Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Titel: Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
Vom Netzwerk:
Sie helfen uns nicht mehr, unser Leben jetzt zu bewältigen. Im Gegenteil, sie hindern uns daran, uns den Anforderungen zu stellen, die das Leben jetzt an uns stellt. Dann müssen wir uns von diesen Bildern verabschieden und uns auf die Suche nach Bildern machen, die jetzt für uns stimmen.
     
    Ein Mann galt schon in seiner Kindheit als Wunderkind. Das Bild wurde ihm von seinen Eltern vermittelt. Aber er hat es auch verinnerlicht. Er hatte das Gefühl, er könne alles, alles würde ihm zufliegen, alles ginge ganz leicht. Dieses Bild hat sich in ihn eingeprägt. Es hat ihm Kraft gegeben. Aber irgendwann hat es ihn überfordert. Er spürte in seinem Beruf die Falle, dass er alle schwierigen Aufgaben übernahm. Die anderen sagten: »Wer soll es denn sonst machen, wenn nicht du? Keiner kann das so gut wie du!« Das war für ihn eine Falle, die schließlich zum Burn-out geführt hat. Nicht die Arbeit an sich war das schlimme,sondern das Bild, das zu groß für ihn war. Wir sind nicht immer nur Wunderkinder. Wir sind auch durchschnittlich und müssen uns aussöhnen mit der eigenen Durchschnittlichkeit.
     
    Ein Priester erzählte mir, dass er als Kind immer als Engel galt. Das hat ihm selbst gut getan und die Zuwendung vieler frommer Menschen eingebracht. Doch nun spürte er, dass er gegen dieses Bild rebellierte. Es engte ihn zu sehr ein. Es ließ ihn nicht so leben, wie er es in seinem Herzen wollte. Er erkannte: Seine depressiven Stimmungen sind ein Protest gegen dieses allzu fromme Bild, das ihn letztlich abschneidet von seiner Aggression, von seiner Lebensenergie. Bilder haben immer diese ambivalente Wirkung. Sie tun uns gut. Doch wenn sie zu groß für uns sind, dann überfordern sie uns. Dann müssen wir dagegen rebellieren, um das einmalige Bild zu leben, das Gott sich von uns gemacht hat. Das Bild des Engels hat sich in dem Priester in seiner Kindheit gebildet. Aber es war auch ein Bild, das andere ihm übergestülpt haben. Wenn die Eltern dem Kind zu oft sagen, dass es ein Engel sei, dann legen sie das Kind auf dieses einseitige Bild fest und überfordern es.
     
    Eine Frau hat schon als Kind das Bild des braven Mädchens in sich verwirklicht. Wenn es brav war, bekam es Zuwendung. Als braves Mädchen wurde es von den Eltern oft mit Stolz den Freunden und Verwandten vorgestellt. Das Mädchen spürte sehr früh, dass dieses Bravsein von ihm erwartet wurde. So hat es dieses Bild verinnerlicht. Doch jetzt als erwachsene Frau rebelliert sie gegen dieses Bild. Es hat sie abgeschnitten von ihrer Aggression,von ihrer Vitalität. Das Bild entspricht ihrem Wesen nicht. Es legt sie fest auf bestimmte Eigenschaften. Und es unterdrückt viele andere Seiten an ihr. Das zu enge Bild zu erkennen ist der erste Schritt, sich davon zu lösen. Doch dann braucht es einen langen Übungsweg, sich immer wieder von diesem Bild zu lösen und das Bild in sich zuzulassen, das dem eigenen Wesen entspricht. Dieser Übungsweg geht über schmerzliche Erfahrungen. Die Frau wird sich immer wieder über andere Frauen aufregen, die dieses Bild des braven Mädchens verkörpern. Sie wird fasziniert sein von Frauen, die ein anderes Bild von sich leben, etwa das Bild der Königin oder der wilden Frau. Zugleich aber wird sie von solchen Frauen verunsichert sein. Und manchmal wird sie gegen die Frauen, die ihr Gegenbild verkörpern, auch rebellieren. Denn sie hat oft Angst, das alte Bild in sich loszulassen und dem neuen Bild in sich zu trauen.
     
    Es ist oft ein langer Prozess, sich von alten Bildern zu verabschieden. Der erste Schritt ist, sich dieses Bildes bewusst zu werden. Der zweite Schritt besteht darin, dieses Bild zu würdigen, ihm zu danken für alles, was es auch Gutes in mir bewirkt hat. Dieses Bild hat mir jahrelang geholfen, gut zu leben, mit meiner Trauer, mit meinem Schmerz, mit meinen Niederlagen zurecht zu kommen. Der dritte Schritt besteht dann im Loslassen dieses Bildes. Das ist ein schmerzlicher Prozess. Er geht über das Betrauern, dass ich mich von diesem Bild verabschieden muss, dass ich mich von einem wesentlichen Aspekt meiner Person verabschieden muss, weil er heute nicht mehr stimmt. Aber er ist ein Teil von mir geworden. Ihn loszulassen,tut weh. Der vierte Schritt wäre dann: nach neuen Bildern Ausschau halten. Ich kann in mich hineinhorchen und beobachten, welche Bilder in mir spontan auftauchen. Diese Bilder betrachte ich langsam und spüre, was sie in mir bewirken. Bilder, die sich gut anfühlen, die in mir Friede und

Weitere Kostenlose Bücher