Die Heilerin
hatte sie das Unterholz neben dem Pfad in Augenschein genommen, so manche Pflanze entdeckt, die ihr vertraut war, aber auch unbekannte Sträucher und Gewächse. Sie war gespannt, was es noch alles zu entdecken gab.
Schon am nächsten Morgen machten sich die Siedler auf den Weg, um die neue Umgebung zu erkunden. Philadelphia bestand aus nur wenigen Straßen, die zum größten Teil ungepflastert waren. Holzbohlen bildeten Fußwege, von Fuhrwerken tief zerfurcht waren die unbefestigten Straßen. Am Ortsrand standen die Holzhütten, die sie bei ihrer Ankunft so erschreckt hatten. Hinter den Hütten gab es kleine Gärten, doch Margaretha konnte einen Hof außerhalb der Ortsgrenze ausmachen. Rund um die wachsende Stadt gab es sicherlich noch mehr Gehöfte und vielleicht auch die Möglichkeit, dort Vorräte zu erwerben.
Doch bevor sie das herausfinden konnten, mussten sie zuerst das Gespräch mit Penn suchen. Hermann und Abrahammachten sich auf, um Pastorius zu treffen. Margaretha und Rebecca begleiteten sie.
An den Hütten waren Holzgestelle aufgebaut, auf denen Fleischstreifen und Fisch trockneten. Hunderte von Fliegen umschwirrten diese Gestelle. Rebecca schüttelte entsetzt den Kopf.
»Das ist ja widerlich«, murmelte sie leise.
»Wir haben in Krefeld Stockfisch gekauft. Was glaubst du, wie er getrocknet ist?«, fragte Margaretha sie belustigt, dann pfiff sie Jonkie herbei, die den Geruch alles andere als widerlich zu finden schien.
Neue, größere Häuser wurden am Ortsrand gebaut. Dunkle Steine bildeten das Fundament, darauf wurde Fachwerk gesetzt. Das quietschende Sirren der großen Sägen, die jeweils von zwei Männern durch die Baumstämme gezogen wurden, erfüllte die Luft. Rebecca wollte stehen bleiben, doch Margaretha zog sie weiter. Sie kamen an einer Schmiede vorbei, aus der das Dröhnen der Hämmer klang.
War die Luft am Delaware frisch und rein gewesen, so drangen nun mannigfaltige Gerüche zu ihnen. Der Qualm der Holzfeuer lag in der Luft, irgendwo wurde Brot gebacken, Fleisch gebraten. Immer wieder streckte Jonkie den Kopf nach oben und schnupperte.
»Beim Schmied können wir nachher fragen, wo man Waffen herbekommt«, sagte Hermann. An Bord der »Concord« hatten sie den Umgang mit Musketen und Pistolen erlernt, sich im scharfen Schuss geübt. Einige der Männer lehnten den Waffengebrauch ab, doch der Kapitän und auch Sir Claypoole machten ihnen klar, dass sie Waffen brauchen würden – zur Jagd und auch zur Verteidigung gegen Raubtiere. Margaretha konnte sich noch gut an den beißenden Geruch des Schießpulvers und das Knallen der Schüsse erinnern. Sie hatte das Treiben nachdenklich verfolgt, war aber nun bei dem Anblick der dichten Wälder beruhigt, dass die Brüder wenigstens etwas Übung im Umgang mit Waffen erlangt hatten.
Je näher sie dem Mittelpunkt des Dorfes kamen, umso dichter standen die zwei- und dreigeschossigen Häuser. Sie waren aus Steinquadern und Fachwerk erbaut, die Dächer waren mit Holzschindeln gedeckt.
In einem Hof sahen sie zwei Frauen, die Fleischreste von Tierhäuten schabten, auch hier schwirrten Fliegenschwärme um sie herum. Der Gestank lag wie eine Glocke über dem Hof. Margaretha verzog das Gesicht, ging schnell weiter. Ein Fleischer zerlegte ein Stück Wildbret, Blut tropfte zu Boden, und sie war versucht, ihn zu fragen, warum er es nicht auffing und Blutsuppe daraus kochte. Doch ihre Brüder waren schon vorausgeeilt, so dass sie Mühe hatte, sie einzuholen.
Überall herrschte Betriebsamkeit, Händler hatten ihre Waren – zumeist Pelze und Häute von fremd wirkenden Tieren – ausgebreitet, es gab Pulver und Blei, Handwerkszeug und andere Waren zu kaufen. Die neuen Siedler wurden freundlich, aber zurückhaltend gegrüßt.
Schließlich gelangten sie zu einem Platz, der von Pfirsich- und Apfelbäumen umstanden war, wo Pastorius schon auf sie wartete. Er zeigte zu einem imposanten dreigeschossigen Steinhaus. »Dort wohnt William Penn. Ich hoffe, er empfängt uns.«
Hermann zog verblüfft die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts.
»Wartet hier auf uns!«, wies Abraham die beiden Frauen an und folgte seinem Bruder und Pastorius, die zu Penns Haus eilten.
Im Schatten der Bäume saßen einige Frauen mit großen Körben voller Gemüse, das sie zum Kauf feilboten. Neugierig näherte sich Margaretha ihnen, um die Erzeugnisse zu begutachten. Es gab Wurzeln und Möhren, aber auch dicke Knollen und seltsame Früchte, die aussahen, als wären sie mit Perlen
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