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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Hände auf eine kleine, rundliche Skulptur an der Wand. Gleich darauf fiel sie durch eine Pforte krachend in einen Raum, dessen heller Widerhall bewies, dass er leer war. Die Kapelle!
    In der Gasse hinter sich hörte sie die Schweineherde vorbeidonnern und konnte ihr Glück kaum fassen. Auf Knien richtete sie ein Dankgebet an den heiligen Fabianus, Patron der Töpfer, der sie gerettet hatte.
     
    Die beiden Maréchaux streiften durch Paris, immer noch auf der Suche nach Sodomiten. Hatten sie sich anfänglich bevorzugt in der Nähe des Templergeländes herumgetrieben, waren sie inzwischen dazu übergegangen, die ihm am nächsten liegenden Gassen innerhalb der Stadtmauer zu durchsuchen. »Die Tempelritter sind angeblich alle eingefangen worden.« Nouel kicherte verschlagen.
    »Geschieht ihnen recht. Bereichern sich an anderen. Gefräßige Ratten.«
    »Stimmt. Aber die fettesten Ratten sind allemal die Adeligen, die nicht im Morgenland kämpfen. Die von Paris.«
    »So?«
    »Unser König führt mächtige Klage über sie. Sie saugen uns aus. Um uns zu helfen, hat er den dritten Stand einberufen.«
    »Hä?«
    »Der dritte Stand, das sind wir, Pépin. Alle freien Bauern und Bürger, die nicht zu den Adeligen und zur Geistlichkeit gehören«, erläuterte Nouel behaglich. »Auch wir beide bestimmen die Geschicke Frankreichs.«
    »So, so«, sagte Pépin beeindruckt.
    »Ja. Und deswegen suchen auch wir beide nach Sodomiten. Weil der König es wünscht.«
    »Das machen wir.«
    »Erinnerst du dich an diese alte Sache mit Maître Josse? Er hat einen adeligen Jungen verschnitten.«
    »Wie einen Kapaun, der anschließend nicht mehr krähen kann«, murmelte Pépin mitleidig. »Und sein Schwengel? Kann er ihn noch ausfahren?«
    »Was geht uns denn an, was der Adel mit seinen Schniedeln anstellt, Pépin! Unfug jedenfalls, und unser König hat’s erkannt. Er kann diese Möchtegernaufsteiger auch nicht leiden. Aber darum geht’s nicht. Ich sage dir, wir haben unseren ersten Kandidaten gefunden!«
    »Was für einen Kandidaten?«
    »Einen Sodomiten! Den Maître Josse, an dessen Fersen wir uns heften werden. Der Kerl wurde doch nur zum Verschneiden geholt, weil er selber ein Hinterlader ist. Ein anderer hätte sich dafür gar nicht hergegeben.«
    »Schlau«, murmelte Pépin bewundernd.
    »Und ganz sicher kommen wir über ihn an andere halbe Hähne, die Gott den Allmächtigen lästern, Jesus Christus bespucken und verleugnen, dem Teufel den Nabel oder den Schwanz küssen und einer Kröte huldigen.« Nouel ballte die Fäuste und warf sich in die Brust. »Ich verspreche dir, wir werden ehrenhaft erwähnt, wenn wir diese Leute unschädlich machen, die eine Gefahr für alle Christenmenschen darstellen! Der Kerl wohnt hier ganz in der Nähe.«
    Pépin nickte und legte eine Hand ans Ohr. »Ja, ja. Hörst du das, Nouel?«
    »Die Frage ist eher, ob du mir zugehört hast«, gab Nouel streng zurück. Er betrachtete sich gewissermaßen als Pépins Vorgesetzten, also hatte der aufmerksam zu sein, wenn er sprach.
    »’türlich habe ich. Aber da rennen Schweine!«
    »Was du immer hörst!«
    »Bei Schweinen irre ich mich nie. Schließlich bin ich in einem Schweinestall geboren. Bin aber heute noch dankbar, dass ich meine Milch nicht von der Sau stehlen musste.«
    Nouel runzelte die Stirn und lauschte ebenfalls. »Stimmt. Aber wer treibt denn jetzt noch seine Schweine nach Hause? Anständige Bürger haben die Viecher längst für die Nacht eingesperrt.«
    »Wahrscheinlich sind sie gestohlen, und der Dieb jagt sie vor sich her.«
    Gelegentlich hatte auch Pépin mal einen guten Gedanken. Nouel nickte.
    Das befremdliche Geräusch wurde lauter. »Lass uns in die nächste Seitengasse abhauen, Nouel«, murmelte Pépin, während er sich in der Gasse der Töpfer umsah, ohne viel erkennen zu können. »In Panik sind Sauen lebensgefährlich.«
    »Unser Dienst ist für heute beendet«, beschloss Nouel und eilte voran.
     
    Am Tag darauf hatte Nicolaus so gute Laune, dass Taleke sie ihm mit ihrem Bericht über den nächtlichen Irrweg nicht verderben mochte. Vielleicht hatte sich jemand über sie geärgert und ihr in Nicolaus’ Namen einen Schrecken einjagen wollen. Doch ein Rest Unbehagen blieb.
    Das Fest zu Christi Geburt war geprägt von Nicolaus’ Eifer, den Vorschriften der Kirche zu folgen, weshalb er sich wenig um Taleke kümmerte. Am Heiligen Abend fastete er, besuchte die Messe von Saint-Germain-l’Auxerrois und verlangte am Abend eine Brotsuppe wie zu

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