid Ihr die aus Paris?«, wurde sie etwas rüde von einem Burschen gefragt, der anscheinend zu ihrem Empfang am Schiff bereitstand.
    »Ja«, antwortete sie hastig und eilte die Planke der »Heiligen Jakobus« hoch, dankbar, dass es sich nicht um Volrad Wittenborchs »Brücke« handelte. Sie hätte nicht gewusst, wie sie ihm begegnen sollte.
    Der Seemann lag flach hingestreckt auf Deck und stöhnte verhalten. Ein anderer, fast noch ein Kind und blasser als der Verletzte, hielt seine Hand und betete leise. Als Taleke neben ihm niederkniete, atmete der weißblonde Junge erleichtert auf. »Rembert ist ausgerutscht und auf einem Fass aufgeschlagen. Es ist was mit dem Arm«, erklärte er.
    Der Oberarm war gebrochen, ergab Talekes behutsamer Tastversuch. Die Haut war äußerlich nicht verletzt, nur rot und geschwollen vom Aufprall.
    Bedächtig rührte sie die kleine Menge Mohn, die sie von Josse erhalten hatte, mit Bier zu einem Trunk an, den sie dem Mann einflößte. Als er lauthals zu schnarchen begann, gesellten sich von allen Seiten tapfere Seeleute hinzu, um zuzusehen, was sie machte.
    Taleke ließ sich von einem Kind helfen, dem die Männer die Verantwortung zugeschoben hatten, weil sie sich wie üblich vor ihr fürchteten. Wermbold war mit Feuereifer dabei, er vertraute Taleke mit bewundernder Andacht. Eisern umklammerte er die Schiene, die eigentlich für einen Unterschenkel bestimmt war, die Taleke aber jetzt ohne Kürzung verwandte, und ließ sich nicht im Geringsten von den guten Ratschlägen der Älteren beeinflussen. »Drehen, Wermbold, du Tölpel«, »Die Schiene baumelt ja wie ein Fenderbrett! Du musst sie an Rembert festzurren! Zeig der Frau, wie man einen Palstek macht!«, und dergleichen bekam er zu hören.
    Taleke schüttelte nur kurz den Kopf. »Wermbold macht alles ganz richtig. Euer Rembert ist ein Mensch aus Fleisch und Blut, ihn kann man doch nicht wie eine Kogge behandeln!«
    »Hört, hört. Sie weiß, dass sie sich nicht auf einem Flussprahm befindet«, machten Talekes scharfe Ohren im Gemurmel aus, und es klang erstaunt, wenn nicht sogar anerkennend. Nach einer Weile fragte jemand: »Können wir noch was für Rembert tun?«
    »Ja, das könnt ihr«, antwortete Taleke. »Legt ihn auf ein Brett und tragt ihn zu seiner Hängematte. Wenn er aufwacht, ist er wahrscheinlich etwas verwirrt. Das gibt sich. Aber auf jeden Fall hat er Durst. Flößt ihm verdünntes Bier ein, so viel er trinken mag. Hopfenbier, kein Gagelbier! Damit es nicht irgendwann heißt, dass man von einem Armbruch blind wird!«
    Ein Sprecher trat vor. Er grinste. »Warum Ihr die aus Paris genannt werdet, ist mir schleierhaft. Jedenfalls wisst Ihr, was uns Lübeckern guttut. Er wird sein Hopfenbier bekommen.«
    Taleke schmunzelte und zwinkerte ihm zu. »Ich komme morgen wieder und erkundige mich, wie ihm das Bier geschmeckt hat.«
    »Tut das. Und ich weiß jetzt, warum wir Euch holen sollten.«
    »Wer hat euch das denn geraten?«
    Der Seemann zuckte die Schultern. »So was spricht sich schnell rum. An Pfuschern ist in keiner Stadt Mangel, aber die anderen sind rar.«
    Taleke freute sich, dass man nach so kurzer Zeit schon wusste, dass es eine neue, tüchtige Heilerin in Lübeck gab.
     
    Taleke hatte sich vorgenommen, das Gebiet um die Marienkirche und das Rathaus mit den Märkten und Buden als Ort ihres Wirkens zu meiden. Der Obrigkeit und städtischen Wachleuten als Heilerin zu begegnen war nicht von Vorteil, das hatte sie in Paris gelernt. Es erwies sich jedoch, dass Vorsicht in dieser Hinsicht nicht nötig war, denn in die vornehmeren Stadtteile wurde sie nicht gerufen.
    Bei den Handwerkern, die in den zur Wakenitz hin abfallenden Gassen wohnten, erfreute sich Taleke nach einigen Wochen jedoch schon eines guten Rufes. Und als sie gar zum gutsituierten Brauermeister Gerlich Blomenrot in die Wahmstraße gerufen wurde, ahnte sie, dass sie sich eine Art Stellung in

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