Die heimliche Braut
fähig sie schien. Oder wie verlockend.
“Was?”, krächzte Percival und starrte Eleanor völlig fassungslos an. “Du weißt nicht, wie man Küchengehilfen beaufsichtigt? Was soll das heißen? Ja, habe ich’s denn mit einem dummen Huhn zu tun?”
Eleanor wand sich verzweifelt. “Ich hatte doch nie Gelegenheit, es zu lernen!”
“Deine Mutter hat dich niemals gelehrt, wie man das Gesinde anleitet?”
“Vor ihrem Tod war ich noch zu klein dazu! Und du hast mir ja nie …”
“Der Teufel soll deine Eltern holen! Mit dir haben sie mir einen Mühlstein um den Hals gehängt!”
Die ständigen Nörgeleien ihres Cousins konnte Eleanor ja ertragen, aber als er auch ihre Eltern beschimpfte, blitzte sie ihn zornbebend an. “Ich verabscheue dich!”
“Das ist mir egal!”, blaffte er zurück. “Dabei müsste dir doch umso mehr daran gelegen sein, Sir Nicholas zu ehelichen. Damit du mich loswirst! Aber stattdessen erzählst du mir, dass du als Burgherrin nichts taugst.”
Schon holte er mit einem ihrer elfenbeinernen Kämmchen aus, als wolle er es ihr an den Kopf werfen. Da aber ertönten vom Burghof her Lärm und Hufgeklapper, so dass er innehielt und ans Fenster trat, um nach der Ursache zu forschen. “Das muss wohl Nicholas’ Schwester sein. Und dieser Schotte, den sie geheiratet hat.” Er wirbelte herum, ein gehässiges Funkeln in den Augen. “Den Kerl musste sie heiraten – weil man sie zusammen in ihrem Schlafgemach erwischte. Mitten in der Nacht!”
Eleanor wandte sich zur Tür, aber er stellte sich ihr in den Weg. “Wohin so eilig? Willst du etwa zu Sir Nicholas und ihm berichten, was für ein verkommenes Subjekt ich bin? Tu dir keinen Zwang an! Aber ich bezweifle, dass ihn das reizen würde, dich zu nehmen! Sonst würde ich’s dir sogar selber vorschlagen! Nein, liebe Cousine, wir werden stattdessen Folgendes tun: Du wirst ihn verführen! Irgendwie musst du’s hinbiegen, dich in sein Bett zu schmuggeln und seine Geliebte zu werden. Und ich werde euch in flagranti ertappen! Dann muss er dich heiraten!”
“Das ist abscheulich!”, rief sie, bemüht, sich an ihm vorbeizuwinden.
“Was macht das schon, wenn’s klappt?”, fragte Percival, wobei er sie grob beim Arm packte und festhielt. Anzüglich glitt sein Blick über ihr Gesicht und ihren Körper. “Dürfte dir doch nicht schwer fallen, ihn zu verführen!”
“Ich entehre mich nicht!”
“Wir müssen geschickt vorgehen”, sinnierte er laut, ohne auf ihren Widerstand und ihr Entsetzen zu achten. “Wirf ihm schmachtende Blicke zu! Lass dir etwas einfallen, damit du wie unabsichtlich an ihn gedrückt wirst! Pass Gelegenheiten ab, wo du mit ihm allein sein kannst – für ein paar heimliche Küsse!”
“Das tue ich nicht!”
Percival legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie an seinen hageren Körper, der nach Wein und schalem Parfüm roch. In seinen Augen lag ein wollüstiger Blick, den sie nie zuvor gesehen hatte. “Jawohl! Mich dünkt, am besten fangen wir langsam an. Zunächst ein paar Küsse deiner so schönen weichen Lippen, ein wenig Maunzen und Seufzen, und dann behauptest du, du hieltest es vor Sehnsucht nicht aus. Dann kann er gar nicht anders!”
“Ich mache mich nicht zur Dirne!”
Er zog sie noch heftiger an sich, so dass sie kaum Luft holen konnte. “Und ob du das tust!”, zischte er. “Denn eins verspreche ich dir, liebste Cousine: Sollte ich dich tatsächlich ins Stift stecken, so gehst du nicht im Stande der Jungfräulichkeit dorthin. Ganz gleich, ob Sir Nicholas den Spaß hat oder ich.”
Sein Mund presste sich grob auf den ihren; seine Hand legte sich gierig auf ihre Brust. Bestürzt und entsetzt, stieß sie ihn unter Aufbietung aller Kräfte von sich. “Rühr mich nicht an!”
Er lächelte nur kalt und tupfte sich mit dem Ärmelbündchen die Lippen ab. “Entweder Sir Nicholas oder ich, meine Teuerste!”, drohte er, wobei er zur Tür ging. “Du hast die Wahl.”
Riona und Polly waren gerade mit einem Korb Fische fürs Abendbrot auf dem Rückweg vom Vorratslager, als die Magd Riona beim Unterarm fasste und dann auf einen Mann wies, der soeben in den Burghof einritt. Groß gewachsen und breitschultrig, angetan mit Schottentracht, Hemd und Stiefeln, thronte er auf einem edlen Pferd. Das dunkle, seitlich zu zwei schmalen Zöpfen geflochtene Haar fiel ihm auf die Schultern.
“Das ist Adair Mac Taran!”, raunte Polly verzückt im Flüsterton, als fürchte sie, er könne sie hören, wenngleich sie
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