Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)
zwei schwarzen Löchern geschmolzen. Sein Fleisch leuchtete so scharlachrot wie die Dämonen, die sich in den Fresken in der Kirche nebenan tummelten. Hier und dort zeugten weiße Narben von dem hoffnungslosen Versuch des Gewebes, sich selbst zu heilen. Seine Brust und seine Leistengegend waren am schwersten verbrannt, sein Rumpf mit Höckern trockenen Fleisches überzogen. Die Stelle, wo sich seine Männlichkeit befunden hatte, wurde gnädigerweise von dem Öl bedeckt, denn Valnetti, der in seinen Jahren als Arzt schon viel gesehen hatte, meinte, noch mehr Grauen nicht ertragen zu können. Die verbrannten Gliedmaßen ragten wie monströse Klauen aus dem Bad, die Finger und Zehen waren zu unnatürlichen Klumpen zusammengeschmolzen, die nicht Gottes Schöpfung entsprachen. Aber die schwarzen Augen glühten noch immer in dem kahlen roten Kopf. Augen, die eine so tiefe Schwärze aufwiesen, dass Valnetti meinte, in eine Seele gesogen zu werden, deren Finsternis ihn zurückschrecken ließ.
Die Zunge des Salamanders schnellte ständig vor, um die Krater zu befeuchten, die einst seine Lippen gewesen waren, doch diese Zunge war nicht fleischig und rosig, sondern schwarz und gegabelt wie das Ende eines Feuerhakens, was ihn noch reptilienhafter wirken ließ. Hier und da sprossen Haare auf dem verdorrten Fleisch, als wäre ein Truthahn nachlässig gerupft worden.
Der Mann hatte schwere Verbrennungen erlitten, so schwere, dass es an ein Wunder grenzte, dass er noch lebte.
Die Flamme schien die Kreatur auf irgendeine Weise aufzuwühlen, also löschte Valnetti erleichtert das Licht. Trotzdem sah er die grässliche Erscheinung noch immer vor sich, der Anblick hatte sich unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt.
»Helft«, sagte das Wesen in einem abscheulichen Knurrton. Das Wort wurde durch die verformte Zunge, die fehlenden Lippen und noch etwas anderes verzerrt, das tief in dem Mann, der er einst gewesen war, begraben lag: einen fremdländischen Akzent.
»Nun … ich würde sagen, Ihr habt bereits die richtigen Maßnahmen angewandt«, stammelte Valnetti. Wie immer, wenn er sich fürchtete, nahm er Zuflucht zu Schmeichelei. »Olivenöl ist bei Verbrennungen äußerst wirksam.« Seine Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren so dünn und hoch wie das Quieken einer Fledermaus. Er begann zurückzuweichen. Er würde bereitwillig auf seinen Lohn verzichten, wenn er nur diesen höllischen Ort verlassen konnte.
»Muss grüne Dame finden.« Die Kreatur im Dunkeln sprach stockend, aber verständlich.
Valnetti blieb stehen.
»Bringe … Tod.«
Valnettis kleine Äuglein leuchteten auf. War es möglich, dass der Salamander und er dasselbe Ziel verfolgten? »Sie ist diejenige, die Ihr sucht?«
»Reise.«
Valnetti musste sich Klarheit verschaffen. »Ihr sucht die grüne Dame, Ihr bringt Tod, und Ihr müsst so weit wiederhergestellt werden, dass Ihr zu ihr reisen könnt.«
Die Kreatur in dem Sitzbad nickte.
»Ihr verratet, ich töte Euch.«
Valnetti schnaubte, denn der Salamander konnte sich kaum aus seinem öligen Sumpf erheben. Doch die Kreatur zischte ihn aus dem Dunkel an, und in dem grässlichen Laut schwang etwas mit, was ihm das Lachen auf der Zunge ersterben ließ.
»Ich kann Euch helfen«, beteuerte er hastig. »Ich weiß, wo sie ist. Ich werde Euch eine Phiole Mohnsaft bringen, er wird während der Fahrt Eure Schmerzen lindern. Und ich kann Euch in einer Sänfte zum Kanal hinunterbringen lassen, wo ein Boot auf Euch warten wird. Aber es wird Euch«, er überlegte, wie hoch er seine Forderung schrauben konnte, »dreißig sultani kosten.«
Das Wesen nickte erneut.
Valnetti beugte sich eifrig so weit vor, wie er es wagte, um dem Salamander zu berichten, wo sich die Frau in Grün aufhielt. Es war so viel befriedigender, dieses Geschöpf seine Probleme lösen zu lassen. So viel bequemer, den Salamander auf die grüne Hexe zu hetzen und ihn ihr den Tod bringen zu lassen. So viel einfacher, als sich der nervenzermürbenden Prozedur zu unterziehen, Cason beim Consiglio della Sanità anzuklagen. Trotz der körperlichen Beeinträchtigungen des Salamanders hegte Valnetti keinen Zweifel daran, dass die Kreatur ihre Aufgabe zu Ende bringen würde, bevor sie sich gestattete zu sterben. Es war das Einzige, was diesen zerstörten Körper am Leben hielt.
Fast beschwingt verließ Valnetti das feuchte Haus, um die notwendigen Arrangements zu treffen. Der Salamander hatte ihm eine Möglichkeit geboten, Cason und seine Hexe zu
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