Die Heilsame Kraft Der Inneren Bilder
verwandelt, habe ich teil an der Erlösung durch Jesus Christus. Ich werde gleichsam durch den Text neu geschaffen. Das Bild Jesu Christi bildet sich in mich ein und formt mich neu, zu dem wahrhaft gerechten und richtigen Menschen, der in Jesus Christus aufgeleuchtet ist.
Für die Griechen war das Schauen der zentrale Sinn. Gott (theos) ist der, der geschaut wird (theastai). Lukas beschreibt das Schicksal Jesu wie ein Schauspiel. Indem wir dieses Schauspiel anschauen, verwandelt es uns. Das wird deutlich durch die Beschreibung des Evangelisten am Ende des Schauspiels. »Und alle, die zu diesem Schauspielherbeigeströmt waren und sahen, was sich ereignet hatte, schlugen sich an die Brust und gingen betroffen weg.« (Lk 23,48) Wer das Bild Jesu, der am Kreuz hängt, der am Kreuz seinen Mördern vergibt und sich betend und vertrauend in die Hände Gottes fallen lässt, in sich eindringen lässt, der kommt mit sich selbst in Berührung, mit seinem eigenen Herzen, mit seinem wahren Selbst. Und er entdeckt im Schauen auf das Bild Jesu Christi die vergebende Liebe, die auch in seinem Herzen ist, die ihn befähigt, sich innerlich von denen zu befreien, die ihn verletzt haben. Und er geht verwandelt in sein Leben zurück. Das Schauen verwandelt. Für Lukas besteht die heilende Wirkung des Kreuzes darin, es anzuschauen und vor allem auf Jesus zu schauen, in dem der wahrhaft gerechte Mensch aufleuchtet. Indem wir auf den gerechten Menschen schauen, der sich selbst von Hass und Gewalt nicht von seiner Gerechtigkeit abbringen lässt, werden wir selbst gerecht, werden wir ausgerichtet auf unser wahres Wesen hin, werden wir uns selbst gerecht. Das Klopfen an die Brust meint, dass wir mit unserem göttlichen Kern in Berührung kommen. Als Menschen, die ihr spirituelles Selbst im Schauen auf Christus entdeckt haben, können wir verwandelt nach Hause gehen.
Jesus selbst erzählt uns viele Gleichnisse. Er redet in Gleichnissen und Bildern. Er lehrt uns in seinen Gleichnissen, richtig hinzuschauen auf den Sämann, der den Samen aussät, auf den Bauern, der sein Feld pflügt, auf den Winzer, der seine Reben beschneidet, auf das Tun der Hausfrau, die Mehl unter den Sauerteig mischt, auf das Senfkorn, das aufgeht, auf den Hirten, der für seine Schafesorgt. In allem, was geschieht, sieht Jesus ein Bild für unser wahres Wesen. Die Gleichnisse stellen uns aber auch Bilder vor Augen, die auf uns wirken. So hat das Bild des verlorenen Sohnes, der innehält und sich entschließt, zum Vater heimzukehren, vielen Menschen Mut geschenkt, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Das Bild des barmherzigen Vaters, der seinen heimgekehrten Sohn umarmt, hat sich gerade ängstlichen Menschen so eingeprägt, dass sie ihre Angst vor der eigenen Schuld überwinden. Das Bild der Witwe, die hartnäckig um ihr Recht kämpft und sogar den gottlosen Richter bedrängt, hat sich in viele Menschen eingeprägt, die sich aussichtslosen Situationen gegenüber sahen. Jesus verwandelt die Menschen durch die Bilder, die er ihnen vor Augen hält.
In den ersten drei Evangelien (den Synoptikern) erzählt Jesus Gleichnisse, um unsere Augen zu öffnen für unser wahres Selbst und für den wahren Gott. Und viele seiner Worte sind Bildworte, die sich in uns einbilden möchten, um uns auf eine andere Ebene zu führen, auf eine Ebene, auf der uns die Augen aufgehen und wir Gott erkennen. Im Johannesevangelium gibt es keine Gleichnisse. Aber für Johannes bedeutet glauben: tiefer sehen, im Menschen Gottes Herrlichkeit schauen, in dem verwundbaren Menschen Jesus die Liebe Gottes schauen, die stärker ist als der Tod. Johannes überliefert uns sieben Bildworte Jesu: »Ich bin das lebendige Wasser.« »Ich bin der wahre Weinstock.« »Ich bin die Tür.« Jesus lehrt uns, die Dinge so anzuschauen, dass wir ihn selbst darin erkennen. Im Wasser erkennen wir, dass Jesu Geist in uns eine Quelle ist, aus der wir immer schöpfen dürfen. Wenn wir richtig auf dieTür schauen und uns das Bild der Tür einbilden, dann erkennen wir, dass Jesus uns die Tür aufschließt zu unserem Herzen, zum Grund unserer Seele, zu unserem wahren Wesen. Und wenn wir den Weinstock bewusst anschauen, erkennen wir unsere Beziehung zu Jesus. Wir hängen an Jesus, wie die Reben am Weinstock. Wir werden nur Frucht bringen, wenn wir in Jesus sind und von seiner Liebe durchdrungen werden. Oder wir können auch sagen: Nur wenn wir in Berührung sind mit unserem wahren Selbst – dafür steht Christus
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