Die Heilerin
schon gut, mein Kind.«
»Eine Rotte Sauen? Ist die Mastzeit nicht vorbei? Dürfen die Schweine jetzt noch in den Forst, wo er doch zum Reisigsammeln freigegeben worden ist? Ich werde mich mit dem Magistrat in Verbindung setzen.« Isaak hob Eva an, reichte das Kind seiner Frau und stand auf. Er ging ein paar Schritte, nahm die Tonpfeife und stopfte sie. »Du hast Glück gehabt, Meisje. Das hätte ganz anders ausgehen können.« Er trat neben Margaretha und strich ihr über den Kopf.
»Zwei Sauen fingen dann an, am Fuße des Baumstammes zu wühlen, es wackelte, und ich bekam so Angst. Ich bin dann heruntergesprungen, dabei muss ich falsch aufgekommen sein.« Margaretha schloss kurz die Augen. »Als ich endlich den Weg zum Krüllshof gefunden hatte, begann der Graupelregen. Ich habe gefürchtet, es nicht mehr rechtzeitig zum Stadttor zu schaffen. Zum Glück hat mich ein Bauer auf seinem Karren mitgenommen.«
»Du hast wirklich Glück gehabt.« Gretje sah sie besorgt an. »Hoffentlich schlägt dir das nicht auf den Magen. Ich werde dir gleich noch einen Trank bereiten, damit du gut und gestärkt schlafen kannst. Annemieke, bring heiße Backsteine in die Betten der Mädchen. Für Eva wird es Zeit, zu Bett zu gehen.«
Eva drückte nacheinander jedem einen dicken, feuchten Kuss auf die Wange, ein Ritual, das sie jeden Abend pflegten. Dann ließ sie sich fröhlich brabbelnd nach oben bringen.
Dirck schenkte Margaretha Würzwein nach.
»Nicht zu viel«, wehrte sie leise ab. »Mir wird schon schummerig.«
»Möchtest du noch etwas essen? In der Küche ist frisches Brot.«
Margaretha nickte. Sie war froh, dass ihre Familie so liebevoll miteinander umging. Dirck brachte ihr Brot und einSchüsselchen mit Fleischsoße. Die Mahlzeit stärkte sie, und doch spürte Margaretha die Müdigkeit.
Ich habe Jan gar nicht erwähnt, dachte sie später, als sie im Bett lag und sich in das Kissen kuschelte.
Kapitel 4
In den nächsten Tagen konnte Margaretha den Fuß nicht sonderlich belasten. Sie verbrachte die meiste Zeit damit, in der Stube vor dem Kamin zu sitzen, Wäsche zu flicken oder zu nähen. Meist saß Eva zu ihren Füßen, spielte zufrieden mit den kleinen Holzpüppchen, die ihre Brüder für sie geschnitzt hatten.
»Was für ein Wetter.« Gretje zog sich die nasse Haube vom Kopf, setzte sich neben Margaretha. Sie hatte einen Schwall kalter, feuchter Luft mitgebracht. Nun rieb sie sich die Hände, die sie dem Feuer entgegenstreckte. »Ich soll dich von Thilda van Holten grüßen. Das Wochenbett hat sie fast überstanden, und das ganz problemlos.«
»Es tut mir so leid, dass ich dir im Moment keine Hilfe sein kann, Mutter.« Margaretha senkte den Kopf.
»Keine Hilfe?« Die Mutter lachte auf. »Das siehst du aber falsch. Meinst du, flicken und nähen wären keine Arbeit? Sie raubt mir meine Zeit, und dass du nun alles machst, ist eine große Entlastung für mich.«
»Ja, aber ich wollte doch lernen, wie man das Wochenbett betreut, und dir dort helfen.«
»Thilda wird nicht die letzte Frau gewesen sein, die ein Kind bekommt. Und gerade da uns ein kalter Winter bevorsteht, werden wir im nächsten Jahr alle Hände voll zu tun haben.«
»Ja?« Margaretha sah ihre Mutter überrascht an.
»Ja, wenn es kalt ist und die Holzvorräte und die Kohleknapp werden, gehen die Leute früher zu Bett und wärmen sich aneinander. Das konnte ich immer wieder beobachten.« Sie lächelte, lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen.
Sie sieht erschöpft aus, dachte Margaretha, ich müsste sie viel mehr unterstützen. Leise legte sie das Flickwerk zurück in den Korb, stand vorsichtig auf. Der Atem ihrer Mutter wurde tief und gleichmäßig. Margaretha nahm Eva hoch, welche laut protestierte.
»Psst, Moerdertje schläft«, flüsterte Margaretha. »Schau, wir müssen leise sein.«
»Eise ein«, wiederholte Eva und steckte den Daumen in den Mund, nuckelte daran.
»Ja, wir gehen jetzt in die Küche und helfen Annemieke. Bestimmt finden wir eine Leckerei für dich.«
»Ja!« Eva strahlte.
In der Küche schnippelte die Magd Rüben und Wurzeln klein. Margaretha setzte Eva auf die Bank am Ofen, gab ihr zwei Haferküchlein. Gleich würden die hungrigen Männer kommen. Sie würden sich waschen wollen, und deshalb füllte Margaretha den großen Topf mit Wasser, hängte ihn über den Herd. Dann briet sie Speck an, gab Zwiebeln dazu, löschte mit ein wenig Wein ab. Annemieke gab die Rüben und Wurzeln in die tiefe Pfanne, rührte
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