Die Heilerin
diesem Abend summten die Stimmen um die Feuerstellen. Viele neue Eindrücke bewegten die Siedler und hielten sie vom Schlaf ab. Margaretha sortierte die Kräuter und Pflanzen, die sie gesammelt hatte, prüfte ihre Vorräte. Noch war es nicht richtig kalt, aber der Winter würde kommen und mit ihm die Krankheiten. Viele der Siedler waren durch die Überfahrt geschwächt. Dass sie hier noch keine richtige Unterkunft hatten, machte es nicht besser.
Kapitel 28
Auch in den nächsten Tagen empfing William Penn die Siedler nicht. Hermann und Abraham wurden immer missmutiger, auch Pastorius quälte die Unsicherheit. Mehrfach versuchte er, bei Penn vorzusprechen, kehrte jedoch jedes Mal unverrichteter Dinge zurück.
»Wir haben das Land gekauft und dafür bezahlt«, sagte Hermann wütend. »Wir haben die unterzeichneten Verträge. Wenn Penn nicht bald mit uns spricht, müssen wir uns eigenständig Land suchen.«
»Ob das so eine gute Idee ist?« Abraham stopfte sich eine Pfeife, streckte die Füße dem Feuer entgegen. Sie saßen aufden Kisten, in denen ihre Habe verstaut war. »Wir wollen unser Leben hier nicht mit Zwist beginnen.«
»Sicherlich wollen wir das nicht, Broedertje, aber wie lange will uns Penn noch hinhalten? Ich verstehe es nicht. Mijnheer Pastorius, Ihr habt ihn doch schon getroffen. Ist er kein umgänglicher Mensch?«
Auch Pastorius nahm seine Pfeife, stopfte sie umständlich und langsam. »Ich habe Penn getroffen. Mehrfach durfte ich bei ihm speisen. Er erschien mir sehr umgänglich, ein höflicher, aber auch nachdenklicher Mensch.« Er räusperte sich. »Möglicherweise ist er aber enttäuscht, dass Ihr statt der Mitglieder der Frankfurter Land Compagnie hierher gekommen seid.«
»Aber wieso? Wir sind im rechten Glauben hierher gekommen. Wir haben das Land bezahlt. Er hat es doch zum Verkauf angeboten.« Hermann rieb sich über das Gesicht. »Er sollte doch froh sein, dass wir hier siedeln wollen.«
»Vielleicht hat er Angst. Er hat nicht mit so einer großen Gruppe aus einem Ort gerechnet. Ihr könntet euch zusammentun und gegen ihn intervenieren.«
»Onzin, uns steht nicht der Sinn nach politischen Aktivitäten. Alles, was wir wollen, ist, hier in Ruhe und Frieden zu leben. Vereint durch unseren Glauben.«
»Das weiß ich, Mijnheer op den Graeff, und ich werde Penn das auch vermitteln. Aber er hat in England schlechte Erfahrungen gemacht. Möglicherweise ist er deshalb misstrauisch.« Pastorius zog an seiner Pfeife. »Das sind allerdings nur Annahmen. Was ihn wirklich bewegt, weiß ich nicht. Es macht mich jedoch auch unruhig.«
»Liever Hemel, wir werden doch jetzt nicht aus politischen Gründen hier scheitern«, sagte Abraham besorgt. »Penn kann uns am ausgestreckten Arm verhungern lassen, er sitzt im Warmen und Trockenen, und wir haben das Nachsehen.« Er stand auf und ging ein paar Schritte.
Margaretha hörte den Brüdern zu, während sie einen Aufgussaus Eichenrinde bereitete. Der Husten der Mutter wurde immer schlimmer, sie sorgte sich sehr um Gretje. Jonkie lag zu ihren Füßen, hob nur ab und an schnuppernd den Kopf. Schon zwei Kaninchen hatte sie erlegt, eine willkommene Bereicherung der ansonsten sehr kargen Küche. Da die Nahrungsmittel teuer waren, hatte Margaretha die Vorräte erneut geprüft und eingeteilt. Zwar gingen sie nun jeden Tag in die umliegenden Wälder und sammelten Früchte und Kräuter, doch auf Dauer würde das nicht ausreichen.
Einige der Siedler, darunter auch Dirck, hatten sich den Jägern des Ortes angeschlossen. Obwohl sie an Bord an Schießübungen teilgenommen hatten, war keiner von ihnen sicher im Umgang mit der Waffe. Schon am zweiten Tag hatte Hermann zwei Musketen und eine Pistole sowie Blei und Pulver erstanden. Er schärfte Dirck ein, sorgsam mit den Waffen und der Munition umzugehen.
Bisher hatte niemand von ihnen etwas erlegt, sie begleiteten die Jäger nur, hörten zu und beobachteten. Doch Dirck war voller Begeisterung und schwärmte von den reichen Wildbeständen. »An Wildbret wird es uns nicht mangeln, Zusje«, sagte er zu Margaretha. »Die Wälder sind voll davon.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das Wild direkt vor deine Muskete stellt«, neckte Rebecca ihn.
»Man muss Geduld haben, das ist richtig. Und ein wenig Glück. Das Schießen scheint mir nicht so schwierig zu sein.«
»Hast du es schon ausprobiert?«
»Bisher noch nicht. Aber morgen. Leg schon mal die Kräuter bereit, Margaretha, morgen kriegen wir einen guten
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