Die Heimkehr des Highlanders
Ewan und Milford fehlte jede Spur. Was war passiert?
Milford war kleiner und schmächtiger als Ewan. Sie hielt es für ausgeschlossen, dass er ihren Mann gegen seinen Willen irgendwo anders hingebracht haben könnte – nicht ohne fremde Hilfe.
Unten in der Küche kündete das Klappern von Pfannen und Geschirr an, dass der Koch Ogur bereits auf war und sich mit den Vorbereitungen für das Frühstück beschäftigte. Schon der Gedanke an Essen schnürte Joan den Magen zu. Seitdem Ewan fort war, brachte sie es kaum über sich, einen Bissen zu sich zu nehmen.
Nur der liebenswerten Màiri war es zu verdanken, dass Joan überhaupt etwas aß. Mit ihrer sanften, jedoch bestimmten Art hatte sie ihrer Schwägerin klar gemacht, dass Donny ihre Milch brauchte und er nicht satt werden konnte, wenn seine Mutter sich nicht vernünftig ernährte.
An diesem Tag wurde Robin zurück erwartet, er wollte seine Freunde in Baile a’Coille besuchen und auf dem Rückweg wieder auf Glenbharr Castle einkehren. Sowie es das Wetter zuließ, würden sie hinauf zu St. Cait reiten, um nach Ceanas Grab zu sehen. Natürlich würde Màiri sie begleiten, denn nur sie kannte den genauen Weg.
Am Vorabend hatten Màiri und Joan fieberhaft überlegt, mit welcher Ausrede sie sich an Robins Seite aus der Burg stehlen konnten.
Auch jetzt, als sie auf dem Weg zum Frühstück waren, hatten sie noch keinen plausiblen Grund für einen gemeinsamen Ritt gefunden.
»Am frühen Vormittag will Robin hier sein«, sagte Màiri mit gedämpfter Stimme auf der Treppe. »Bis dahin sollten wir uns für Vater eine gute Geschichte ausgedacht haben. Du weißt ja, wie er reagieren kann, wenn wir ohne seine Zustimmung die Burg verlassen.«
Nachdenklich nickte Joan. Es war ein weiter Ritt bis hinauf in die Berge zu St. Cait und sie würden erst am Abend zurück sein.
»Vielleicht hat Robin ja eine Idee«, sagte sie schließlich halblaut und blickte sehnsüchtig zum Portal, an dem sie in diesem Moment vorbei gingen. Wenn es sich doch öffnen und Ewan eintreten würde.
Joan zuckte zusammen, als sie Màiris Hand auf ihrem Arm spürte. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie vor dem Portal stehen geblieben war und vor sich hin starrte.
»Er wird zurückkommen, das weiß ich«, sagte Màiri an ihrer Seite. »Bisher hat mich mein Gefühl niemals getäuscht, Sèonag. Bitte vertraue auch diesmal darauf und sei nicht mutlos.«
Gequält nickte Joan, und obwohl ihr eigentlich zum Heulen zumute war, lächelte sie. Màiri hatte Recht, ihr Gefühl hatte sie nicht getäuscht, als sie ihrem Bruder prophezeite, dass sie zurückkommen würde, und es hatte sie nicht getäuscht, als Ewan im Kerker befürchten musste, hingerichtet zu werden. Auch da hatte Màiri behauptet, dass Ewan zurückkäme.
Anscheinend hatten sich Darla und Peader wieder einmal gezankt, das konnte Joan an deren verschlossenen Mienen ablesen. Während Paeder seinen Haferbrei löffelte, spielte Darla mit ihrem Töchterchen Ealasaid. Demonstrativ zeigten sich Darla und ihr junger Ehemann die kalte Schulter, wie Joan amüsiert feststellen konnte. Da ihr Platz den beiden gegenüber war, wusste sie bei jeder Mahlzeit, wie jeweils die Stimmung bei ihnen war.
»Du siehst müde aus«, bemerkte Darla und lächelte Joan freundlich zu. »Es wird Zeit, dass Donny nachts durchschläft.« Nach einem vorsichtigen Seitenblick zu ihren Mann fügte sie augenzwinkernd hinzu: »Und dass Ewan zurückkommt, aye?«
Joan versuchte, ihr unverbindliches Lächeln beizubehalten, als sie leichthin erwiderte: »So ist es, Darla. Das Leben der Frauen ist nur halb so viel wert, wenn die Männer nicht zu Hause sind.«
An Darlas Miene erkannte sie, dass ihre Schwägerin wohl nichts dagegen hätte, wenn Peader einige Zeit außerhalb der Burg arbeiten würde – doch Joan wusste auch, dass sich die beiden trotz ihrer ständigen Zänkereien liebten.
Dòmhnall lachte dröhnend, sodass Joan zu ihm hinüber sah. Er und Marion steckten die Köpfe zusammen. Wie gut, dass ihre Mutter sich mit dem Laird beschäftigte, so nahm er vielleicht nicht zu schnell wahr, dass Màiri und Joan nervös waren und stellte keine unangenehmen Fragen.
Marion gestikulierte wild mit den Armen, worauf Dòmhnall schmunzelte. Nur gelegentlich noch nahm seine Miene jenen traurigen Ausdruck an, den die Burgbewohner nach dem Tod seiner Frau allzu gut kennengelernt hatten.
Später gesellte sich Marion zu ihrer Tochter und Màiri, die sich die Zeit bis zu Robins Eintreffen mit dem
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