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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vorsichtig an, drehten ihn sachte. Nur wenig Blut zeigte sich an dem Verband, die starke Blutung schien tatsächlich gestoppt.
    »Lasst ihn so liegen und deckt ihn gut zu.« Gretje seufzte. »Ich konnte nicht sehen, ob es nur eine tiefe Fleischwunde ist oder ob Organe verletzt wurden. Das werden die nächsten Stunden zeigen.« Sie sank erschöpft zurück, die Anstrengung der letzten Stunde zeigte sich deutlich auf ihrem Gesicht.
    Margaretha suchte die blutgetränkten Tücher zusammen und brachte sie ins Waschhaus. Dort legte sie sie in einen Bottich mit kaltem Wasser und spülte sie mehrfach aus, schließlich ließ sie die Verbände einweichen. Morgen würde sie den Stoff auskochen.
    Sie fühlte sich schlapp und ausgelaugt, aber nicht müde. Schlafen würde sie nicht können, nicht jetzt, wahrscheinlichniemand von ihnen. Dirck, Rebecca und Jan saßen in der Küche, als Margaretha wieder hereinkam. Sie löffelten lustlos Brühe. In der Stube hatte Isaak das Feuer geschürt. Gretje hatte sich den Sessel an das Sofa gerückt und wachte über den verletzten Sohn.
    »Wir können nichts tun, als zu warten«, sagte Gretje leise. Sie klang verzweifelt. Margaretha brachte ihr einen Becher mit Würzwein. Unsicher stand Isaak am Kamin, doch seine Frau hatte nur Augen für den verletzten Sohn, so folgte er Margaretha in die Küche.
    »Ich will wissen, was passiert ist.« Schwer ließ sich der Vater auf den Stuhl fallen. »Sprich, Dirck.«
    »Warte, Vater. Seine Nase ist gebrochen. Wir müssen sie richten«, sagte Margaretha. Alles um sie herum schien zu verwischen und zu drehen, aber die Leute in der Küche nahm sie überdeutlich wahr, so als ob sie durch ein geschliffenes Glas schauen würde. Sie stellte sich vor den Bruder und strich sacht über die krumme Nase, fühlte den Bruch deutlich unter ihren Fingerspitzen.
    »Bist du des Teufels, Margret? Du wirst nichts richten!«, schnauzte Dirck entsetzt, doch er konnte nicht ausweichen.
    »Es dauert nicht lange und wird nur kurz schmerzen, im Vergleich zu deinem Arm, damals.« Mit Daumen und Zeigerfinger griff sie sanft seine Nase, sie zog den Nasenrücken vom Nasenbein unterhalb der Fraktur in Richtung Oberlippenmitte. Dirck stöhnte auf. Dann ließ sie den gerichteten Teil der Nase zurückgleiten und fuhr sanft mit dem Finger über den nun wieder glatten Nasenrücken.
    »Siehst du, ging ganz schnell!«, sagte sie lächelnd.
    »Ahhh!« Dirck krümmte sich zusammen, presste die Hände an den Kopf. »Verdomme!«
    Isaak zuckte zwar zusammen, sagte aber nichts zu dem Fluch.
    »Hol Eis aus dem Hof, Rebecca«, wies Margaretha die Magd an, »und zerkleinere es. Wir werden es in ein Tuch tunund vorsichtig auf Dircks Nase legen. Lehn den Kopf am besten zurück, Dirck. Keine Sorge, ich fass dich nicht mehr an.« Sie lächelte erschöpft. »Du wolltest doch nicht mit einer krummen Nase durch die Gegend laufen, oder, Brodertje?« Margaretha nahm sich einen Becher Würzwein aus dem Topf, der über dem Herd simmerte. Dann setzte sie sich an den Tisch, vergrub das Gesicht in den Händen. Tränen stiegen ihr in die Augen, und verzweifelt versuchte sie, sie hinunterzuschlucken.
    Rebecca brachte das Eis, zerstampfte es in dem Mörser und hüllte die Stücke in ein Tuch, welches Dirck dankbar nahm und auf sein Gesicht legte.
    »Was ist denn nun heute Nacht passiert?«, fragte Isaak leise. »Scheuten, wart Ihr dabei?«
    Jan schüttelte den Kopf. »Wir waren auf dem Feld, bei dem Feuer. Bis dahin waren zwar die Sprüche und Verse voller Seitenhiebe, auch gegen die Mennoniten, aber nicht viel schlimmer als in den Jahren zuvor. Auf dem Feld kippte die Stimmung.« Er schluckte, senkte den Kopf. »Ich kann es auch verstehen. Es war schwer für Jasper und Fridjoff, für andere auch. Wer lässt sich schon gerne einen Feigling nennen?«
    »Ach, Onzin, Jan. Wir sind doch keine Feiglinge, wenn wir nicht auf Provokation reagieren.« Dirck versuchte den Kopf zu schütteln, hielt aber in der Bewegung inne und stöhnte auf. »Vater, die Reformierten und Katholiken haben uns herausgefordert. Wir sind nicht darauf eingegangen. Das hat sie noch mehr geärgert. Nach und nach sind wir alle zurück in die Stadt. Viele Schmähworte fielen, eines schlimmer als das andere. Abraham hat die Jungspunde unserer Gemeinde beruhigt und zurückgehalten.« Dirck stöhnte wieder auf. Seine Stimme wurde plötzlich flach und blechern. »Wir waren schon am Schwanenmarkt, da lauerte so eine Gruppe und ging auf uns los. Einfach so. Mit

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