Die Heilerin
Braten. Hirsche gibt es hier und auch Wildschweine. Enten und Wildgänse. Irgendetwas werde ich schon treffen.«
»Und falls du doch nichts erlegst, vielleicht habe ich ja mehr Glück.« Rebecca hatte eine Frau kennengelernt, die im Delaware Reusen legte. Sie hatte sich alles genau angeschaut und den ganzen Tag damit verbracht, aus Weidenruten und Schnüren eine Reuse zu knüpfen. Ganz zufrieden war sie mitihrem Werk noch nicht, aber dennoch wollte sie es am nächsten Tag versuchen. »Fische und Krebse gibt es auch in Hülle und Fülle.«
»Zum Glück«, murmelte Margaretha. »Aber auch die muss man erst einmal fangen.«
Die anderen Siedler knüpften ebenfalls fleißig neue Kontakte, ließen sich von den erfahrenen Siedlern im Fischfang und der Jagd unterweisen. Sie schauten sich an, wie die Häuser gebaut wurden und welche Möglichkeit der Werkzeugherstellung es gab.
Die Krefelder waren wissbegierig und willig, Neues zu lernen. Aber die schwebende Landnahme trübte ihre Stimmung. Auch waren sie es leid, in der behelfsmäßigen Unterkunft zu hausen. Die Enge und Nähe brachten Spannungen mit sich. Lange würde das nicht mehr gut gehen, fürchtete Margaretha.
Endlich empfing William Penn Hermann, Abraham und Pastorius.
Penn war reserviert und wollte die Verträge nicht akzeptieren. Die Vereinbarungen wären nach seiner Abreise gemacht worden und somit nicht gültig.
»Mijnheer Penn, das ist so nicht richtig«, sagte Pastorius und bemühte sich darum, freundlich zu bleiben. »Im April war ich in Krefeld und habe Euch von dort aus geschrieben. Damals waren die Bücher noch offen.«
»Nein, ich hatte der Frankfurter Land Compagnie Grund und Boden angeboten. Nicht einer Gruppe aus Krefeld.« Penn blieb missmutig und zurückhaltend.
»So geht das nicht«, murmelte Hermann. »Wir sind mit Verträgen hierher gekommen. Wir haben das Land bezahlt. Die Verträge wurden in Rotterdam unterzeichnet und beglaubigt. Warum sollen sie auf einmal nicht mehr gültig sein?«
Pastorius sah ihn beschwichtigend an. »Mijnheer Penn, Ihr wolltet gottesfürchtige und ehrbare Siedler für Euer Land. Die Krefelder erfüllen diese Bedingungen. Es sind gläubige, ernsthafteund kräftige Leute. Eine wahre Bereicherung für Pennsylvania.«
Noch eine Weile diskutierten sie, schließlich stand Penn auf.
»Mijnheeren, lasst mich eine Nacht darüber schlafen. Ganz sicher werden wir einen für uns alle erträglichen Vergleich finden.« Er wandte sich um und ging.
Verblüfft sahen die Siedler ihm hinterher.
»Einen erträglichen Vergleich?« Hermann sprang wütend auf. »Was meint dieser Herr damit? Er lockt uns in dies Land, und auf einmal sind alle Versprechen null und nichtig?«
»Mijnheer Pastorius«, sagte Abraham leise, aber bedrohlich, »was werdet Ihr tun, wenn Penn uns kein Land gibt? Wir können nicht zurück. Ihr habt uns hierher gebracht.«
Pastorius schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass Mijnheer Penn Euch das Land verweigern wird. Mit aller Macht werde ich mich für Euch einsetzen.«
Auch die anderen Siedler waren betroffen, als sie das Ergebnis der Unterredung erfuhren. Inzwischen war der Oktober weit fortgeschritten. Es wurde von Tag zu Tag kälter, Nieselregen hatte eingesetzt.
Gretje erhob sich kaum noch von ihrem Lager, obwohl Margaretha ihr jeden Tag kräftigende Aufgüsse kochte und Umschläge bereitete.
»Was wird nun aus uns?«, fragte sie Hermann leise.
»Das kann ich dir nicht sagen, Hartje«, antwortete er mürrisch und warf einen wütenden Blick zu Pastorius. »Auf jeden Fall werde ich die Situation nicht länger so hinnehmen. Morgen muss eine Entscheidung fallen.«
»Und wenn sie nicht zu unseren Gunsten ausfällt?«
»Das Land ist groß. Wir werden einfach weiterziehen und woanders siedeln.«
Franz Daniel Pastorius bemerkte das Misstrauen und die Feindseligkeit, die ihm plötzlich entgegen gebracht wurden.Er verabschiedete sich und ging langsam zurück in die Ortschaft. Margaretha folgte ihm. »Mijnheer Pastorius, wartet.«
Er blieb stehen, drehte sich zu ihr um. »Mijnheer?«, fragte er und zog die Augenbrauen hoch. »Bin ich jetzt auch von Euch degradiert worden?«
»Nein, Franz Daniel, entschuldigt.« Sie blieb stehen, lächelte unsicher. Dann wurde ihre Miene wieder ernst. »Ich mache mir Sorgen.«
»Nicht nur Ihr, Margret, alle anderen ebenfalls. Ich desgleichen. Ich bin besorgt und wütend. Nie hätte ich gedacht, dass wir hier solche Schwierigkeiten haben werden. Ich fühle mich
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