Die Heimkehr des Highlanders
Wechselbalg untergeschoben und wollten mit der Leiche nichts zu tun haben. Mehr als einmal hatte Ceana, nach Robins Schilderung, im letzten Moment die winzigen Leichname davor bewahren können, ins Herdfeuer geworfen zu werden.
Für all die armen Seelen hatte Ceana ein Herz gehabt und in jedem Clan gab es eine verschwiegene Stelle, wo sie die toten Kinder begrub – in Glenbharr war es jener Broch in Barwick, die Höhle, durch die Robin und Marion durch die Zeit gereist waren.
Seit dem Brand machten die Clanmitglieder einen großen Bogen um die Ruine, und auch Wegelagerer ließen sich kaum jemals in der Nähe blicken.
Dass dem Broch magische Fähigkeiten innewohnten, bewies die Tatsache, dass Joan im Inneren den ersten Kontakt zu ihrer Mutter in der Zukunft aufgenommen hatte. Ihre ganze Willenskraft sowie Ceanas Amulett, das Joan in der Grube neben dem Skelett gefunden und an sich genommen hatte, ermöglichten ihr tatsächlich, Marion zu erkennen, wie sie an ihrem Küchentisch saß und mit Simon heftig diskutierte.
Laird Dòmhnall war mit ein paar Männern zu einigen Pächtern geritten, um endlich wieder selbst nach dem Rechten zu sehen; so konnte es ihm nicht auffallen, dass Marion an diesem Tag besonders viel Zeit mit ihrer Tochter verbrachte. Auch Màiris überstürzter Aufbruch brauchte nicht erklärt zu werden, sofern niemand auf die Idee kam, dem Laird davon zu erzählen.
Die Wartestunden zogen sich zäh in die Länge, es dämmerte bereits und von Màiri und ihrem Schwager war noch immer keine Spur zu sehen.
Unruhig ging Joan auf und ab, eilte alle paar Minuten zum Fenster, um auf den Burghof zu schauen, auf dem es nichts weiter zu sehen gab als ein paar Hühner, die sich das Gras zwischen den Pflastersteinen herauspickten und hier und da eine Magd, die sich am Brunnen zu schaffen machte.
»Du solltest etwas warme Milch trinken, das beruhigt«, schlug Marion vor. Natürlich hatte Joan sie eingeweiht, und Marion versuchte ebenso wie Robin, sie zu beschwichtigen.
Joan dachte gar nicht daran, den Rat ihrer Mutter anzunehmen, sondern behielt ihren Platz am Fenster, von dem sie auch das geschlossene Burgtor übersehen konnte. Das Tor wurde nur geöffnet, wenn Burgbewohner oder Besucher hinein- oder hinauswollten, denn der Wallgraben um Glenbharr Castle sowie die Zugbrücke boten nicht genügend Schutz vor Feinden. In früheren Zeiten waren dies meistens Mitglieder verfeindeter Clans gewesen, deren Fehden oft über Jahrhunderte dauerten.
Seitdem allerdings die Sasannach das schottische Volk unterjochen wollten, waren sie die größten Feinde der Lairds. Mit den meisten Clans hatte man sich geeinigt, gegen den Feind zusammenzuhalten. Daran hielten sich die meisten auch. Nur Wenige sonderten sich ab und verdienten ihren Lebensunterhalt damit, das Vieh der Lairds zu stehlen.
Joan starrte in die zunehmende Dunkelheit. Gerade entzündete einer der wachhabenden Clansmänner einige Fackeln, um den Burghof zu erhellen – allerdings machte keiner Anstalten, das Burgtor zu öffnen, um Màiri einzulassen.
»Wenn den beiden nun etwas zugestoßen ist«, murmelte sie mehr zu sich selbst. »An Tagen wie diesen wünschte ich mir, dass das Telefon schon erfunden wäre.«
Sie spürte die beruhigenden Hände ihrer Mutter auf den Schultern. »Mach dich nicht verrückt, Kind. Ich bin davon überzeugt, dass deine Sorgen unbegründet sind. Wahrscheinlich hat sich Ewan köstlich amüsiert, als seine Schwester plötzlich auftauchte, um nachzusehen, ob er auf Barwick Castle angekommen ist.«
Joans Antwort war ein Seufzen. Wie sollte sie sich ihrer Mutter begreiflich machen? In ihrem neuen Leben hatte sie eine Empfindsamkeit entwickelt, die sie früher nicht gekannt hatte.
Robin hatte die Einladung, über Nacht in der Burg zu bleiben, angenommen. Seine Freunde konnte er immer noch besuchen; erst einmal wollte er wissen, was mit Ewan los war. Entgegen Marions Sorglosigkeit war er wie Joan von einer wachsenden Unruhe ergriffen worden.
»Es kommt jemand!«, rief Joan plötzlich aufgeregt. »Das Tor wird geöffnet!«
Fast gleichzeitig waren auch Marion und Robin am Fenster und sahen, dass zwei Reiter in den Hof geritten kamen – Màiri und Peader.
Als Màiri wenige Minuten später atemlos in der Tür stand, musste sie nichts mehr sagen. Ihre Miene verriet, dass sich Joan keineswegs unnötige Sorgen gemacht hatte.
»Ewan ist nicht in Barwick Castle angekommen«, sagte Màiri kraftlos und ließ sich auf einen Stuhl fallen, dabei
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