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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Wir alle müssen jetzt für Mutter stark sein. Ich fürchte, es hat ihr das Herz gebrochen.« Für einen Moment blieb er neben dem Herd stehen, dann ging er seufzend zur Tür.
    »Möchtest du nichts essen, Vater?«
    Er schüttelte stumm den Kopf und ging.
    Margaretha wartete darauf, dass die Brüder zurückkehrten, dass ihre Mutter herunterkam und ihr sagte, was sie machensolle. Aber nichts passierte. Stunde um Stunde verging. Nur das Knacken des Holzes im Herd und das leise Klappern der Webstühle nebenan waren zu hören.
    Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Margaretha mit einer Schale Brühe nach oben ging.
    »Mutter?«
    Gretje saß immer noch auf dem Bett und hielt das tote Kind in den Armen. Sie weinte nicht mehr, ihr Blick war starr auf Eva gerichtet.
    »Mutter, ich habe dir Brühe gebracht …« Margaretha stockte unsicher. Immer noch reagierte die Mutter nicht. Margaretha war sich noch nicht einmal sicher, ob Gretje sie gehört hatte. »Moedertje? Soll ich Eva mal nehmen? Wir müssen sie doch waschen und anziehen.«
    Gretje begann wieder, das Kind zu wiegen. Sie sagte keinen Ton und sah Margaretha auch nicht an. Schließlich stellte Margaretha die Schüssel mit der Brühe auf den Kasten und ging wieder nach unten. Sie schrubbte den Kessel, setzte Essen auf, knetete neuen Brotteig. Hin und wieder ging sie zur Treppe und lauschte nach oben, doch es war nichts zu hören.
    Es wurde schon wieder dämmerig, als Hermann und Abraham zurückkamen. Hermann setzte sich an den Küchentisch, während Abraham an ihr vorbeiging.
    »Wo wart ihr?«, fragte Margaretha leise.
    »Bei der Stadtwache, dem Magistrat und beim Ältesten der Gemeinde. Es sieht nicht so aus, als würden wir den Schuldigen finden können.« Hermann schüttelte verbittert den Kopf.
    »Wir haben Heinrich Floh getroffen, sein Knecht Wilhelm ist wohl heute Nacht weggelaufen.«
    Margaretha sah ihn verwundert an. »Weshalb?«
    Abraham war inzwischen in Annemiekes Zimmer gegangen und kam nun zurück. Er schlug mit der Faust in die offene Hand. »Wo ist Annemieke?«
    Margaretha hatte die Magd ganz vergessen. »Ich weiß nicht. Vater sagte heute Morgen, sie sei weg.« Sie schloss dieAugen, versuchte die Erinnerung an den verzweifelten Schrei der Mutter zu verdrängen.
    »Dann ist sie wohl mit Wilhelm durchgebrannt, so wie Floh es vermutet hat. Der Knecht hat einige Münzen gestohlen.«
    »Aber …«
    »Ich gehe nochmal los und sage ihm, dass Annemieke auch fort ist. Vater soll nachschauen, ob hier etwas fehlt.« Er eilte zur Tür.
    »Werden die beiden jetzt gesucht?«
    »Wenn es nach mir geht, kann Annemieke ruhig verschwunden bleiben. Sie hat großes Unglück über uns gebracht.« Hermann zog eine finstere Miene.
    Margaretha reichte ihm einen Becher mit Würzwein. »Sie hat es nicht böse gemeint und nicht mit Absicht gemacht.«
    »Woher willst du das wissen? Vielleicht haben sie und ihr Freund Eva das angetan.«
    Margaretha schüttelte den Kopf. »Nein, Hermann, das kann ich nicht glauben. Annemieke war genauso entsetzt und verzweifelt wie wir. Sprich keine bösen Vermutungen aus.«
    Er trank nachdenklich einen Schluck, setzte dann den Becher wieder ab. »Du hast recht, Margret. Es sind unchristliche Gedanken, und es ist unrecht, so zu denken. Aber jemand hat unserer kleinen Schwester etwas Entsetzliches angetan. Und er sollte dafür büßen.«
    »Gibt es einen Hinweis?« Isaak kam durch die Hoftür in die Küche. Sein Gesicht wirkte eingefallen.
    »Nein, Vater, nichts. Der Gemeindeälteste will gleich vorbeikommen. Der Magistrat auch. Beide waren entsetzt über das Geschehen. Mit dir wollen sie auch sprechen, Margret.«
    »Mit mir? Warum?« Margaretha schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht mit anderen sprechen, sie wollte nicht über Eva reden und nicht darüber, was dem Kind angetan worden war. Der Gedanke an den Tod des geliebten Kinds war immer noch zu frisch und zu undenkbar, so schmerzlich, dass es sie fast zerriss.
    »Du hast Eva gefunden.«
    »Ich will aber nicht darüber reden.« Margaretha ballte die Hände zu Fäusten.
    »Hier geht es nicht darum, ob du das willst oder nicht, Meisje.« Isaak berührte sie leicht am Arm. »Aber ich kann verstehen, wie du dich fühlst. Sei gewiss, wir bleiben bei dir. Wo ist Mutter?«
    »Sie ist nicht aus der Kammer herausgekommen. Ich habe ihr Brühe gebracht, aber sie hat mich nicht angeschaut.« Beschämt senkte Margaretha den Kopf. Sie hatte das Gefühl, zu wenig getan zu haben, doch sie fühlte sich in

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