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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mutterkuchen schnell geboren wäre.
    »Reib deiner Frau mit etwas Schnee über die Stirn, sie muss wieder zu Bewusstsein kommen.«
    Johann stand wie versteinert neben der Bettstatt, sah zu dem kleinen Bündel am Fußende.
    »Was ist mit dem Kind?«, fragte er leise.
    »Es ist tot.«
    Der Mann schluchzte auf, verbarg sein Gesicht in den Händen.
    »Noch lebt deine Frau. Aber ich brauche Hilfe, damit sie am Leben bleibt«, sagte Margaretha barsch. Mercken hatte viel zu viel Blut verloren, immer noch blutete sie stark.
    Ich habe kein Ziest mehr, dachte Margaretha verzweifelt. Welche Mittel hätte Mutter noch verwendet? Sie schloss die Augen, dachte an die kleine Vorratskammer ihrer Mutter in Krefeld, versuchte sich zu erinnern, was Gretje ihr zu den verschiedenen Kräutern und Pflanzen gesagt hatte. Hirtentäschel, Frauenmantel und Huflattich galten als blutstillend, doch sie brauchte etwas, was schnell wirkte. Endlich war der Mutterkuchen geboren. Margaretha betrachtete ihn sorgfältig, er war zum Glück vollständig. »Ich brauche Schnee oder noch besser Eis.«
    Johann wankte zur Tür, den Rücken gebeugt und die Schultern hochgezogen. Er dauerte Margaretha, aber sie hatten keine Zeit für Trost und Trauer.
    Eilig wusch sie die junge Frau mit einer Essenz aus Wegrauke und Rosmarin. Mercken stöhnte leise, öffnete jedoch nicht die Augen. Johann brachte einen Eimer mit Eiszapfen und Schnee. Sie packte das Eis in ein Stück Tuch, presste es auf den Bauch der jungen Frau.
    »Willst du sie umbringen?«, fragte Johann entsetzt. »Sie holt sich doch den Tod durch die Kälte.«
    »Wir müssen die Blutung stoppen.«
    In dem Kessel über dem Feuer kochte das Wasser, Margaretha nahm nachdenklich einige Kräuter aus ihrem Korb, bereitete einen Aufguss zu.
    »Hiervon muss sie jede Stunde ein paar Schlucke trinken. Außerdem braucht sie eine gute Brühe, um wieder zu Kräften zu kommen.«
    Johann schüttelte den Kopf. »Wir haben nichts mehr bis auf etwas Pökelfleisch und einige Wurzeln.« Er setzte sich und vergrub das Gesicht in den Händen, seine Schultern zuckten. »Wir hätten nie in dieses Land kommen sollen. Statt einer neuen Heimat haben wir hier nur den Tod gefunden. Mein armes Kind! Was mache ich, wenn meine Frau nun stirbt?«
    »Habt ihr noch Branntwein? Dann nimm einen ordentlichen Schluck oder auch zwei.«
    Immer wieder tauschte sie das Eis aus, kühlte den Bauch der jungen Frau, flößte ihr den Aufguss ein. Die Blutungen ließen nach, Merckens Atem wurde ruhiger und kräftiger. Gegen Mittag wachte sie schließlich auf.
    »Das Kind ist tot, nicht wahr?«
    Margaretha nickte stumm.
    »Ich wusste es schon, als die Wehen einsetzten, wollte es aber nicht wahrhaben. Es hat sich nicht mehr bewegt«, sagte sie leise.
    »So etwas passiert. Gott gibt, und Gott nimmt, nur er weiß, weshalb. Lass uns beten.«
    Sie senkten die Köpfe und beteten still.
    »Du musst wieder zu Kräften kommen«, sagte Margaretha. »Du brauchst gute Nahrung.«
    »Wir haben nichts mehr. All unsere Vorräte sind verbraucht.« Mercken schloss verzweifelt die Augen. »Der Winter kam zu schnell und zu mächtig.«
    »Ich werde in der Gemeinde fragen.« Müde zog sie ihren Mantel an. »Du musst ruhig liegen, gut zugedeckt. Alle zwei Stunden soll dir dein Mann für kurze Zeit einen Eisbeutel auf den Bauch legen. Ich komme nachher wieder, bringe dir Brühe mit.« Sie hatte das tote Kind gewaschen und angezogen, legte es der Mutter in die Arme.
    »Wie friedlich es aussieht, so als würde es schlafen«, sagte Mercken mit tränenerstickter Stimme.
    »Es ruht in Frieden. Die kleine Seele ist nun bei Gott.«
     
    Obwohl es mitten am Tag war, war es nicht hell. Immer noch zogen dunkle Wolken eilig am Himmel. Sie hingen so tief, dass es aussah, als würden sie die Baumwipfel streifen. Der Schneefall hatte nachgelassen, doch der Wind heulte immer noch um die Häuser. Mühsam stapfte Margaretha den Weg entlang. Hätte sie das Kind retten können, wenn sie in Krefeld gewesen wären? Hätte Gretje das Kind retten können? Sie wusste es nicht. Obwohl Mercken die schwere Geburt überlebt hatte, war die Gefahr noch nicht gebannt. Die junge Frau hatte viel Blut verloren; ohne kräftigende Speisen würde sie nicht mehr auf die Beine kommen. Auch drohte noch die Gefahr des Kindbettfiebers und des Milchstaus. Sie hoffte, dass Gretje ihr würde helfen können, die richtigen Kräuter auszuwählen.
    Endlich erreichte sie Hermanns Hütte. Keine Stimmen, kein Kinderlachen empfing

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