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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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wir fühlen uns doch für unsere Lehrlinge verantwortlich.«
    Taleke lag auf der Zunge zu fragen, was sie für angemessen hielt, aber da antwortete sie schon selbst. »Ich werde die alte Amme unserer Kinder bitten, sich an sein Bett zu setzen und alles zu tun, was Ihr angeordnet habt. Sie kann, wenn er sie nicht braucht, auch dort an der Fensteröffnung sticken. Seitdem unsere Kinder aus dem Alter heraus sind, eine Amme zu benötigen, leistet mir Grete vor allem Gesellschaft. Um Hermen wird sie sich gerne kümmern. Er ist ein wohlerzogener Junge.«
    Die Lösung war hervorragend. »Könnte Grete auch eine Feuerkieke mitbringen? Die Kälte ist nicht gut für einen Kranken.«
    »Selbstverständlich. Werdet Ihr noch einmal nach Hermen sehen, Meisterin Taleke? Ich würde Euch gerne selbst um Rat fragen. Dass Ihr überaus heilkundig seid, hat sich inzwischen herumgesprochen.«
    Taleke versprach, in zwei Tagen wiederzukommen.
     
    »Gestern ging es unserem Jungen etwas besser«, berichtete Grete bekümmert, während sie Taleke Platz machte und die Feuerkieke vom Bett wegschob.
    Als Erstes fielen Taleke Hermens auf der Decke liegende Hände in den Blick: Sie waren bedeckt mit Bläschen, ebenso das Gesicht. »Blattern«, stieß Taleke bestürzt aus.
    »Oh, Herr Jesus«, rief die alte Amme, »was wird das nur wieder werden! Die Blattern haben uns doch gerade erst vor einigen Jahren heimgesucht!«
    »Wann war das?«
    »Die Kinder hatte ich schon abgegeben«, murmelte Grete unsicher. »Sie waren damals etwas älter als das arme Würmchen hier jetzt ist.«
    Das war es, was Taleke wissen wollte. Hermen war beim jüngsten Pockenlauf also noch nicht geboren gewesen. Insofern war er ein typisches Opfer, und hoffentlich kräftig genug, um zu gesunden. Er wurde gut gepflegt, das sah sie an dem Becher neben dem Bett, dem Tuch zum Abwischen des Schweißes und den Wadenwickeln, die neben einem Wasserbottich bereitlagen. Hermens Körper war nicht fleischig genug, um Razes zu folgen, der in diesem Fall Blutentzug bis zur Ohnmacht empfahl. Für diesen Umstand war Taleke durchaus dankbar. Der Lehrling schwitzte, und das war gut so. An der Behandlung musste man deshalb nichts ändern. »Sind noch weitere Kinder im Haus? Hat noch jemand anderer Blattern?«
    Grete schüttelte den Kopf.
    »Wie hat er sich die denn geholt?«
    »Ich weiß nicht. Draußen in der Stadt vielleicht? Hermen wird oft auf Botengänge geschickt, er kommt herum.«
    »Natürlich«, stimmte Taleke zu. Wahrscheinlich gab es in Lübeck ein Blatternnest, ohne dass sich dessen Existenz schon herumgesprochen hätte. Vielleicht konnte sie von Frau Blomenrot erfahren, wo Hermen in den letzten Tagen gewesen war.
     
    Die Hausherrin wartete in ihrer beheizten, wohnlichen Stube auf Taleke. In allen Ecken standen von Glut leuchtende Feuerkieken, und die Fensterläden waren zugeschoben. Frau Blomenrot stickte und legte ihre Arbeit sofort beiseite, als Taleke hereingeführt wurde.
    »Nun, was sagt Ihr?«
    »Hermen hat die Blattern. Mit der guten Pflege, die Grete ihm zukommen lässt, wird er sie hoffentlich überleben.«
    »Grete ist eine Seele von Mensch! Für sie sind alle jungen Leute wie eigene Kinder. Unser Herr möge ihr helfen!«
    »Jawohl. So Gott will!«, ergänzte Taleke von Herzen.
    Frau Blomenrot krauste nur kurz die Stirn, dann kam sie bereits auf ihr Anliegen zu sprechen. »Mein Mann ist meiner noch nicht müde geworden in all den Jahren. Ich seiner auch nicht.« Sie strich sich über die Wange. »Aber meine Gesichtshaut hat ihre Schönheit und Frische verloren. Wisst Ihr möglicherweise Rat?«
    Trotula. Taleke musste nicht lange nachdenken. »Lasst Rosenblüten, Rosenwasser und Rosenöl besorgen. Die Rosenblüten – frische, wenn Ihr welche auftreiben könnt, sonst getrocknete – gebt Ihr in Apfelessig und lasst alles zusammen zwei Wochen ziehen. Danach wird das Feste ausgedrückt und die letzten Tropfen unter einem Sieb aufgefangen. Die Essig-Rosen-Flüssigkeit verfeinert Ihr mit einem guten Schuss Rosenwasser und einem Tropfen Rosenöl. Diese Essenz wirkt Wunder in einem Gesicht, das durch Verantwortung und Arbeit gezeichnet ist. An heißen Sommertagen ist es ein sehr erfrischendes Körperwasser.«
    »Ihr seid ja Gold wert, Meisterin Taleke«, rief Frau Blomenrot entzückt. »Ich werde mir das Rezept aufschreiben.«
    »Solltet Ihr ein wenig Rosenwasser erübrigen können, tropft es Hermen in beide Augen«, bat Taleke. »Es verhindert, dass sich die Blattern bis in

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