Die Heimkehr des Prinzen

obszön auf dem Antlitz des qualvollen Todes.
    Anubisa gab ihm einen kleinen Stoß mit ihrem zierlich beschuhten Fuß und warf ihn um. Er fiel auf Drakos, der immer noch still vor sich hin stöhnte und schließlich ins Blickfeld der Göttin geriet.
    Â»Mein lieber Drakos, bist du das? Wo warst du denn, als Barrabas dich brauchte?«, fragte sie mit einer Stimme, in der sich zum ersten Mal, seit Caligula sie kannte, eine leichte Unsicherheit bemerkbar machte. Doch verschwand sie so schnell, dass er glaubte, sich das nur eingebildet zu haben. Er wagte es nicht, weiter darüber nachzudenken, vor Angst, dass sie es spüren könnte und dann die Maden wieder zurückkehren ließe.
    Â»Entweder bist du unzuverlässig, oder du bist ein Verräter, General Drakos«, zischte sie und versetzte dem kauernden Vampir einen Tritt, der ihn vier Meter hoch durch die Luft fliegen ließ, bis er mit voller Wucht auf einem spitzen Felsen am Rand der Höhle krachte, wo er leblos und still liegen blieb.
    Caligula sah zu, wie Anubisa zu der Stelle stürzte, wo Drakos gelandet war. »Doch im Prinzip ist mir das ganz egal, denn heute ist der Tag, an dem du sterben wirst. Und dass dir eines klar ist: Es wird ein sehr langsamer Tod für dich sein«, rief sie aus, und ihr schrilles, irres Lachen trieben Wahnsinn und Schmerz, scharf wie Glassplitter, in Caligulas Ohren.
    Als Anubisa vor ihm landete, hob Drakos endlich den Kopf vom Boden und blickte fast – aber doch nicht ganz – zu der Göttin auf. »Ich bin kein Verräter, und das kann ich beweisen«, sagte er mit einer Stimme, die so rau und gebrochen klang, wie es sein Körper bald sein würde. »Ich kann Euch die Rädelsführerin ausliefern, Quinn.«

8
    In den Palastgärten von Atlantis
    Erin starrte verzückt auf das leuchtend bunte Blumenmeer, in dem sie viele Arten entdeckte, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie war dem gepflasterten Weg vom Schloss her gefolgt und hatte hinter einer Biegung üppige purpurrote Blumen entdeckt, die Rosen sehr ähnlich sahen, nur dass die Blüten hier tellergroß waren. Sie überwucherten die dunkelgrünen Blätter der Büsche um einen kleinen Pavillon aus weißem Holz. Der Farbkontrast war überwältigend, und eine schmerzvolle Sekunde lang wünschte sie, ihre Schwester Deirdre könnte den Anblick mit ihr teilen.
    Sie hatte kurz das geräumige Zimmer, das man ihr im Palast zugewiesen hatte, verlassen und eine Tür nach draußen gefunden, wo sie die ersehnte frische Luft und Weite fand. Da stand sie nun, zum ersten Mal alleine, seit sie vor einigen Stunden in Atlantis angekommen waren, umgeben von den wilden und zarten Düften einer Blütenkaskade voller Schönheit.
    Â»Atlantis«, flüsterte sie und ließ sich die Silben auf der Zunge zergehen. Atlantis. Ein Kontinent, aus Mythen geboren und verloren im Reich der Legenden. Und doch stand sie nun plötzlich mittendrin.
    Es schien unmöglich, doch das Unmögliche war Wirklichkeit geworden.
    Die Opale an ihren Fingern sangen ihr zu, warnten sie vor seinem Erscheinen, nur Sekunden, bevor schimmernder Dunst vor ihr aufleuchtete.
    Das Sonnenlicht – Sonnenlicht? Hier? – brach sich in einem Prisma blitzender Diamanten, und schon war er da. Ven.
    Â»Dachte ich mir doch, dass ich dich hier finden würde«, sagte er und verneigte sich leicht. »Geht es dir gut?«
    Sie starrte zu ihm hoch und wollte dem Gefühl von Wärme nicht trauen, das in ihr aufgestiegen war, als er vor ihr erschien. Dem Gefühl von Sicherheit. Von Heimat. Sie kannte diesen Mann nicht, ganz gleich, was ihr die Ringe an ihren Fingern auch erzählten. Vielleicht war es kleinlich, aber die Tatsache, dass er so verdammt gut aussah in seinem weißen Hemd und den Jeans und mit dem welligen Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte, empfand sie eher als störend. Es schreckte sie fast ab. Ihre Smaragde sangen wieder, und die Opale stimmten harmonisch mit ein. Sie biss die Zähne zusammen bei diesen Klängen. Was wissen Edelsteine denn schon? Es sind doch nur taube Brocken Gestein.
    Â»Mir geht’s gut«, sagte sie endlich. »Erstaunlich gut, wenn man bedenkt, dass du mich vor Whidbey Island ins eiskalte Wasser gestoßen hast, unter dem Vorwand, ein magisches Portal würde sich öffnen und mir zum mythischen verlorenen Kontinent Einlass gewähren, und ganz abgesehen davon,