Die heimliche Braut
eine Machtposition bei Hofe ein, und auch Percival verfügt dort über einflussreiche Freunde.”
Marianne musterte ihn eingehend. “Ja, aber bist du denn auch angetan von den Damen? Empfindest du Sympathie für sie?”
Achselzuckend zerkaute Nicholas einen Bissen Fisch. “Einigermaßen, ja.”
“Aber Nicholas …”
Adair stupste seine Frau in die Seite. “Es ist seine Wahl, Marianne! Nicht deine! Lass den Mann gewähren, egal, ob’s gut oder schlecht ausgeht!” Wie so oft bedachte er seine Gemahlin mit einem ganz bestimmten Blick, welcher Nicholas verriet, dass es vielleicht doch so etwas wie Liebe gab. “Als wir uns begegneten, haben wir uns auch nicht gleich ineinander verliebt! Dennoch, irgendwie hat sich alles eingerenkt.”
Marianne lächelte ihrem Mann rasch zu. “Aye, das stimmt,
m’eudail.”
In diesem Moment flog das Tor zum Saal auf. Zwei Männer stolperten torkelnd in die Halle hinein, die Arme einander um die Schultern gelegt – Roban und Fergus Mac Gordon. “Oho, oho!”, grölten beide aus vollem Halse. “Das war die Maid aus Killamagroo!”
Kaum war das Lied zu Ende, salutierte Roban dem Ehrentisch mittels eines kleinen Holzfasses, welches er in der freien Hand trug. “Adair! Marianne! Schaut nur, wen ich gefunden habe! Fergus Mac Gordon!”
Ebenso wie sein Trinkkumpan war sich auch Roban nicht im Geringsten bewusst, welches Aufsehen ihr Erscheinen erregte. Abscheu spiegelte sich in Lord Chesleighs Miene, und seine Tochter rümpfte angewidert die Nase. Sir Percival verzog verächtlich das Gesicht, Graf D’Anglevoix guckte, als habe er solch einen Anblick noch nie gesehen, während Lady Lavinia und Audric entsetzte Blicke tauschten. Lady Priscilla kicherte wieder einmal, wenn auch nervös. Lady Eleanor wirkte wie vom Donner gerührt, und ihre Zofe wurde aschfahl im Gesicht.
Sowohl Adair als auch Nicholas erhoben sich von ihren Plätzen, während die zwei Neuankömmlinge zur Ehrentafel wankten und sich grinsend verneigten. “Seid gegrüßt, Clanhäuptling der Mac Tarans!”, rief Fergus. “Und auch Ihr, seine bezaubernde Gemahlin!”
“Roban, du bist betrunken!”, erklärte Adair, nachsichtig und belustigt zugleich. “Geh, schlafe erst einmal deinen Rausch aus! Und deinem neuen Freund schlage ich ebenfalls vor, sich zurückzuziehen!”
“Ich bin nicht betrunken!”, dröhnte der hünenhafte Schotte. “Sondern nur gut gewässert!”
Aus dem Küchengang kam in diesem Moment Riona gestürzt. Schamrot im Gesicht und unübersehbar peinlich berührt, marschierte sie schnurstracks auf den angeheiterten Fergus zu. “So, Onkel”, sagte sie und legte ihm den Arm um die Schulter. “Du hast deinen Spaß gehabt, aber nun solltest du ein wenig ruhen!”
“Ruhen?”, polterte Fergus und hob abwehrend die Hände, als sei das der lächerlichste Vorschlag, der ihm seit Jahren zu Ohren gekommen war. “Wer braucht hier Ruhe? Roban möchte doch erst die Geschichte hören von meiner Wildschweinjagd! Die mit dem Hund, als mein Stiefel …”
Riona fuhr ihm in die Parade. “Hast du denn schon gespeist, Onkel?”, fragte sie, bereits mit einem Anflug von Verzweiflung in ihrer lieblichen Stimme. “Es gab heute Abend mit Hafermehl panierten Hering. Bestimmt ist noch etwas davon übrig. Kommt doch mit mir in die Küche, ihr zwei!”
Nicholas wurde die Sache unangenehm. Das hatte Riona nicht verdient, dass sie sich dermaßen bloßstellen musste. Es war klar ersichtlich, wie verlegen und beschämt sie war.
“Was sagt sie? Hering in Hafer?”, rief Roban aus, während Nicholas um die hohe Tafel herumkam, entschlossen, die beiden Trunkenbolde höchstpersönlich aus dem Saal zu entfernen, sollten sie nicht freiwillig mit Riona gehen. “Warum hast du nicht vorher gesagt, dass uns hier ein solcher Leckerbissen erwartet? Ich fürchtete schon, es wäre dieses Gekröse!” Angewidert verzog der Hüne das Gesicht, schüttelte sich und flüsterte vernehmlich: “Wie diese normannischen Mägen das verdauen, werde ich nie begreifen.”
“Essen können wir später, Riona”, verkündete Fergus. “Denn von Musik verstehen die Normannen ja ebenfalls nichts.” Dabei grinste er Roban an. “Los, lass uns das Lied vom alten Mac Tavern und seinem Hund zum Besten geben!”
Da aber trat Nicholas auf die beiden zu, bereit, sie nötigenfalls eigenhändig aus der Halle zu schleifen. “Ich finde, ihr zwei solltet jetzt speisen”, schlug er vor. Er legte den Zechern die Arme um die Schultern und lenkte
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