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Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Titel: Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Freiheit bewirken, entsprechen meinem Wesen. Ich kann aber auch in meine Kindheit hinein schauen und überlegen, welche andere Bilder mich damals geprägt haben. Welches von diesen Bildern wäre jetzt in meiner Situation angemessener für mich? Dann kann ich versuchen, dieses passende Bild mir immer mehr einzubilden, so dass es zu einer inneren Wirklichkeit wird.

Viel Licht, viel Schatten
     
     
    Wie sehr unsere Kultur unsere Bilder prägt, sieht man am besten an den von ihr propagierten Idealbildern. In der Erziehung etwa werden uns oft Idealbilder vor Augen gehalten. Und oft genug entwickeln wir selbst Idealbilder von uns. Idealbilder haben nicht nur den einzelnen geformt, sondern ganze Generationen geprägt. Lange Zeit war das Leitbild des pflichterfüllenden Beamten eine Quelle von Energie für die Mitglieder dieser Berufsgruppe. Und es hat die Arbeit in vielen Behörden geprägt. Das Wirtschaften wurde lange Zeit vom Bild des ehrsamen Kaufmanns bestimmt. Handwerker haben nach Treu und Glauben miteinander gearbeitet und abgerechnet undeinen Standeskodex auch auf diesem Verhalten begründet. In den Familien gab es die Idealbilder des treusorgenden Familienvaters und der sich aufopfernden Mutter. Solche Bilder haben die Menschen erzogen und sie in eine ganz bestimmte Richtung gebracht. Es waren Leitbilder, die die Kultur des Miteinanders in der Familie, im Staat und in der Wirtschaft geprägt haben. Solche Idealbilder haben viel Gutes bewirkt.
     
    Auch in der persönlichen Entwicklung haben Idealbilder die jungen Menschen oft angetrieben, an sich zu arbeiten, hohe moralische Standards für das eigene Leben zu entwickeln und zum Segen für andere zu werden. Das Ideal des Menschen, der sich selbst beherrscht, der sich nicht von seinen Bedürfnissen leiten lässt, hat viele in ihrer Entwicklung weiter gebracht. Soziologen sagen, dass die Eliten der Gesellschaft meistens durch solche Bilder des asketischen und sich selbst beherrschenden Menschen geprägt waren. Das Ideal des Humanismus, das uns die griechische Philosophie vermittelte und das Johann Wolfgang Goethe in die klassischen Worte formte: »Edel sei der Mensch, hilfreich und gut«, hat seit der Renaissance die Menschen in Europa geprägt. Solche Idealbilder haben Menschen von großer Reife und Weisheit hervorgebracht. Sie haben Persönlichkeiten geprägt, die Würde, Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit und Kraft repräsentierten.
     
    Die Psychologie sieht die Idealbilder etwas skeptischer. Sie weiß um die Gefahr, dass man sich mit Idealbildern identifiziert, dabei jedoch seine eigene Identität, die Wirklichkeit der realen Person überspringt. Die Psychoanalysevon Sigmund Freud spricht von Ich-Ideal. Es ist das »Ideal, das eine Person sein möchte oder von dem sie annimmt, dass sie es sein müsste.« (Bucher 32) Freud versucht, den Menschen von falschen und überfordernden Ich-Idealen zu befreien. Das Ich-Ideal entsteht oft durch Idealisierung von Personen. Margarete Mitscherlich, die ein Buch mit dem provozierenden Titel »Das Ende der Vorbilder« geschrieben hat, weiß bei aller Gefahr, dass man durch die Idealisierung bestimmter Personen seine eigene Identität an diese Idealbilder abtritt oder dass man sich mit dem Idealbild überfordert, doch um die Notwendigkeit der Idealisierung. Wir brauchen Idealbilder, um uns zu orientieren und um unser Streben nach Selbstverwirklichung anzustacheln. »Als Psychoanalytikerin war ihr bewusst, dass fehlende Idealisierung zumal in der Kindheit später zu narzisstischen Störungen führen kann.« (Bucher 52) Mitscherlichs These: »Um Sicherheits- und Selbstwertgefühle aufzubauen, müssen offenbar in der frühen Kindheit Erwachsene idealisiert werden.«
     
    Idealbilder haben eine Schattenseite. Wer sich vom Idealbild antreiben lässt, der kommt weiter. Wer sich jedoch mit dem Idealbild identifiziert, der gerät in die Gefahr, die anderen Seiten in sich zu verdrängen. Alles, was dem Idealbild in sich selbst nicht entspricht, das spaltet er ab. Aber was abgespalten wird, das gerät in den Schatten und wirkt sich von dort aus destruktiv auf den Menschen aus. Wer z.   B. das Idealbild des asketischen Menschen in sich trägt, der verdrängt seine Bedürfnisse. Aber die Bedürfnisse lassen sich nicht so einfach verdrängen. Sie werden in den Schatten verbannt und melden sich von dort aus wieder zuWort, oft aber auf eine unbewusste und häufig auch destruktive Weise. Da lebt dann der selbstbeherrschte Mann auf einmal ungeheure

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