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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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mit dem Daumen über ihren Handrücken. Schweigend gingen sie nebeneinander her, so als gäbe es zu viele Worte, die gesagt werden wollten, und keiner wusste, welches er als Erstes hervorholen sollte. Langsam gingen sie durch den knirschenden Schnee, der durch die vielen Tritte und Schritte aufgeweicht, zu Matsch geworden und wieder gefroren war. Dadurch war der Weg uneben, und sie gingen zögernd und bedachtsam. Die Gassen wirkten dunkel und unheimlich. Keine Fackel erleuchtete mehr den Weg, durch kaum ein Fenster schien noch Kerzenschein auf die Straße. Die Stadt schien friedlich zu schlafen.
    »Ich mache mir Sorgen«, sagte Margaretha schließlich leise.
    »Aber wir sind doch schon fast am Schwanenmarkt, und von dort ist es nicht weit bis zu euch, Liefje.«
    Margaretha lachte leise. »Nein, ich mache mir doch keine Sorgen um den Heimweg, du Drol!«
    »Drol? Ich bin nicht drollig und auch nicht einfältig.« Jan schnaubte, drückte aber ihre Hand und zog sie zu sich. »Worüber machst du dir dann Sorgen?«
    »Die Stimmung in der Stadt wird immer schlechter, so scheint es mir, oder bilde ich mir das nur ein?«
    Jan schwieg für einen Moment. Dann seufzte er. »Du meinst den heutigen Abend?«
    »Nicht nur, aber ich erinnere mich an das letzte Jahr, da durfte ich das erste Mal zur Neujahrsnacht mitgehen und damals war es fröhlicher, ausgelassener. Vielleicht täuscht mich ja auch meine Erinnerung, weil ich eben das erste Mal mitgehen durfte und es aufregend war, vielleicht habe ich damals auch diese Schwingungen nicht mitbekommen und war einfach nur naiv.«
    »Du hast vermutlich mit beidem recht. Auch im letztenJahr gab es Spottverse und Anfeindungen, doch diesmal liegt eine bedrohliche Missstimmung in der Luft, die auch mir neu ist. Die letzten zwei Jahre war ich in Linn. Dort gibt es kaum Mennoniten, und wenn, zeigen sie ihren Glauben nicht öffentlich. In Krefeld ist das anders. Es gibt viele von uns, es werden immer mehr. Den Lutheranern schmeckt das nicht. Aber das ist nichts, worüber wir uns am ersten Morgen eines neuen Jahres Gedanken machen müssen. Alles wird gut, Margret, ganz sicher.«
    Sie blieben stehen, sahen sich an. Ihre Blicke tauchten ineinander. Langsam und vorsichtig beugte Jan sich zu ihr, küsste sie sacht. Sie spürte seinen warmen Atem, er legte den Arm um sie und zog sie an sich. Für einen Moment blieben sie so stehen, genossen die Gegenwart des anderen.
    »Lass uns weitergehen«, sagte Jan schließlich. Bedauern lag in seiner Stimme. Arm in Arm gingen sie durch die Gassen. Es schien, als hätte alles um sie herum aufgehört zu existieren und es würde nur noch sie beide geben. Sie bogen in die Straße ein, in der das Haus der op den Graeffs stand. Aus dem Fenster der Stube schien noch Licht. Vermutlich war der Vater aufgeblieben und wartete auf die Rückkehr der Kinder.
    »Magst du noch mit hineinkommen und dich ein wenig aufwärmen?«, fragte sie Jan leise.
    »Ich glaube nicht, dass das schicklich ist.« Er strich ihr mit den Fingerspitzen zärtlich über die Wange. »Und außerdem ist es Zeit für dich, ins Bett zu gehen. Wir sehen uns spätestens im Gottesdienst.«
    »Ja.« Margaretha biss sich auf die Lippe. Zu gerne hätte sie ihn ein weiteres Mal geküsst oder umarmt, doch der Zauber des Augenblicks war verflogen.
    Im Haus duftete es nach Würzwein und guter Brühe. Es war nicht Isaak, sondern Grete, die in der Stube saß, Strümpfe stopfte und in das Kaminfeuer starrte.
    »Margret, Liefje, seid ihr schon zurück? Ich habe noch gar nicht mit euch gerechnet. Bitterkalt ist es, nicht wahr?Möchtest du ein wenig Wein und einen Schluck Brühe?« Sie stand auf, half der Tochter aus dem Mantel. Margaretha merkte jetzt erst, wie verfroren sie war. Gretje sah über Margarethas Schulter in die Diele.
    »Wo sind denn Abraham, Dirck und Rebecca? Bist du so schnell gegangen?«
    Margaretha errötete, schnell waren sie und Jan nun wirklich nicht gewesen. »Jan Scheuten hat mich nach Hause gebracht. Ich habe Dirck und Rebecca aus den Augen verloren, Abraham wollte sie suchen und dann nachkommen.« Sie ließ sich von der Mutter in die Stube führen. Die Wachskerzen auf dem Kamin rochen betörend nach Honig, das Feuer prasselte munter.
    »Ich hol dir Wein und Brühe, einen warmen Backstein für deine Füße, Kind.«
    Margaretha saß kaum, als Jonkie in die Stube gestürmt kam. Der Hund sprang an ihr hoch, leckte ihr eifrig über die Hand und versuchte, auf ihren Schoß zu klettern.
    »Hast du mich

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