Die heimliche Braut
von einem Sir Nicholas of Dunkeathe gehört!
Ungeduldig stapfte Riona in ihrer Kammer auf und ab. Wo Onkel Fergus bloß blieb? Was mochte ihn aufgehalten haben? Zwar war es schon weit über die Zeit für das Abendessen hinaus, doch sie hatte keineswegs die Absicht, sich in den Burgsaal zu begeben, selbst für den Fall nicht, dass Fergus schon nach der Rückkehr aus dem Dorfe dorthin gegangen sein könnte. Er würde sie gewiss suchen, sobald er ihre Abwesenheit feststellte. Dann würde sie ihm eröffnen, dass sie abreisen wollte.
Da vernahm sie die vertrauten und raschen Schritte ihres Onkels draußen im Gang vor ihrem Gemach. Erleichtert und furchtsam zugleich, eilte sie zur Tür, und schon starrte sie bestürzt in sein zorngerötetes Gesicht.
“Ach, Riona, hier bist du!”, tönte er, als er mit fliegendem Umhang in seine Kammer stürmte. “Ich hatte dich im Burgsaal vermutet. Zum Glück warst du nicht dort.”
“Du etwa auch nicht?”
“Nein, ich war bei Fredella. Es ist etwas Schreckliches vorgefallen.”
Dabei hatten die beiden am Morgen doch noch so glückselig gewirkt! “Hattet ihr Streit?”
“Gott bewahre, nein! Es geht um Percival, diesen Haderlumpen! Dieser widerwärtige, dämliche Gockel! Mein Schwert sollte ich zücken und den Halunken einen Kopf kürzer machen! Das würde ihm seine zierlichen Löckchen ordentlich durcheinander bringen! Wahrscheinlich wickelt er sich die mit Zangen!”
Offenbar hatte Fergus von dem Vorfall im Dorfe erfahren!
“Ich bitte dich, Onkel, rege dich nicht so auf!”, bat sie ihn in der Hoffnung, er werde sich beruhigen. “Wie du siehst, bin ich wohlauf. Mir ist nichts zugestoßen.”
Er hielt im Hin- und Herlaufen inne und blickte sie verdutzt und stirnrunzelnd an. “Hat er dich denn ebenfalls bedroht?”, wollte er wissen.
Nun war es an ihr, verwirrt zu sein. “Nein, bedroht hat er mich nicht”, erwiderte sie vorsichtig. Im Grunde war es schlimmer gewesen als eine Bedrohung, aber sie wollte vermeiden, dass Fergus dem Kerl an die Gurgel ging.
Onkel Fergus fuhr sich mit der Hand durchs Haar, bis es ganz zerzaust war. “Nachdem Fredella und ich aus dem Dorfe zurück waren, begleitete ich sie noch zum Gemach ihrer Herrin. Dort fanden wir das arme Mädchen völlig verstört vor. Sie brachte kaum einen Ton heraus. Percival, dieser Schafskopf, hatte ihr verboten, je wieder mit uns zu reden! Hat dieser Hornochse dir etwa auch untersagt, dich mit Lady Eleanor zu treffen?”
“Nein, mir hat er nichts dergleichen befohlen”, antwortete Riona.
“Dieses widerwärtige Stück Dreck hat ihr außerdem noch damit gedroht, er werde sie ins Kloster stecken, falls sie Sir Nicholas nicht dazu bringt, sie zur Gattin zu nehmen! In ein Konvent, irgendwo in einem gottverlassenen Winkel! Dorthin will er sie abschieben! Und der bringt es glatt fertig, dieser gottverdammte Narr! Sieht der denn nicht, dass das arme Ding keine Chance hat? Dass all seine Drohungen nicht das kleinste bisschen daran ändern?”
Was Eleanors Chancen anging, so teilte Riona die Meinung ihres Onkels nicht. Im Gegenteil: die Einzige auf Dunkeathe, die keinerlei Aussicht auf eine Ehe mit dem Burgherrn hatte, stand direkt vor ihm. Und falls es Eleanor gelänge, durch die Heirat mit dem normannischen Ritter von ihrem Cousin loszukommen, konnte ihr eigentlich nichts Besseres widerfahren. “Onkel, ich glaube nicht, dass Sir Nicholas’ Wahl auf mich fällt, aber Eleanor könnte sich vielleicht Hoffnungen machen. Wenn ich von Dunkeathe abreisen würde …”
Entgeistert starrte ihr Onkel sie an. “Die arme Eleanor mag ja ein liebes Mädchen sein, aber dir kann sie nicht das Wasser reichen, Riona! Natürlich wird er dich zur Frau nehmen! Der ist doch kein Einfaltspinsel! Im Gegensatz zu diesem Esel von Percival!” Er schüttelte den Kopf. “Nein, nein, wir müssen uns etwas einfallen lassen! Damit der Halunke es sich zwei Mal überlegt, ehe er seine Cousine fortschickt, nur weil Sir Nicholas sie nicht nimmt! Jawohl, und damit er sie nicht von Fredella trennt!”
Offensichtlich, so Riona, war Onkel Fergus nicht von der Vorstellung abzubringen, Sir Nicholas würde um ihre Hand anhalten. Angesichts seiner Aufregung verzichtete sie auf weitere Argumente und nahm sich vor, ihre eigenen Sorgen auf später zu vertagen.
“Vielleicht solltest du dich an Sir Nicholas wenden und ihm Bericht erstatten”, schlug sie vor. “Als Ritter hat er schließlich einen Schwur geleistet, der ihn verpflichtet, Frauen zu
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