Die heimliche Lust
sexuell nicht von der Stelle zu rühren, damit keiner von beiden je ein negatives, angstvolles Gefühl zu haben braucht?«
In den Worten der ein Jahrzehnt älteren Ellie: »Meine Ehe muß ein Teil von mir sein, nicht umgekehrt. Von jetzt an werde ich mich nicht mehr der Liebe unterordnen — oder vielmehr, der Definition eines anderen von Liebe .«
Wenn dieses Neuaushandeln, dieser Wiedereintritt in die Ehe auf einer neuen Basis bedeutete, daß sie in Schwierigkeiten kämen, dann würden sie diese durchstehen. Ihre Vitalität, das wußten sie, hing von der gleichberechtigten und leidenschaftlichen Beziehung ab, die sie gefunden hatten, indem sie sie selbst waren. Diese Gewißheit machte sie unwillig, in einem Zustand zu verharren, in dem sie auf eigene Lust verzichten mußten.
13. »Die meisten Leute finden, ich hätte bleiben sollen«
Als ich wieder mit Amanda sprach, hatten sie und Daniel sich getrennt. Es war ein Jahr nach unserer letzten Begegnung. Wir verabredeten ein Gespräch in meiner Wohnung.
DH: Vor einem Jahr sagten Sie, Sie wollten für eine Weile mehr zu Hause bleiben, und Daniel arbeite daran, mehr aus sich herauszugehen. Was ist geschehen?
A: Ich bin tatsächlich lange zu Hause geblieben, acht Monate. Ich hatte sehr gemischte Gefühle dabei. Einerseits fühlte ich mich geborgen und sicher und stabil, und ich hatte jemanden, der neben mir schlief; und andererseits war ich todunglücklich. Ein Teil meiner Seele lag einfach brach. Es ist nicht Daniels Schuld — es ist niemandes Schuld. Aber ich war sehr traurig.
Ich bin ein Mensch, der die Arbeit braucht; ich bin eine Schauspielerin ; ich bin eine Künstlerin — nein, ich werde eines Tages eine Künstlerin sein; jetzt bin ich eine Schauspielerin. Ich wurde immer depressiver. Und dann fuhr ich weg und bekam diese Rolle — ich war die Nina in Tschechows Möwe.
Nina ist eine Frau, die von zu Hause weggeht — sie ist Schauspielerin. Sie verläßt ihre Angehörigen — die sie an die Leine legen wollen —, um zu tun, was sie tun will. Wenn man der Typ Schauspielerin ist wie ich, spielt man diese Rolle nicht, ohne daß sie eine tiefe Wirkung auf einen ausübt — wie ein Vampir habe ich das in mich hineingesogen. Eine Frau, die zu der Erkenntnis kommt, daß diese Träume über die Schauspielerei, die sie als hellwache junge Frau hatte — über Glanz und Ruhm — , nicht das Wesentliche am Spielen sind. Worum es in Wirklichkeit geht ist, durchhalten zu lernen.
DH: Sie meinen »durchhalten« im Sinne von die Kraft haben, seinen Träumen zu folgen?
A: Ja. Diese Frau, Nina, hatte diese Kraft — und sie hat sie mir geschenkt. Sie war ein Teil von mir, und gleichzeitig hat sie mir geholfen, das in mir zu sehen.
DH: Hatten Sie damals schon die Entscheidung getroffen, Daniel zu verlassen?
A: Nein, das hatte ich noch nicht. Ich hatte die Entscheidung getroffen, meinen Beruf auszuüben und nicht zu Hause zu bleiben, egal, welche Schwierigkeiten das für meine Ehe nach sich zog. Und ich arbeitete mit diesem Regisseur, der wußte, was ich durchmachte, der mich verstand. Daraus hat sich etwas entwickelt. Und ich bin sehr froh darüber, obwohl mich manche Leute deswegen sehr kritisiert haben. Aber letzten Endes denke ich, daß es sie nichts angeht. Es ist mein Weg. Ich bin allein mit mir darüber zu Rate gegangen und bin zu meinen eigenen Schlüssen gekommen.
DH: Haben Sie es Daniel gesagt?
A: Ja. Natürlich. Man hat mich davor gewarnt, es Daniel zu sagen, aber ich mußte es ihm sagen. Ich glaube daran — es ist eine Prämisse meines Lebens: Ehrlichkeit tut nicht so weh wie Unehrlichkeit. Ich hätte mich aus der Beziehung ausgeschlossen, wenn ich gelogen hätte. Ich hätte es nicht mehr ehrlich mit ihm gemeint. Ich weiß, daß es wehtut, aber ich denke, daß man bereit sein sollte, einander wehzutun, denn man wünscht sich ja Wachstum in der Beziehung und beim anderen, obwohl Ehrlichkeit tatsächlich mißbraucht werden kann. Aber ich fühlte mich Daniel verbunden, tief und wahrhaftig.
DH: Wie reagierte Daniel auf Ihre Eröffnung?
A: Nun, all die anderen Männer, von denen ich je gehört habe, gehen an die Decke, versuchen, ihre Frauen umzubringen oder den Nebenbuhler umzubringen, aber Daniels Wut verzog sich weiter nach innen. Er wollte nicht darüber sprechen; wollte mich nicht sprechen lassen; wurde nicht einmal wütend auf mich. Er war immer verschlossen gewesen, aber jetzt war er wie ein Stein. Er war besiegt, nehme ich an, und machte sich
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