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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Bürgerrecht erwirbst, dann kaufst du dich ein. Du musst Bürgergeld zahlen, dich an der Feuerbekämpfung beteiligen und ein Gelage ausrichten.« Dirck biss sich auf die Lippe. »Die Abgaben sind höher. Da wir als Weber in keiner Zunft sind, sind wir nicht verpflichtet, Bürger zu werden. Das ärgert die Stadt.«
    »Ja, und deshalb ärgern sie uns«, sagte Jan leise. »Immer mehr Stimmen werden laut, uns aus Krefeld zu verjagen.«
    Noch bevor Margaretha weitere Fragen stellen konnte, rief Gretje sie. Das Fest nahm seinen Lauf. Ein Teil der Gäste reiste in der Dämmerung ab, der andere Teil blieb auf dem Hof. Die Kinder bezogen juchzend den Heuschober, die Erwachsenen die Zimmer und Quartiere. Nur die Gruppe Männer blieb bis spät in die Nacht am heruntergebrannten Feuer sitzen und diskutierte.
    Auch Hermann und seine Frau Esther reisten zurück in die Stadt, während die Familie auf dem Hof blieb. Das Brautpaar wollte die erste Nacht alleine verbringen.
    Margaretha würde sich immer an dieses sonnige und schöne Fest erinnern. Danach, so schien es ihr, zogen die dunklen Wolken der Bedrohung auf, die sich schon angekündigt hatten.

Kapitel 17
    Am 10. August schloss Frankreich mit der Republik der sieben vereinigten Niederlande in Nimwegen einen ersten Friedensvertrag. Am 17. September wurde in Nimwegen ein weiterer Friedensvertrag unterzeichnet, diesmal auch mit Spanien. Der Holländische Krieg galt als beendet. In Krefeld wurde diese Nachricht bejubelt. Viele Leute versammelten sich auf dem Schwanenmarkt, es wurde gefeiert und getrunken. Die Mennoniten trafen sich in Selbachs Scheune und dankten Gott.
    »Jetzt sollte für uns alles besser werden«, sagte Isaak froh. Doch er täuschte sich. Die Grenzen für den Handel öffneten sich zwar, aber der Handel zwischen den Niederlanden und Frankreich florierte bald. Die niederländischen Weber boten minderwertiges Tuch an und konnten den Preis deutlich drücken. Schon bald hatten die Krefelder Weber unter dieser Entwicklung zu leiden.
    Auch der nächste Winter brach früh herein. Durch den nassen Frühling und Sommer war viel der Ernte auf den Feldern verfault. Die Preise für Lebensmittel stiegen. Im Herbst hatten Gretje und Margaretha alle Hände voll zu tun. Doch Freude und Trauer gingen in diesem Jahr Hand in Hand. Viele der Mütter waren geschwächt und unterernährt. Etliche Kinder wurden zu früh oder tot geboren, viele Säuglinge starben in den ersten Wochen. Ein böses Lungenfieber verbreitete sich in der Neuen Stadt, dem Viertel der Armen und Ärmsten. Obwohl sie fast Tag und Nacht auf den Beinen waren, Arzneien, Tinkturen, kräftigende Suppen und auch Trost spendeten, konnten sie nicht viel erreichen. Der Totengräber fuhr jeden Tag mit seinem Karren durch die Stadt und sammelte die Leichen ein.
    Das Weihnachtsfest verbrachte die Familie op den Graeff in aller Stille. Nur das Glück von Esther und Hermann brachte ihnen in dieser dunklen und erschreckenden Zeit Freude.
    In der Neujahrsnacht überließen die Mennoniten den reformierten und katholischen jungen Leuten den Brummtopflauf. Sie waren sehr darum bemüht, kein weiteres Aufsehen zu erregen und Missfallen auszulösen.
    »Ich habe es schon wieder gehört«, sagte Dirck, als er in die Stube trat, und schüttelte den Schnee von seinem Hut.
    Margaretha saß auf einem Kissen vor dem Kamin, Jonkie hatte den Kopf in ihren Schoß gelegt und ließ sich kraulen. Isaak und Hermann studierten die Journale, Abraham half der Mutter, Holz hereinzuholen. Das Jahr hatte mit starkem Frost begonnen, doch nun schneite es seit zwei Tagen ununterbrochen. Dicke Flocken fielen aus den tief hängenden Wolken.
    »Wo?« Isaak sah seinen jüngsten Sohn besorgt an.
    »Auf dem Schwanenmarkt. Diesmal war einer der Schöffen dabei. Bisher wurden die bösen Gerüchte nur von den alten Marktweibern verbreitet, aber nun diskutieren erwachsene Männer öffentlich darüber, dass das Lungenfieber eine Strafe Gottes für die Mennoniten ist und dass die Stadt mitbestraft wird.«
    »Komm, leg deinen Mantel ab, trink einen Becher Würzwein und setz dich, Zoon.« Gretje reichte ihm den Becher und nahm ihm den Mantel ab. »Und dann erzähl in Ruhe, was du gehört hast.«
    Doch Dirck war zu erregt, er lief durch die Stube, schnaufte. »Sie standen am Brunnen und unterhielten sich lauthals. Kein heimliches Geflüster in dunklen Ecken, nein. Es wurde von einer Abordnung gesprochen, die zum Grafen von Moers reisen und die Vertreibung der Mennoniten

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