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Die Heimkehr des Prinzen

Die Heimkehr des Prinzen

Titel: Die Heimkehr des Prinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Day
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stöhnte auf, wobei er auf erschrekende Weise dem toten Merkel ähnelte. Nur ein einziges Wort löste sich von seinen Lippen – ein Name.
    Ein düsteres, verzerrtes Gebet um Erlösung, die es niemals geben würde.
    Â»Anubisa.«
    Er ging zu Boden, kniete und senkte den Kopf in den Staub. Caligula blieb standhaft aufrecht und erprobte sich und seine Stärke angesichts der beispiellosen Macht der Göttin der Nacht.
    Anubisa schwebte von weit oben herab, aus den finstersten Winkeln der Höhle. Ihr nachtschwarzes Haar glänzte, als liebkosten unsichtbare Sterne die hüftlangen Locken. Der Faltenwurf ihrer weißen Seidenrobe, der sich weder durch Schwerkraft noch durch die Schnelligkeit ihres Herabsinkens bewegte, lag züchtig um ihre Fußgelenke. Je näher sie Caligula kam, desto größer wurde der Druck in seinen Augenhöhlen, bis er das Gefühl hatte, dass die Augen bald herausspringen mussten.
    Â»Und du willst tatsächlich deine Äuglein opfern, nur um mir ein wenig Widerstand zu leisten?« Ihre Stimme zischte über seine Haut wie Säure, und an seinen Armen und auf seinem Gesicht bildeten sich Blasen. Der Druck hinter seinen Augen wurde unerträglich, und so ging er schließlich neben seinem General in die Knie.
    Ihr Lachen trieb ihm Nadeln ins Gehirn, und der Druck auf seine Augen stieg weiter an. »So schnell gibst du auf, Caligula? Ich bin enttäuscht. Vom verderbtesten Herrscher über das Römische Reich hätte ich so viel mehr erwartet. Was war es noch, was du gesagt haben sollst? ›Ich wünschte, das römische Volk hätte nur einen Hals‹?«
    Sie kam einen Schritt näher zu der Stelle, an der Caligula im Staub neben Drakos kauerte. »Das war doch richtig passend, geradezu prophetisch, findest du nicht?«
    Der Druck in seinem Kopf nahm immer stärker zu. Er biss die Zähne zusammen und grub seine zu Klauen verlängerten Finger in die Erde, um nicht vor Schmerz laut aufzuheulen. Doch der Druck stieg und stieg und stieg – gleich würden seine Augen aus den Höhlen platzen von diesem brüllenden, zuckenden Schmerz in seinem Schädel. Caligula hatte die ekelerregende Vision, wie seine Augäpfel vor ihm auf dem Boden rollten, und so gab er schließlich auf und fing an zu schreien.
    Zwei Jahrtausende Stolz gab er auf, um lange und laut zu schreien.
    Er schrie, und sie lachte.
    Und unter ihrem Gelächter erhob sich düster wie der Aussatz ein Gewimmel farbloser Maden, das aus der Erde um ihn herum aufquoll und an seinem Körper hochkrabbelte. Der Druck hinter seinen Augen ließ nach, doch hatte er nun ganz andere Sorgen. Er wälzte sich auf dem Boden und presste die Handflächen gegen das Gesicht, um es vor den Maden zu schützen, die sich von verwesenden Leichen ernährten.
    Ein Fluchtversuch wäre sowieso nutzlos.
    Sie lachte noch immer.
    Â»Ich bin zwar enttäuscht, aber für Amüsement sorgst du wenigstens noch. Seit diese Atlanter mich dazu gebracht haben, meinen Barrabas zu töten, hatte ich ja nicht mehr viel zu lachen, deshalb lasse ich dich für diesmal leben«, sagte sie schließlich. Seine Erleichterung war so groß, dass er ihre nächsten Worte fast überhört hätte.
    Â»Ich will Conlans kleinen Bruder«, flüsterte sie, und fuhr sich mit der langen Kralle ihres Zeigefingers über die Wange. »Ich will den Rächer des Königs für meine eigene Rache.«
    Caligula setzte sich auf und zwang sich, nicht hysterisch um sich zu schlagen, als ein Schwarm von Maden an seinem Körper hochkroch. Alles nur Einbildung. Alles nur Einbildung, sagte er sich innerlich.
    Bis sie anfingen, ihm in den Mund zu kriechen.
    Wieder lachte sie, als sie seine entsetzten Schreie hörte, klatschte schließlich in die Hände, und die Maden verschwanden.
    Und doch konnte er nicht gleich mit dem Schreien aufhören.
    Â»Ich habe mir sagen lassen, dass du für Maden eine ganz besondere … Schwäche hast«, murmelte sie.
    Er hob den Blick und wagte es zum ersten Mal seit ihrem Erscheinen, ihr in die Augen zu blicken, obwohl er wusste, dass er das tunlichst unterlassen sollte. Dennoch konnte er einfach nicht widerstehen. Im selben Moment noch unterlag er, wie jeder andere armselige Mensch, den verführerischen Flammen ihrer roten Augen, die wie unheilvolle Juwelen in ihrem vollkommen blassen Gesicht leuchteten. Solch blendende Schönheit war

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