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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Kranken blieben im Tezon, ihre Familien in den kleinen Häusern, und beide Seiten durften unter keinen Umständen zusammentreffen. Nur Annibale in seiner Schutzkleidung war es gestattet, vom Tezon zu den Häusern zu gehen. All dies wurde aus der Cason-Schatulle finanziert, die sich in ihrem Versteck am Brunnen, wo der steinerne Löwe sie bewachte, rasch leerte.
    Jeden Tag hielt Annibale mit seiner Arbeit inne, stieg auf den torresin in der südwestlichen Ecke der Mauer und blickte über das Wasser nach Venedig hinüber. Wenn der Wind aus der richtigen Richtung wehte, konnte er das unaufhörliche Läuten der Pestglocken hören, die für die dahingegangenen Seelen schlugen. Die sechs Ärzte der sestieri verloren ihren Kampf. Durch seine Augengläser sah Venedig aus, als würde es in Flammen stehen.
    Annibale war sich seiner heiklen Situation bewusst. Er wusste, dass er eine Insel beschlagnahmt hatte, die Eigentum der Republik war, und er konnte nur darauf hoffen, dass der Rat sie ihm lassen würde, wenn sich seine Methoden als wirksam erwiesen hatten. Valnetti schätzte es nicht, wenn man ihm in die Quere kam, und er vermutete, dass der Arzt bereits beim Consiglio della Sanità vorstellig geworden war, um sich über Annibale zu beschweren. Und jeden Tag, wenn er durch seine roten Linsen auf das rötliche Meer hinaussah, rechnete er damit, dass jemand kommen würde, um ihm Einhalt zu gebieten.

18
    Cecilia Zabatini gewöhnte sich rasch an ihr neues Leben als Dienstmädchen im Haus des goldenen Zirkels.
    Innerhalb kurzer Zeit war sie mit dem hohen schmalen Haus mit den unzähligen Verbindungstreppen und Gängen vertraut. Sie gewöhnte sich an die Dunkelheit der Hinterzimmer und die gleißende Helligkeit der vorderen Salons, wo strahlendes Sonnenlicht durch das Glas der Fensterbögen fiel und bunte Regenbögen auf den Boden malte. Zu einer Seite des Hauses lag ein ruhiger Platz mit einem Brunnen in der Mitte. Hier war der Haupteingang für Besucher durch den Zirkel über der Tür kenntlich gemacht. An der Vorderseite, die auf den Kanal und das geschäftige Treiben darauf hinausging, gab es ein Wassertor, und hinter dem Haus befand sich ein kleiner schmutziger, noch von drei anderen großen Häusern umschlossener Hof. Dieser Hof diente als Sammelort für alle Abfälle des Hauses – hier endeten menschlicher Unrat und Küchenabfälle, um einmal in der Woche von den Mistsammlern abgeholt zu werden. Er verströmte einen fauligen Geruch, und das neue Dienstmädchen, das diesen Ort für gesundheitsschädlich hielt, mied ihn nach Möglichkeit.
    Die anderen Haushaltsmitglieder akzeptierten das hochgewachsene, stille Mädchen. Sie war intelligent und hilfsbereit, man musste ihr nicht sagen, was zu tun war, sondern sie ahnte, was anstand, bevor es ihr aufgetragen wurde. Sie waren freundlich zu Feyra, teils um ihrer selbst willen, teils, weil sie eine Sprachstörung hatte, und teils, weil sie unter dem Schutz ihres Onkels Zabato stand, eines Mannes, den sie mochten und respektierten und der überdies der beste Freund ihres Herrn war. Die zwei Lakaien waren noch aus einem weiteren Grund nett zu dem neuen Mädchen. Jeder Narr konnte sehen, wie hübsch sie war, auch wenn sie sich noch so große Mühe gab, dies zu verbergen.
    Der Köchin, die Corona Cucina gerufen wurde, weil sie, wie sie selbst prahlte, die unangefochtene Königin der Küche war, entging sehr wenig von dem, was sich in ihrem Reich abspielte. Sie bemerkte rasch die Blicke der Lakaien und beschloss, Abhilfe zu schaffen. Als Feyra am ersten Morgen nach unten kam, kitzelte sie sie sacht unter dem Kinn und schnalzte mit der Zunge. »Gesumaria, Herzchen, so wie du aussiehst, könntest du dich ohne weiteres auf die ponte delle tette stellen und den Männern deine Titten hinhalten. Ich werde ein Spitzentuch für diesen Ausschnitt suchen, und am besten auch noch einen langen Unterrock.«
    Die Köchin zog sie in eine Kammer im Keller, die Feyras eigener glich, und wühlte in ihren Schränken herum. Sie fand einen Unterrock, der dem Mädchen glücklicherweise fast bis zu den Knöcheln reichte. »Und hier«, Corona Cucina schlang Feyra einen Spitzenschal um die Schultern, hielt ihn mit einer fleischigen Hand zusammen und kramte mit der anderen in einer kleinen Schublade. »Ich bin sicher, dass ich irgendwo eine alte Brosche habe – ah, hier –, damit kannst du den Schal feststecken.«
    Die freundliche Köchin schob die Nadel der Brosche durch den Knoten, um den Schal am Kleid

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