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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sie kommt mit?«, keuchte Hermann fassungslos. »Wirklich?«
    »Ja.« Margaretha schluckte all die Worte und Sätze, die ihr im Hals steckten, hinunter.
    »Wie hast du das gemacht?«, fragte nun tonlos Isaak.
    »Es liegt nicht an mir, Vater«, sagte Margaretha leise, nahm den Krug und ging wieder nach oben. Diesmal fiel ihr der Gang leichter. In der Kammer der Eltern saß Gretje aufrecht im Bett und löffelte die Grütze.
    »Du hast Speck dazu getan, das war gut, aber der Kümmel fehlt. Kümmel macht so ein Gericht bekömmlicher.«
    »Das wusste ich nicht.« Margaretha senkte den Kopf, fühlte sich plötzlich sehr unsicher.
    Gretje drehte sich zu ihr. »Woher auch? Du wirst es lernen.«
     
    Ihre Mutter war schwach. Das Waschen und Anziehen fiel ihr schwer, doch schließlich war es geschafft. Gemeinsam gingen sie die Treppe hinunter, einen Schritt nach dem anderen. Vor der Stube blieb Gretje stehen, es dauerte, bis sie einen Blick hineinwarf. Eva lag friedlich aufgebahrt da, Kerzen erleuchteten den Raum.
    Gretje ging zitternd in die Knie. »Godallemachtig, wie soll ich das überstehen?«, seufzte sie, dann, wie durch Zauber, richtete sie sich auf, zog Margaretha fast in die Küche. Gretje sah sich um, begutachtete alles.
    »Margret, hol Teller und Becher, Löffel und Messer aus dem Gesindehaus, wir werden reichlich brauchen. Wasser auch, darum kümmerst du dich, Dirck. Wir brauchen nachher kochendes Wasser für den Würzwein. Abraham, geh zum Weinhändler, zu Lobachs. Sie haben gute Weine. Die ganze Gemeinde wird heutekommen, und wir müssen nicht unsere Vorräte nehmen. Kauf ein paar Schläuche kräftigen Rotwein.« Sie setzte sich auf einen Stuhl, vorsichtig, als ob dort Scherben oder rohe Eier lägen.
    »Einen Schinken habe ich schon aus dem Vorrat genommen«, sagte Margaretha leise und beklommen. Sie traute dem Ganzen nicht. Gretje hielt sich tapfer, aber für wie lange?
    »Ein Schinken wird reichen. Alle werden etwas mitbringen. Setz Brot an, und haben wir genügend Butter?« Gretje kniff die Augen zusammen, schaukelte sacht hin und her. Es kostete sie Kraft, in der Küche zu sitzen. Dennoch tat jeder so, als wäre alles gut und normal. Tische, Bänke, Stühle wurden herbeigeschafft, Geschirr und Besteck. Fast war es wie der Auftakt zu einem fröhlichen Fest, nur wurde heute ein Kind zu Grabe getragen.
    Margaretha tat die Betriebsamkeit gut. Sie hatte keine Zeit nachzudenken. Es gab zu viel zu tun.
    Schließlich stand der Bestatter auf, der sich an seinem Krug Dünnbier festgehalten hatte.
    »Lasst uns gehen!«, sagte er schwankend, aber mit Grabesstimme. Von seinem Karren holte er einen kleinen Sarg. Ein Totenbett aus rohen Brettern, rau und derb. Er stellte den Sarg in die Stube, schnaufte. Margaretha sah entsetzt die Kiste an. Darin sollte Eva, ihr Herzblatt, liegen? Auf grob zusammengehauenen Brettern? Ihr stockte der Atem, und schnell holte sie Kissen und Decke, polsterte den Sarg aus.
    »Nun denn«, sagte Isaak und holte tief Luft. »Evale, Liebchen …« Er nahm das tote Kind hoch, wiegte es kurz, legte es in den Sarg auf die Decke. Vorsichtig schlug er die Decke um sie, drückte ihr die Puppe in die Arme und faltete die Hände auf der Brust.
    »O Godallemachtig! Warum?« Isaak schüttelte verzweifelt den Kopf, wandte sich ab.
    Der Bestatter schloss den Sarg, nahm ihn vorsichtig mit nach draußen. Dort stand der Eselskarren.
    In der Nacht hatte es geschneit, doch nun schien die strahlendeSonne über Krefeld, verbreitete ihr gleißendes Licht, das im Schnee glitzerte und sich brach. Hell war es, und fast unberührt war der Weg, den sie langsam hinter dem Karren gingen. Margaretha zog den Mantel eng um sich, doch sie konnte nicht aufhören zu frieren. Die Kälte kam von innen. Sie schritt neben Gretje, die mehr schwankte als ging, nahm schließlich Gretjes Arm und stützte sie. Stumm und still kamen die Nachbarn aus den Häusern, immer mehr schlossen sich dem Leichenzug an. Langsam zogen sie vor die Stadt zum Kriegerfriedhof. Dort fanden die Gemeindemitglieder der Mennoniten seit geraumer Zeit ihre Ruhe.
    Es roch nach Holzkohle, nach feuchtem Rauch, je näher sie dem Platz kamen.
    »Der Boden war gefroren«, entschuldigte sich der Bestatter, als sie an das Grab kamen. Daneben glühten noch die Äste, die Erde sah verbrannt aus. Das Loch war nicht tief. Es reichte gerade für den kleinen Sarg und ein paar Handvoll Erde obenauf.
    Mijnheer Selbach sprach ein paar Worte, es wurde gebetet, und dann schon zog es

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