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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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die Priester gegangen waren. »Das war knapp«, brach es aus ihr heraus.
    »Wieso?«, fragte Tidemann verwundert. »Es ging doch alles sehr ordentlich seinen Gang.«
    »Nicht so ganz ordentlich. Die Frage, woher plötzlich das Geld stammt, mit dem ihr das Feuerholz gekauft habt, lag in der Luft. Allein die energische Aufforderung des Priesters, nach weiteren Leprazeichen zu suchen, stimmte den Arzt um. Vom Domkapitel lässt er sich nichts befehlen. Ich vermute, er wird für die Leprabeschau von der Kaufmannschaft bezahlt, nicht vom Domkapitel?«
    »Das stimmt.«
    »Erst ab dem Augenblick hielt der Arzt nach Zeichen Ausschau, die gegen Miselsucht sprechen. Und dass er ein Kirchenlied von Nese verlangte, erübrigte eine Auseinandersetzung darüber, wie fromm sie ist, und ob ihre Widerspenstigkeit schuld an Lepra sein könnte. Pater Dionysius hat klugerweise davon gar nicht mehr gesprochen.«
    »Du verstehst von diesen Dingen so sehr viel mehr als wir, Meisterin Taleke«, seufzte Nese dankbar. »Das alles habe ich nicht bemerkt.«
    »Ja, aber die Gefahr ist noch nicht vorüber, wenn es dem Domkapitel in Wirklichkeit darum geht, Haus und Grundstück wieder in die Hand zu bekommen«, bemerkte Taleke nachdenklich. »In Paris habe ich gelernt, wie skrupellos die Mächtigen sind, wenn sie ihre Pläne durchsetzen wollen.«
    »Mit Verlaub, Meisterin, das ist Unsinn«, brummelte Tidemann. »Da siehst du zu schwarz. Was in Paris geht, ist in einer christlichen Stadt wie der unseren noch lange nicht möglich.«
    Taleke lächelte wehmütig und erhob sich zum Gehen. Sie hoffte für die Familie, dass Tidemann recht behielt.

Kapitel 21
    Seit Beginn des Herbistmanoth war es in der Natur schon empfindlich kalt geworden, aber in Talekes Haus herrschte in der Nähe des Feuers eine angenehme Wärme. Am Vormittag war Taleke zur Messe gegangen, wie es sich gehörte. Sie hatte darauf geachtet, dass Pater Pepersalz sie zu Gesicht bekam, und sich anschließend während des abwechselnden Kniens und Aufstehens gedanklich mit der Wirkung von Kräutern befasst. Vor allem wollte sie sich erkundigen, ob es in der Stadt einen Apothecarius oder eine zuverlässige Kräuterfrau gab. Vielleicht bei diesem Medicus Bertram von Altkerke, der ein unabhängiger Mann zu sein schien und ihr nicht übel gefallen hatte.
    Am Nachmittag machte sie es sich mit den Füßen an der Feuerkieke gemütlich. Sie war mit sich zufrieden. Alles in allem war ihr Anfang in Lübeck gut verlaufen, abgesehen von dem Vorfall mit der bedauernswerten Hedwig, der sie nicht hatte helfen können. Ihr guter Ruf ging ihr überall in den ärmeren Wohngegenden voraus, manchmal fand sie sogar, dass ihre Taten ihm etwas hinterherhinkten.
    Aus Konflikten hatte sie sich herauszuhalten verstanden, mit der Ausnahme vielleicht, dass sie den Priestern vom Domkapitel widersprochen hatte, was ihr völlig selbstverständlich erschienen war.
    Plötzlich kam Taleke der Gedanke, dass der Widerstand ihrer Mutter Hilka gegen die Allmacht von selbstherrlichen Geistlichen und gegen Großknechte, die sie als zu dumm zum Heiraten abgelehnt hatte, die gleiche Wurzel hatte wie ihre eigene Widerspenstigkeit. Und der Vater – war er vielleicht auf und davon gegangen, weil die Mutter seines Kindes ihn zu klug und nicht fügsam genug gedünkt hatte?
    Spontan beschloss Taleke, ihre Mutter zu besuchen. Zu Pferde war die Strecke für jemanden, der nach Paris und zurück geritten war, ein Klacks. Vielleicht war Mutter Hilka sogar bereit, zu ihr zu ziehen. Sie könnte die Aufsicht über den Kräutergarten führen. Und über die Gänse, die nach französischer Art gestopft werden sollten. Im Armenhaus sollte sie keinesfalls landen.
     
    Gerade träumte sich Taleke in eine schönere Zukunft, als es zaghaft an der Tür klopfte. Sie hatte sich auf einen ruhigen Abend gefreut, und nun rutschte ihr das Herz in die Kniekehlen.
    Aber als die Tür langsam aufgestoßen worden war, stand da kein Hilfesuchender, sondern Elske, Heinrichs Witwe. Sie wedelte mit einem Pergament. »Er ist angekommen. Der Herr Nicolaus hat dir geschrieben, und ich habe den Brief vor der Herrschaft abgefangen. Wirst du eine Antwort schicken? Und zahlst du, wie versprochen?«
    »Ich zahle, wie versprochen«, bestätigte Taleke und nahm den Brief feierlich in Empfang. »Morgen bringe ich dir die Antwort und Geld.«
    »Beeil dich damit. Die gnädige Frau Puttfarcken antwortet ihrem Liebling schneller, je länger er fortbleibt, in jüngster Zeit meistens

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