Die Heilerin
Esther.
Margaretha schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, befürchte aber, dass sie Liebeskummer hat.«
»O je. Wer ist denn der Auserwählte?« Esther schaute ihre Schwägerin an, dann hob sie plötzlich die Hände. »Doch wohl nicht Dirck?«
»Ich fürchte schon.«
Die beiden sahen sich an und seufzten.
»Sie wird schon wieder darüber hinwegkommen.«
Margaretha holte die Pastete aus dem Ofen, ein köstlicher Duft zog durch die Küche. Das Geklapper der Webstühle war verstummt, und Hermann betrat die Küche. Er nickte den beiden zu und ging nach oben, um sich zu waschen und umzuziehen.
Catharina kam zusammen mit dem Gast in die Küche. Die beiden schienen in ein angeregtes Gespräch vertieft zu sein. Pastorius rückte ihr den Stuhl zurecht, und sie setzte sich, ohne ihre beiden Schwägerinnen anzusehen.
»Nun dann sind die Rollen ja geklärt«, murmelte Margaretha. Esther stieß sie in die Seite und grinste verschmitzt.
»Magst du einen Becher Rotwein, Catharina?«
Die Schwägerin nickte. Esther nahm den Krug und trat einen Schritt nach vorne, sie strauchelte und goss Catharina den Wein über den Rock. Erschrocken schlug Esther die Hand vor den Mund. »Das tut mir leid. Wie dumm von mir …«
Catharina sprang auf. Ein dunkelroter Fleck verlief über ihren Schoß bis hin zu den Knien.
Sie schnaubte wütend auf. »Ich werde mich umziehen müssen.«
»Ja, das wirst du wohl. Sieht aus, als wäre es Blut. Hoffentlich können wir das wieder auswaschen, wäre so schade um das Kleid«, sagte Margaretha bedauernd. »Du solltest Salz auf den Fleck geben und es dann in kaltem Wasser einweichen.«
Catharina verließ die Küche, ohne zu antworten. Esther biss sich auf die Lippen, aber Margaretha entging das fröhliche Funkeln in ihren Augen nicht.
»Mögt Ihr einen Becher Wein, Mijnheer? Ich verspreche auch, ganz vorsichtig zu sein, um nicht zu kleckern.«
»Ich nehme gerne einen Becher Wein«, sagte Franz Daniel Pastorius und rückte ein wenig vom Tisch ab, als Esther zu ihm trat.
Margaretha lachte leise. »Keine Sorge, für gewöhnlich ist sie nicht so ungeschickt. War das Bad zu Eurer Zufriedenheit? Ist das Zimmer in Ordnung?« Sie stellte Brot und Butter auf den Tisch. »Bedient Euch.«
Pastorius lächelte. »Das Bad war wunderbar, und das Zimmer ist es auch. Euer Wein ist köstlich, es duftet aromatisch. Ich weiß nicht, wo ich mich das letzte Mal so wohlgefühlt habe.«
»Das klingt gut«, sagte Hermann, der gerade die Küche betrat. »Ich versichere Euch, auch das Essen wird Euch schmecken.« Er nahm sich einen Becher Wein und prostete dem Gast zu. »Willkommen in Krefeld, Mijnheer Pastorius.«
Kapitel 22
Margaretha brachte Rebecca eine Schale Brühe. Das Mädchen hatte sich auf dem Bett zusammengerollt und schlief. Einen Augenblick überlegte Margaretha, ob sie es wecken sollte, doch dann ließ sie Rebecca schlafen.
Sie saßen gerade am Tisch, als Gretje nach Hause kam. Überrascht begrüßte sie den Gast. Gretje wirkte abgespanntund müde. Margaretha gab ihr einen Becher Wein und sah sie fragend an. Gretje schüttelte nur den Kopf.
»Es gibt Komplikationen. Ich glaube nicht, dass die Frau das Wochenbett überlebt«, sagte Gretje leise.
»Wie furchtbar.«
»Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht. Nun liegt es an Gott und an ihr, ob sie wieder zu Kräften kommt.« Gretje nippte an dem Wein, sah sich um. »Wo ist Dirck?«
»Ausgeritten.«
»Weiß er nicht, dass wir einen Gast haben?«
»Doch, schon. Ich bin mir sicher, dass er bald zurückkehren wird.«
Nach dem Essen gingen die Männer in die Stube, um eine Pfeife zu rauchen. Gretje holte einige Kräuter und Tinkturen und ging wieder zu der Wöchnerin. Gerade als Margaretha die letzten Teller gespült hatte, kam Dirck aus dem Hof in die Küche.
»Ich komme zu spät«, sagte er leise und bedrückt. »Das tut mir leid.«
»Setz dich, ich habe dir etwas aufgehoben.« Margaretha gab ihm Wein und Brühe, schnitt ein paar Scheiben vom Braten ab und holte einen Rest Brot und Butter aus der Vorratskammer. »Was war denn los?«
Dirck nahm das Brot und biss ab, er kaute bedächtig. »Es ist schwer zu erklären«, sagte er dann.
»Du könntest es ja wenigstens probieren.«
»Ach, Margret, nicht heute.« Er seufzte.
»Rebecca ist schon zu Bett gegangen«, sagte sie leise, doch er ging nicht weiter darauf ein. Schweigend beendete er das Mahl und ging dann zu den Männern in die Stube. Margaretha knetete nachdenklich den Brotteig für
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