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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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sich die dunklen Machenschaften der drei gewinnbringend verwerten. Dicht an die Wand geschmiegt, wartete er, was geschehen würde.
     
    Die Wartezeit wurde sehr lang. Andererseits war das, was ein Chirurg machte, komplizierter und gefährlicher, je länger es dauerte. Ihm war der Ablauf inzwischen klar: Taleke hatte die junge Frau beraten, sich irgendwie mit Josse verständigt, und er machte einen Eingriff, der nicht bekannt werden durfte.
    Als Nicolaus Laufschritte hörte, brachte er sich rasch hinter einer Hausecke, um die er lugte, in Sicherheit. Keine Maréchaux, nur zwei müde Träger einer Zweipersonensänfte, die vor dem Eingang, den er beobachtete, abgesetzt wurde.
    Einen Augenblick später erschien Taleke in der Tür, sah sich flüchtig um und half dann einer Frau aus dem Haus, die auf der anderen Seite von Josse gestützt wurde. Gemeinsam schoben sie die unbekannte Person in die Sänfte, Taleke kletterte hinterher und nahm die Schwarzgekleidete vorsichtig in den Arm, um sie festzuhalten. Nicolaus wurde klar, dass man ihr etwas eingeflößt haben musste.
    Alles ging lautlos vor sich. Kaum saßen die beiden Frauen, setzte sich die Sänfte in Bewegung. Derweil schloss Josse leise hinter sich die Tür.
    Einer Sänfte mit zwei Frauen konnte Nicolaus bequem folgen. Die Träger schlugen die Rue Saint-Denis in Richtung Seine ein, hielten sich im tiefen Schatten des Châtelet und eilten dann fast lautlos über die Holzbrücke auf die Insel. Nicolaus schlich hinter ihnen her. Einmal versteckte er sich zwischen den jetzt verrammelten Buden der Geldwechsler, als sich einer der Männer umsah.
    Der königliche Palast war nicht das Ziel der Träger. Nicolaus vermutete bereits, dass sie über den Petit Pont auf die andere Flussseite wollten, als sie am Ende eines großen Platzes in eine der wenigen Gassen mit kleinen, schäbigen Häuschen eintauchten. Hier wohnten seit altersher die Diener und andere niedere Angehörige des Hofes.
    Die Sänfte wurde vor einem unscheinbaren Haus abgesetzt, aus dem im gleichen Augenblick eine ältere Matrone herauskam und das Türchen der Sänfte öffnete. Im Fackellicht eines der Träger halfen sie und Taleke einer taumelnden Person aus der Sänfte. Ihr verrutschtes Kopftuch gab Nicolaus den Blick auf ein blutjunges, totenbleiches Mädchen frei, das von den beiden Frauen in die Kate geleitet wurde.
    Nicolaus rieb sich frohlockend die Hände. Die Junge war die Fee, die Taleke in ihrem Zimmer beraten hatte, nachdem sie ihn fortgeschickt hatte. Diese Unverschämtheit brachte ihn jetzt noch zum Kochen. Aber im Augenblick war die Kleine wichtiger. Ein solches Gesicht gehörte nicht zur Tochter einer Dienerin! Und Jeanette, wie ein Mädchen vom Land, hieß sie auch nicht, da hätte er seinen Kopf dafür verwettet! Die war in einem der Paläste auf der Insel zu Hause.

Kapitel 18
    Nicolaus war zwei Tage lang besonders freundlich und aufmerksam zu Taleke, was sie zu schätzen wusste, vor allem, solange nicht klar war, ob Isabelles Plan aufgegangen war. Aber dort schien alles in Ordnung, andernfalls hätte sie sicher eine Nachricht bekommen.
    Umso verwunderter war sie, als Nicolaus am dritten Tag wieder einmal so erbost nach Hause kam, als würde er gleich wie ein aufgeblähter Tierkadaver in der Sonne platzen. Und Unrat verstreuen.
    »Was ist denn, Nicolaus?«, fragte Taleke so behutsam, wie sie es vermochte.
    Der Kadaver barst trotz ihrer Vorsicht.
    »Dieser Stallknecht ist gestorben, bevor ich den Medicus holen konnte«, brüllte Nicolaus und warf seinen Becher zum offenen Fenster hinaus. »Was fällt dem ein? Die Wunde war so gut wie verheilt! Ich habe ihn nach allen Regeln der Kunst behandelt, und trotzdem ist er jetzt tot!«
    Die Erkrankung hatte sich in seinen Körper verlagert, Taleke war sich ganz sicher, denn darauf wies das Fieber hin. »Hast du ihn noch lebend angetroffen?«
    »Ja, sicher. Die Wunde war zu, ich schwöre es. Natürlich war der Arm geschwollen und stank, das versteht sich. Und er knisterte ein wenig, wenn ich meinen Daumen auf die Haut setzte. Außerdem hatte der Junge Schmerzen am ganzen Körper und war sehr heiß. Das hat mit einem Hundebiss nichts zu tun.«
    »Ich habe gelesen, dass man solche Wunden offen halten soll …«
    »Willst du etwa mir die Schuld am Tod eines Stallknechts geben?«, brüllte Nicolaus noch lauter.
    »Nein.« Taleke sah ihn bedrückt an. »Aber es wäre sicher gut, Maître Josse zu fragen, ob das Knistern und Stinken bei solchen Verletzungen zur

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