Die heimliche Gemahlin
Daniel kam mit Crouch im Schlepptau herein. „Die Postkutsche Richtung London wird in wenigen Minuten hier sein, und ich habe zwei Plätze für euch gebucht“, kündigte er an.
„Begleiten wir dich denn nicht nach Dover?“ erkundigte sich Helena.
Sanft legte Daniel ihr die Hand auf die Schulter. „Das wäre unklug. Falls Griffith bereits in London eingetroffen ist, werden er und Rosalind außer sich vor Sorge um euch sein. Außerdem kann ich ruhiger schlafen, wenn ich weiß, dass ihr zwei bei ihm in Sicherheit seid. Schon heute Abend solltet ihr wohlbehalten ankommen.“
„So bald?“ Helena schien erstaunt zu sein.
Er lächelte. „Du wärst überrascht, wie schnell man vorankommt, wenn man keine Spuren verfolgt, kein Gig zusammenbricht oder du dich nicht vor heimtückischen Schmugglern verstecken musst.“
Und sich nicht in Tavernen betrinkt und nicht im Stall liebt, fügte sie im Stillen hinzu und errötete. „Wie lange wirst du unterwegs sein?“
„Kaum länger als einige Tage, nehme ich an. Vielleicht muss ich meinem lieben Onkel hier helfen, noch ein paar alte Rechnungen zu begleichen, und dann sorge ich dafür, dass er England für immer den Rücken kehrt.“
Draußen hörte man die Postkutsche Vorfahren.
„Geht jetzt“, drängte Daniel. „Ich werde keine Ruhe finden, bevor ich euch nicht sicher in London weiß.“
Eiligen Schritts brachte er die Schwestern zur Kutsche. Als er Helena hinein half, wandte sie sich zu ihm um und sah ihn ängstlich an. „Du wirst doch zu mir kommen, Danny?“ „Ja, Liebes.“ Er hauchte einen Kuss auf ihre Hand. „Ich verspreche es.“
Dennoch zerbrach sich Helena auf dem ganzen Weg nach London den Kopf darüber, ob Daniel sein Versprechen halten würde. Die letzte Nacht mit ihm war unglaublich gewesen. Sie hatte Helenas altes Leben für immer beendet. Trotzdem hatte er kein Wort über eine mögliche Heirat verloren. Und heute hatte er weitere hässliche Wahrheiten von seinem Onkel erfahren müssen. Sie hatte das Gefühl, sterben zu müssen, wenn er sie deshalb nun erneut von sich stoßen würde.
Doch andererseits: Sollte er es nur ruhig versuchen! Dann würde er den schlimmsten Streit seines Lebens am Hals haben. Ganz gleich, was für Dummheiten er sich in seinem Dickschädel ausdachte, einer Ehe mit Helena konnte er nun nicht mehr entgehen.
In Knighton House fanden sie bei ihrer Ankunft ein entsetzliches Durcheinander vor. Auch Griffith und Rosalind waren gerade erst angekommen, und der Schwager hatte bereits nach Soldaten und Detektiven geschickt, die nun in der Empfangshalle herumstanden und sich im Arbeitszimmer drängten. Die Männer machten einen fast ebenso heruntergekommenen Eindruck wie Crouchs Männer. Mit Mühe verschafften sich auch Helena und Juliet Zutritt zu dem Raum, in dem Griffith den jungen Seth Atkins gerade einem peinlichen Verhör unterzog.
„Wir sind wieder da!“ rief Juliet fröhlich, worauf vollkommene Stille eintrat.
Rosalinds Gesichtsausdruck wechselte von erstem Entsetzen zu größter Freude. „Juliet! Helena!“ schrie sie und eilte auf die beiden zu.
Es folgten Tränen, Umarmungen und endlose Fragen. Es dauerte einige Zeit, bis die Soldaten und Detektive abzogen, Seth in einem Gästezimmer untergebracht war und im ganzen Haus wieder Ruhe einkehrte. Helena, Juliet und Rosalind hatten auf dem Sofa im Arbeitszimmer Platz genommen. Rosalind saß in der Mitte und ergriff die Hände ihrer beiden Schwestern, als ob sie fürchtete, die beiden Mädchen könnten jeden Augenblick wieder verschwinden.
„Ich begreife einfach nicht, warum Helena sich als Daniels Gemahlin ausgab. Was sollte der Blödsinn?“ meinte Griffith verständnislos. „Der kleine Atkins bestand darauf, dass Mrs. und Mr. Brennan ihn schickten.“
„Ach das“, erwiderte Juliet amüsiert. „Um Helenas Ruf zu schützen, mussten sie und Daniel so tun, als wären sie verheiratet. Ein Mann kann doch schließlich nicht mit einer ledigen Dame auf Reisen sein!“
Misstrauisch zog Griffith die Brauen hoch. „So, so. Seth schien nicht der Ansicht zu sein, dass dies der alleinige Grund war. “
Helena warf Griffith einen kühlen Blick zu. „Dann hat Seth sich geirrt.“ Keinesfalls wollte sie berichten, was zwischen ihr und Daniel vorgefallen war. Solange er nicht hier eingetroffen war, würde sie schweigen. Obwohl sie ihn gern als ihren Verlobten vorgestellt hätte, musste er doch erst seinen Antrag erneuern.
Bedauerlicherweise gab Griffith sich damit nicht
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