Die Heilerin
überzogen.
»Das nennt man Mais«, sagte die Frau. »Man kann es kochen und essen, es schmeckt sehr gut und gibt Kraft. Und dieseKnollen hier, die kann man auch kochen. Sie sind ein wenig wie Äpfel, aber nicht ganz so weich und süß. Wir nennen sie Erdäpfel.«
»Darf ich?« Margaretha streckte vorsichtig die Hand aus. Die Frau nickte ihr aufmunternd zu. Der Mais war hart und fest, sie konnte sich nicht vorstellen, dass man das wirklich essen konnte.
»Ihr seid die neuen Siedler, nicht wahr?«, fragte die Frau.
»Ja, wir sind gestern angekommen.«
»Die ganze Stadt spricht davon. Viele seid ihr, sagt man.«
»Dreizehn Familien.« Margaretha lächelte. »Wir hoffen, schnell Unterkünfte bauen zu können.« In diesem Moment sah sie die Brüder und Pastorius aus Penns Haus treten.
»Das ging ja schnell«, murmelte sie und legte die Frucht zurück in den Korb.
»Nehmt sie mit und probiert sie. Sie muss nur lange kochen, wenn die Körner weich sind, kann man sie abnagen«, sagte die Frau freundlich.
Margaretha bedankte sich und ging dann zu ihren Brüdern. Hermann starrte zu Boden, die Luft zwischen den Männern schien zu knistern.
»Und?« Margaretha traute sich kaum zu fragen.
»Er hat uns nicht empfangen«, sagte Pastorius leise. »Wir sollen morgen wiederkommen.«
Erstaunt sah Margaretha ihn an.
»Mit dem Schiff sind auch Depeschen aus London gekommen. Damit wird er beschäftigt sein«, versuchte Pastorius zu erklären. »Habt Ihr Euch ein wenig umgeschaut?«
Margaretha hielt ihm den Maiskolben hin. »Dies soll eine essbare Frucht sein. Sie muss allerdings gekocht werden.«
»Das ist Mais. Die Wilden zerstampfen die Körner zu Mehl und backen daraus flache Brote. Man kann es aber auch kochen, es schmeckt ungewohnt, aber nicht schlecht.«
»Aber Kohl gibt es auch, habe ich gesehen, Wurzeln und Zwiebeln.«
»Ja, allerdings ist das Angebot nicht so reichlich, und die Preise sind hoch.«
»Wunderbar«, sagte Hermann ärgerlich. »Es gibt zwar Nahrung, aber nicht viel und dann teuer. Wir haben noch kein Land, können nichts tun, als zu warten. Es ist schon Oktober, uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«
»Guter Mijnheer op den Graeff, es handelt sich doch nur um einen Tag. Die Zeit könnt Ihr gut nutzen, denn sicherlich braucht Ihr noch Werkzeug und allerlei andere Dinge. Sucht die Händler und Handwerker auf, erkundet das Umland …«
»Schon recht, Mijnheer Pastorius. Wir wissen sehr wohl, was wir zu tun haben.« Er drehte sich um und stapfte davon, Abraham folgte ihm. Bedrückt sah Margaretha den Brüdern hinterher, unschlüssig, wie sie sich verhalten sollte.
»Ich kann Eure Brüder verstehen, Margret. Mich hat es auch verärgert, so abgewiesen worden zu sein. Aber es lässt sich nicht ändern.« Er hielt inne, schien zu überlegen. »Mögt ihr mit mir durch den Ort gehen?«
Margaretha schaute Rebecca an, diese nickte freudig. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur anderen Seite der Ortschaft, Jonkie folgte ihnen, schnupperte eifrig. Auch hier gab es Handwerk – einen Seiler, einen Korbflechter, es gab kleine Läden, in denen man Pulver und Blei erstehen konnte, Ton- und gusseiserne Waren wurden feilgeboten. Mit großen Augen schaute Margaretha in die Auslagen. Nach Rotterdam und London erschienen die Angebote spärlich, außerdem vermisste sie einen Gewürz- und Kräuterhändler. Und doch war sie froh, zu sehen, dass es überhaupt Waren gab. Obwohl sie einiges mitgebracht hatten, mussten sie doch etliche Sachen kaufen. Möbel und Häuser mussten gebaut werden, dafür würden sie Werkzeug und Nägel brauchen. Auch einen Küfer gab es, stellte sie erleichtert fest. Sie erreichten das Ende des Ortes, hier wurden ebenso neue Häuser errichtet wie auf der anderen Seite. Die Straße führte schnurgerade durch den Ort, die Häuserlagen rechts und links davon, nur wenige Seitenstraßen schien es zu geben.
Ein stechender Geruch kam ihnen entgegen, Margaretha rümpfte angewidert die Nase. »Was ist das?«
»Da vorne ist die Gerberei, da werden die Pelze gegerbt, Leder verarbeitet. Auch die Gedärme werden dort ausgewaschen und auf Rahmen gespannt. Es gibt zwar schon eine Glashütte, aber mancher Siedler kann sich noch keine Fensterscheiben leisten.«
»Es riecht ähnlich schlimm wie eine Bleiche«, sagte Rebecca.
»Das ist richtig«, stimmte Pastorius ihr zu. »Aber eine Bleiche gibt es noch nicht. Bisher fehlten die Weber.«
»Wächst hier denn Flachs?«, wollte Margaretha wissen.
»Die Frage
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