Die Heilerin
sie wieder zurück in die Stadt.
Viele hatten Essen und Getränke mitgebracht, in der Küche stapelten sich die Braten, Pasteten, Bierfässer und Weinkrüge. Im Ofen buk Brot, und in den Töpfen köchelten Suppe und Eintopf.
Gretje nahm die Beileidsbekundungen entgegen, bot Getränke und Speisen an. Doch sie ließ sich nicht auf Gespräche ein. Mit Sorge betrachteten die Geschwister ihre Mutter.
»Wird sie wieder so werden wie nach Evas Tod?«, fragte Dirck besorgt.
»Das glaube ich nicht.« Abraham schüttelte den Kopf, doch auch er sah bekümmert zur Mutter.
»Die Zeit wird es zeigen«, sagte Margaretha, schob sich an den Brüdern vorbei und holte weiteres Brot aus dem Ofen.
Der Tag zog sich lange hin, viele Leute hatten Isaak gekannt und gemocht und trauerten nun um ihn. Margaretha und Rebecca hatten so viel zu tun, dass sie gar nicht zum Nachdenken kamen, Esther half ihnen, so gut sie es vermochte. Sie fand für jeden ein freundliches Wort, und dafür bewunderte Margaretha sie. Catharina jedoch saß seufzend und klagend in der Stube.
Sie will gar nicht wirklich dazugehören, dachte Margaretha, oder sie scheut die Arbeit. Für den letzten Gedanken schämte sie sich.
Schließlich war der letzte Gast gegangen, und sie räumten müde auf. Auch Gretje half. Sie verstauten die übrig gebliebenen Speisen im Keller oder der Vorratskammer, spülten Teller und Becher. Die Männer brachten Tische und Stühle wieder in das Nachbarhaus, räumten geliehene Bänke in den Hof.Schließlich war alles getan. Nach und nach gingen sie in ihre Kammern. Übrig blieben nur Gretje und Margaretha.
Unsicher sah Gretje sich um. »Der Brotteig für morgen …«
»Ist schon vorbereitet, Moedertje.« Margaretha seufzte leise. Sie verstand ihre Mutter. Gretje hatte Angst, nach oben zu gehen und in ihrer nun einsamen Kammer alleine zu schlafen. »Komm, wir trinken noch einen deiner Kräuterliköre. Ich weiß auch schon, welchen.« Zielsicher holte sie die Flasche mit Anis, Baldrian und Johanniskraut hervor, schenkte beiden ein. »Setz dich, Moedertje. Ich habe heute nachgedacht. Bald bekommen Hermann und Esther ihr zweites Kind, Esthers Bauch steht schon tief, lange kann es nicht mehr dauern. Abraham und Catharina werden ihr erstes Kind bekommen. Beide Familien wohnen dort drüben im Nebenhaus. Und dort stehen auch die Webstühle. Es ist laut und unruhig, manchmal hektisch. Kein guter Ort für viele Kinder. Auch glaube ich nicht, dass es auf Dauer gutgeht, wenn Esther und Catharina sich einen Haushalt teilen.«
»Da magst du recht haben.« Gretje nippte an dem Becher mit Likör. Sie lächelte. »Baldrian und Johanniskraut? Ach, Meisje, du hast dein Handwerk gut gelernt.«
Beschämt senkte Margaretha den Kopf. »Ich wollte nur … helfen.«
»Und du hast genau das Richtige gewählt. Baldrian beruhigt, und Johanniskraut hilft gegen düstere Gedanken. Das war eine gute Wahl.« Gretje nickte. »Und auch deine anderen Gedanken sind nicht verkehrt.« Sie seufzte. »Ich liebe euch alle, alle meine Kinder. Gott hat euch so gemacht, wie ihr seid. Jeder von euch hat gute und weniger gute Seiten, so wie ich auch. Wir sind Menschen. Ich habe darüber lange nachgedacht und auch mit eurem Vater darüber gesprochen.« Sie hielt inne, Tränen stiegen ihr in die Augen. »Gott habe ihn selig und möge es ihm nun besser ergehen.« Sie schluckte.
»Vater muss nicht mehr leiden, Moedertje.«
»Nein, das muss er nun nicht mehr.« Gretje holte tief Luft.Dann sah sie zu ihrer Tochter. »Was hältst du von Esther und Catharina?«
»Bitte?« Margaretha schnaufte kurz, dann lächelte sie. »Ich mag Esther. Ich mag sie sogar sehr. Am Anfang fand ich sie schwierig, aber sie hatte einfach nur Angst. Angst vor dir, dann Angst vor der Schwangerschaft und Geburt. Sie hat sich gefangen. Ich mag ihren Humor, ihre offene Art. Sie ist die Schwägerin, die ich mir gewünscht habe.«
Gretje nickte und lächelte schwach. »Und Catharina?«
Margaretha stand auf, ging zur Tür, dort lag Jonkie, sie streichelte den Hund, kehrte nachdenklich zum Tisch zurück. »Catharina ist eine gebildete Frau. Sie liebt Abraham und teilt seinen Glauben bedingungslos.« Margaretha setzte sich wieder, schenkte ihrer Mutter und sich noch einmal nach. Dann zuckte sie mit den Schultern.
»Nun sag schon, was denkst du von ihr?«, fragte Gretje leise.
»Ich bin mir nicht sicher.«
Gretje lachte leise. »Du bist lieb, Margret. Manchmal bist du zu lieb. Ich möchte Catharina mögen. Ich
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