Die heimliche Gemahlin
nicht den Gefallen tun, hier auf ihn zu warten. Dann wird er doch beim vereinbarten Treffpunkt erscheinen müssen. Ich mache ihm schon deutlich, dass andernfalls das Leben der Kleinen in Gefahr ist.“
„Also schreckst du selbst vor Mord nicht mehr zurück“, meinte Daniel entsetzt.
„Danny!“ rief Crouch vorwurfsvoll. „Verdammt, Junge, ich dachte, du kennst mich besser. Kein Haar würde ich dem Mädchen krümmen! Nur weiß Knighton das nicht. Der hält mich für den Teufel persönlich. Soll er ruhig, solange er nur das Geld abliefert. Wenn ich es erst habe, verschwinde ich nach Frankreich.“
„Und was wird aus mir und meiner Gemahlin?“
Crouch senkte den Blick. „Tut, was man euch sagt, und es wird euch nichts geschehen.“
Daniel war sich bewusst, dass Jolly Roger versuchte, ihm auszuweichen. Sie sollten auf ein Schiff mit der Bande, wo man sie jederzeit über Bord werfen konnte, und ihre Leichen nie gefunden würden? Sollte Daniel darauf vertrauen, dass der eigene Onkel ihn nicht verriet, obwohl dieser Daniels Eltern ans Messer geliefert hatte?
Das Risiko wollte Daniel keinesfalls eingehen. Immerhin war er für Helenas und Juliets Leben verantwortlich. Crouch konnte ebenso gut das Geld einstecken, sie alle drei unter die Erde bringen und dann nach Frankreich fliehen. Selbstverständlich wusste der alte Schmuggler ganz genau, dass ihn dort niemand mehr an den Strang zu bringen vermochte.
Crouch wandte sich langsam um. „Ah, und da ist auch schon Pryce mit dem Mädchen. Pünktlich zum Aufbruch.“ Aus einem der vielen Tunnel, die in die Höhle führten, tauchte nun ein junger Mann auf. Sein Auftreten und die elegante Kleidung verrieten den Gentleman. Hinter ihm stand Juliet, wie Daniel erkennen konnte.
Angestrengt musterte Pryce Daniel und Helena. Dann flüsterte er Juliet etwas zu, die die beiden nun auch erblickt hatte. Zu Daniels Erleichterung lief Juliet nicht zur Schwester hinüber, wie er befürchtet hatte. Stattdessen schaute sie nur ängstlich von Jack zu Crouch.
„Wie ich sehe, hast du Besuch, Jolly Roger“, rief nun Pryce.
Düster blickte Crouch zu ihm hinüber. „Das ist Knightons Privatsekretär, Daniel Brennan. Er und seine Gemahlin sind dir auf die Spur gekommen, du Esel. Wie konntest du nur so unvorsichtig sein?“
„Das scheine ich dann wohl tatsächlich gewesen zu sein“, gestand Pryce und guckte Helena an. „Seine Gemahlin, sagst du?“
„Richtig“, bestätigte Crouch. „Danny war so dumm, sie mitzunehmen.“
Daniel hielt den Atem an. Gleich würde Pryce den alten Schmuggler über seinen Irrtum aufklären und ihm offenbaren, dass er nun sogar zwei Verwandte von Knighton in der Gewalt hielt.
Doch Pryce musterte stattdessen lediglich Daniel. „Wirklich gedankenlos, Mr. Brennan. Wie konnten Sie nur darauf verfallen, Ihre ... nun ... Gemahlin hierher in diese Schmugglerhöhle zu bringen? Ausgesprochen rätselhaft.“ Helena holte tief Luft. Sie schien ebenso wie Daniel darüber erstaunt, dass Pryce sie nicht verraten hatte.
„Ich musste annehmen, Sie wären mit Juliet durchgebrannt“, erwiderte Brennan. „Andernfalls hätte ich sie daheim gelassen, das dürfen Sie mir glauben.“ Was mochte Pryce Vorhaben? Und warum kam es Daniel so vor, als ob Pryce Juliet mit dem Körper deckte, während er eine Hand in der Manteltasche verborgen hielt?
„Weiß Knighton also jetzt, dass Sie hinter der Sache stecken, Crouch?“ fragte Pryce.
„Wahrscheinlich“, vermutete Roger. „Deshalb muss ich den Plan ein wenig ändern. Ich werde Danny Boy und dessen Gemahlin mit mir nehmen. Sie hingegen werden hier bleiben müssen.“
„Warum?“ Pryce gefiel der Gedanke offensichtlich nicht. „Soll ich Knighton etwa als Zielscheibe dienen, wenn der mit einer Brigade Soldaten in Hastings einmarschiert?“ „So dumm wird er nicht sein. Immerhin muss er davon ausgehen, das Leben des Mädchens damit zu gefährden. Sie müssen ihm klar machen, dass er die Kleine nie wiedersieht, wenn er das Lösegeld nicht zahlt.“
„Nein“, widersprach Pryce ruhig.
Entschlossen nahm Crouch die mageren Schultern zurück. „Was soll das heißen?“
„Sie wird nirgendwo hingehen ohne mich.“
„Sie werden genau tun, was ich gesagt habe.“
Funken schienen aus Pryce’ dunklen Augen zu sprühen. „Ich habe meinen Teil unserer Vereinbarung eingehalten, Crouch, und sie auf dem unauffälligsten Weg hierher gebracht. Das kann man von Ihnen bisher kaum behaupten. Deshalb lasse ich Juliet nicht aus
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