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Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder

Titel: Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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wichtige Energie, die er zum Leben braucht. So muss die seelische Energie auf ein Symbol der Mutter übergeleitet werden. Solche mütterlichen Symbole sind die Kirche oder auch das Kreuz, das ja in der christlichen Tradition mit dem Bild des Lebensbaumes zusammen gesehen wird. Diese Umwandlung geschieht nicht einfach, indem ich das Symbol des Kreuzes oder der Kirche anschaue. Sie braucht Rituale, bei denen die seelische Energie verwandelt wird. So ein mütterliches Ritual ist z.   B. die Taufe, die ja in der Tradition als zweite Geburt oder als Wiedergeburt bezeichnet wird. Der Mensch bekommt durch so ein Ritual und durch den ständigen Umgang mit den Symbolen der Kirche den Anschluss an eine mütterliche Energie, die ihn nicht festhält, sondern wachsen lässt. Es ist sicher eine wichtige Aufgabe christlicher Sozialisation in der Zukunft, diese positivetransformierende Kraft der Symbole neu in ihrer existentiellen Bedeutung zu erschließen.
     
    ÜBUNG:
Stelle dich aufrecht hin und breite deine Arme waagrecht aus, so dass du in der Haltung des Kreuzes stehst. Sage dir in diese Haltung hinein das Wort Jesu: »Vom Kreuz herab werde ich alle an mich ziehen.« (Vgl. Joh 12,32) Die Kreuzgebärde ist eine Gebärde der Umarmung. Jesus umarmt am Kreuz alle Gegensätze in uns und lässt seine Liebe in alle Gegensätze in mir hineinströmen. Stelle dir vor, dass du in dieser Gebärde wirklich die ganze Welt umarmst, dass alles, was in der Welt ist, auch in dir ist. Deine Finger hören nicht dort auf, wo sie von der Haut umschlossen sind. Stelle dir vor, dass sie ins Unendliche hinein greifen. Die Lateiner sagen: Nihil humanum mihi alienum = Nichts Menschliches ist mir fremd. Du kannst dir vorstellen: Nichts Kosmisches ist mir fremd. Alles, was ich in der Welt sehe, ist auch in mir: das Helle und Dunkle, das Gute und Böse, das Heile und das Zerbrochene, das Gelungene und das Misslungene, Licht und Schatten. In dieser Gebärde meditierst du nicht nur das Symbol des Kreuzes, du lässt es in deinen Leib hinein. Du bist das Kreuz, du bist die Einheit aller Gegensätze. Und du spürst in dieser Gebärde Weite, Freiheit, Offenheit, Liebe. Vielleicht werden dir die Arme allmählich schwer. Es ist nicht immer einfach, alle Gegensätze in sich auszuhalten. Es gelingt nur, wenn du die Liebe Jesu und wenn du deine eigene Liebe in diese Gegensätze strömen lässt. Dann wird deine Gebärde zu einer Erfahrung des Kreuzes: der heilenden und vereinenden Kraft des Kreuzes und der Liebe,
mit der Jesus uns am Kreuz – nach einem Wort des Johannesevangeliums (Joh 13,1) – bis zur Vollendung geliebt hat.

Berührung mit dem wahren Selbst
     
     
    Bildung besteht nach Platon – wie wir oben ausgeführt haben – darin, dass wir uns gute Bilder einbilden. Dazu stehen uns auch die Bilder zur Verfügung, die uns die Bibel als heilend und gut anbietet. Indem wir sie meditieren, können wir sie in uns einbilden. Das ist nicht etwas, was wir uns überstülpen. Vielmehr bringen uns die biblischen Bilder mit den heilenden Bildern in Berührung, die in unserer Seele schlummern. C.   G.   Jung erklärt das so, dass die konkreten Bilder der Bibel den Menschen deshalb so tief berühren, weil sie die archetypische Konstellation in seiner Seele ansprechen. Das zentrale Bild, das wir uns einbilden sollen, ist Jesus Christus selbst. Für C.   G.   Jung ist Christus nicht nur die historische Person, die vor 2000   Jahren gelebt hat, sondern auch ein Archetyp des Selbst, der in uns die Sehnsucht nach dem wahren Selbst anrührt. »Dieser Archetyp des Selbst hat in jeder Seele auf die Botschaft geantwortet, so dass der konkrete Rabbi Jesus in kürzester Frist vom konstellierten Archetypus assimiliert wurde. So verwirklichte Christus die Idee des Selbst.« (Jung GW, Bd 11,170) Was vom Bild Jesu Christi gilt, der uns in Berührung bringt mit unserem wahren Selbst, dasgilt auch für die anderen Bilder der Bibel. Sie sprechen wichtige Sehnsüchte im Menschen an. Indem wir uns diese Bilder einbilden, kommen wir in Berührung mit unserem wahren Selbst mitten in den Bedingungen dieser Welt.
     
    Bevor ich einige biblische Bilder vorstelle, möchte ich die Lehre der Kirchenväter vom Menschen als dem Abbild Gottes anschauen. Im Schöpfungsbericht heißt es in Gen 1,26: »Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich.« Die hebräischen Worte »selem« und »demut« bedeuten eigentlich das Gleiche. In der griechischen Übersetzung

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