Die Heimkehr des Highlanders
gefunden«, bemerkte Robin, stieg ab und band sein Pferd an den knorrigen Stamm eines abgestorbenen Baumes. Zaghaft öffnete er das windschiefe Tor, das zum Friedhof führte. »Der Clan scheint sehr gesund zu sein.«
»Oh nein, Mr. Lamont«, berichtigte Màiri, die ebenfalls abgestiegen war. »Die größeren Ortschaften unterhalten inzwischen einen eigenen Friedhof, weil der Weg zu beschwerlich ist. Hier werden nur noch Clansleute aus kleinen Ansiedlungen begraben.«
Joan machte keine Anstalten, vom Pferd zu steigen. Mit brennenden Augen starrte sie zu den verwitterten Holzkreuzen.
Erst als Màiri sie ermunterte, bei der Suche nach Ceanas Grab zu helfen, löste sich Joan aus ihrer Erstarrung. Sie folgte mit Robin ihrer Schwägerin, die leichtfüßig an den Reihen mit den Gräbern vorüber eilte, denn sie erinnerte sich nur zu gut an die Stelle, die sie suchten.
Neben der Kapelle, dort, wo es nur vereinzelte Grabstätten gab, blieb Màiri abrupt stehen und stieß einen spitzen Schrei aus. Ihr Blick hing an einer Erdanhäufung, die offensichtlich erst kürzlich aufgeworfen worden war.
Robin und Joan warfen sich einen entsetzten Blick zu, bevor sie zu Màiri eilten, die wie angewurzelt dastand, die Hand gegen den Mund gepresst.
»Ist das Ceanas Grab?«, fragte Robin mit gerunzelter Stirn, und als Màiri wortlos nickte, ging er vor dem Erdhügel in die Hocke. »Hier hat jemand etwas ausgegraben.«
»Ich habe es geahnt!«, presste Joan hervor. »Ceana ist auferstanden und hat Ewan verschwinden lassen!« Sie schluchzte hysterisch auf, und erst als Robin sie sanft an die Schultern griff, hielt sie inne.
»So beherrsche dich doch, Joan. Ich bitte dich, sieh genau hin. Irgend jemand hat von außen die Erde aufgekratzt und Ceanas Gebeine gestohlen.«
Hektisch schüttelte Joan den Kopf: »Ich will fort von diesem unheimlichen Ort, bringt mich bitte von hier weg.«
»Das werde ich tun, wenn wir wissen, wer für diese Schandtat verantwortlich ist.« Trotz Joans Gefühlsausbruch blieb Robin ruhig und ließ es geschehen, dass sie sich an seine Schulter lehnte.
So standen sie da im eisigen Wind, bis Màiri unvermittelt rief: »Schaut! Hier!«
Während Robin nah ans Grab stürzte, wich Joan nicht von ihrem Platz; dennoch konnte sie nicht widerstehen, einen Blick darauf zu werfen.
»Das solltest du dir ansehen, Joan.« Robins Stimme klang aufgeregt, und als er bemerkte, dass sie keineswegs vorhatte, näher zu treten, winkte er sie heran. »Komm her, es ist alles in Ordnung … nun ja, zumindest fast.«
Mechanisch setzte Joan einen Fuß vor den anderen.
»Du musst keine Angst haben, Sèonag«, meldete sich Màiri zu Wort, auf ihrer Miene zeigte sich Erleichterung. »Ceana ist nicht auferstanden. Sieh her, dort liegen ihre Gebeine.«
Tatsächlich schimmerten unter den Erdbrocken Teile von menschlichen Knochen.
»Ich denke, wilde Tiere haben hier rumgestöbert und einen Teil der Gebeine ausgebuddelt.« Robin nahm die Kratzspuren an der Erde rund um die Grabstelle in näheren Augenschein. »Es sieht ganz danach aus, als wären Wölfe dafür verantwortlich.«
Màiri nickte zustimmend. »Aye, sie müssen einige der Knochen verschleppt haben, das würde jedenfalls Sèonags Albträume erklären.«
Nun ging auch Joan in die Hocke, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, dass ein Teil von Ceanas sterblichen Überresten noch immer in dem Grab verblieben war. Ihre Stimme war mehr ein Hauchen, als sie sagte: »Dann wird Ceana nicht eher Ruhe geben, bis wir ihre Knochen gefunden haben.«
Unsicher sah sie zu den anderen, und als diese nickten, erhob sie sich und schaute unschlüssig in alle Richtungen. »Wie sollen wir in dieser Wildnis anfangen zu suchen?«
Unterdessen hatte Robin vorsichtig mit bloßen Händen Schicht um Schicht des Erdreichs abgetragen und erklärte, dass seiner Meinung nach lediglich der Schädel und ein Oberschenkelknochen fehlten.
»Ich denke, allzu groß wird der Umkreis nicht sein, den wir absuchen müssen«, sagte er, nachdem er sich ebenfalls aufgerichtet und seine Hosenbeine von der Erde gesäubert hatte. »Die Tiere werden schnell gemerkt haben, dass sie nichts Fressbares ausgegraben haben.«
Joan und Màiri begannen, die nähere Umgebung abzusuchen. Joan fragte sich, wie die Wölfe in den umzäunten Bergfriedhof gekommen sein mochten, als sie eine klaffende Lücke im Zaun entdeckte. Sie rief die anderen aufgeregt zu sich, und kurzerhand stieg Robin über den Zaun, während die beiden
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