Die Heimkehr des Prinzen
dass ich vollkommen durchnässt im Palast angekommen bin und ausgesehen habe wie eine Kanalratte.«
Ihre Augen wurden schmal, und sie sah ihn an. »Doch, wirklich, es geht mir gut. Danke der Nachfrage. Und jetzt erzähl mir mal, warum hier unten die Sonne scheint, wo wir doch zehntausend Meilen unter dem Meeresspiegel sind?«
Erstaunt blinzelte er sie an, dann breitete sich ein gefährliches, langsames Lächeln auf seinem Gesicht aus, und ihr Herz fing an, eine schnellere Gangart anzuschlagen. »Tut mir leid wegen des eiskalten Wassers und dass du ausgesehen hast wie eine Kanalratte. Die meiste Zeit kommen wir trockenen FuÃes durch das Portal, aber es hat so seine Mucken und liebt es nun mal, seinen Schabernack mit uns zu treiben.«
Sie verdrehte die Augen. »Ich habe sehr wohl bemerkt, dass du staubtrocken auf der anderen Seite angekommen bist, obwohl du im Wasser direkt neben mir warst. Ich dachte, das hat vielleicht etwas damit zu tun, dass du königlicher Abstammung bist.« Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie zu sehr damit beschäftigt gewesen war, ihre Edelsteine und deren Reaktion auf ihn in den Griff zu bekommen, um sich in irgendeiner Weise zu schützen.
»Nein, ganz und gar nicht. Das Portal hat nicht den geringsten Respekt vor meinen Prinzengenen«, lachte er. »Beim letzten Mal hat es mich fast ertrinken lassen.«
Sie sah ihn erschrocken an. »Wirklich? Warum benutzt du es dann? Das sieht doch jeder, dass du genügend Macht oder Magie oder was auch immer hast, um einen anderen Weg zu finden, hier ein- und auszureisen.«
»Meinst du? Vielleicht hast du recht. Aber wenn man etwas Magisches hat, das seit mehr als elftausend Jahren seine Funktion erfüllt, dann hört man irgendwann mal auf, sich darüber Gedanken zu machen, ob es auch anders gehen könnte.« Seine Stimme war ernst, und der Schatten, der seine Miene nun verdüsterte, lieà sie sich fragen, ob er diese Ãberlegungen früher schon einmal angestellt hatte. Er hielt ihr die Hand hin. »Gehen wir ein wenig?«
Sie hob ihre Hand, doch als die Smaragde an ihren Ringen ein reines, helles Hornsignal ausstieÃen, riss sie sie wieder weg und wich einen Schritt von ihm zurück. Er weitete erstaunt die Augen und zog seinen ausgestreckten Arm ebenfalls wieder zurück. »Was ist das, Erin? Diese Musik, die immer ertönt, wenn ich dich berühre oder dir auch nur nahe komme?«
Sie wich einen weiteren Schritt zurück, obwohl sie sich vollkommen darüber im Klaren war, dass sie nirgendwohin fliehen konnte â sie befand sich nun mal auf dem verlorenen Kontinent von Atlantis, meilenweit unter dem Meer, und »nicht davonlaufen können« gewann hier eine ganz neue Bedeutung.
»Sag mir, Erin, was bedeutet es, eine Melodine zu sein?«
Immer wieder kehrten Vens Gedanken zu der Vision zurück, die er kurz vor der Bombendetonation gehabt hatte. Irgendwie seltsam, wie sich etwas in die Erinnerung eingräbt, was man in dem Moment gedacht hatte, als man glaubte, gleich und für immer in die Luft gejagt zu werden. In seiner Vision hatte Erin genau an diesem Ort gestanden, neben dem hölzernen Pavillon, in dem er sich als Kind immer versteckt hatte. Sie trug jetzt zwar Jeans und Pullover anstatt der blauen Seidenrobe, die er sich vorgestellt â¦
Seine Gedanken kamen stotternd zum Stillstand. HALT ! Weitergehen verboten! Doch sein Verstand â oder war es sein Herz? â knüpften genau an dem Punkt an, den er vorher überhaupt nicht bedacht hatte.
Blaue Seidenroben. Das traditionelle Hochzeitskleid atlantischer Königsbräute.
Mein Gott Poseidon, wenn das deine Vorstellung von einem Witz ist, dann kann ich überhaupt nicht darüber lachen.
Als er die Augen wieder öffnete und den Kiefer lockerte, bemerkte er, dass Erin ihn ansah, als sähe sie etwas Seltsames.
In gewisser Weise war es ja auch so. Ein Atlanter, der sein ganzes Leben lang geschworen hatte, sich nie mit einer Ehefrau zu belasten, hatte plötzlich Visionen von einer Hexe im atlantischen Hochzeitskleid. Sicher war er einer Art von psychischem Zusammenbruch nahe.
»Schlechtes Timing«, murmelte er und schüttelte den Kopf.
»Entschuldige? Schlechtes Timing? Wofür? Schlechtes Timing, mich aus meinem normalen Leben zu reiÃen? Zugegeben, es war nicht so besonders normal, aber wenigstens hat früher niemand Bomben auf mich geworfen.« Ihre
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